Autoindustrie erzielt Rekordgewinne – trotz Konsumrückgang und Inflation

Enorme Gewinne deutscher Autokonzerne sind eine Folge hoher Preise. Resultieren die hohen Preise aus einer künstlichen Verknappung?
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Neue Autos.Foto: roibu/iStock
Von 28. November 2022


Der Umsatz und Gewinn der 16 weltweit größten Autokonzerne ist im dritten Quartal 2022 auf neue Höchstwerte gestiegen. Das ergibt sich aus einer Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsfirma Ernst & Young (EY). Deutsche Konzerne sind weltweit führend. Volkswagen verzeichnet den höchsten Umsatz, Mercedes-Benz den höchsten Gewinn.

Weltweit stieg der Umsatz um 28 Prozent. Deutsche Konzerne konnten ihren Umsatz um insgesamt 26 Prozent steigern, zugleich erhöhte sich der Gewinn um 58 Prozent. Amerikanische Automobilhersteller konnten einen Gewinnzuwachs von 38 Prozent verzeichnen.

Laut EY sei sowohl der Gesamtumsatz als auch der Gesamtgewinn der analysierten Unternehmen auf dem höchsten Stand, der je in einem dritten Quartal erreicht wurde.

„Unterm Strich war das dritte Quartal trotz der abflauenden Konjunktur und einer sehr schwierigen geopolitischen Lage für die Autoindustrie ein Traumquartal“, schlussfolgert der Leiter der Mobilitätssparte Westeuropa bei EY, Constantin Gall. Die Versorgung mit Halbleitern und anderen Vorprodukten verbessere sich, wodurch mehr Neuwagen von der Autoindustrie verkauft werden.

Hohe Preise sorgen für Umsatz- und Gewinnsteigerung

Volkswagen steigerte seinen Umsatz im dritten Quartal um 70,7 Milliarden Euro, Toyota um 66,3 Milliarden Euro. Den höchsten Gewinn erzielte Mercedes-Benz (5,2 Milliarden Euro) gefolgt von Volkswagen (4,3 Milliarden Euro).

Die Automobilhersteller konnten ihre Umsätze und Gewinne steigern, obwohl der Konsum in Deutschland seit Oktober 2021 um über 40 Prozent zurückgegangen ist – trotz Weihnachtsgeschäft.

Über 60 Prozent der Deutschen wollen sparen. Deutsche-Bank Chef Christian Sewing sagt allerdings, dass es derzeit eine „enorme Entsparung“ gebe. Menschen würden das Geld, welches sie während der vergangenen zwei Jahre Corona-Pandemie gespart hätten, ausgeben. Im Januar 2023 hingegen erwartet er, dass es neben der Inflation zu einem Rückgang des Konsums komme – zu einer Rezession.

Wie können trotz des hohen Konsumrückgangs Umsatz- und Gewinnsteigerungen in der Autoindustrie erzielt werden?

„Eine immer noch gute Nachfrage vor allem nach Premium-Fahrzeugen und hohe Preise bescheren der Autoindustrie weiterhin hohe Umsätze und Gewinne“, so Gall.

Peter Fuß, Partner bei EY, ergänzt, dass die Herausforderung für Unternehmen darin bestehe, die Preisdurchsetzung „möglichst auf aktuellem Niveau“ zu halten. „Rabattschlachten drücken die Marge und beschädigen das Image. Wenn es gelingt, das eigene Produkt begehrenswert und knapp zu halten, braucht man keine Rabatte. Das wird allerdings im Premiumsegment eher möglich sein als im Volumensegment“, führt er aus.

Fuß rechnet damit, dass vor allem die Gewinnspanne bzw. Marge von Volumenherstellern im kommenden Jahr unter Druck geraten werde: „Wir erleben gerade, dass breite Bevölkerungsschichten in wichtigen Absatzmärkten erhebliche Kaufkraftverluste hinnehmen müssen. Das heißt, dass immer weniger Menschen sich ein neues Auto leisten können oder wollen.“

Gall betont, dass die Profitabilität nicht bei allen Unternehmen gestiegen, sei. Im Gegenteil: „Die Bandbreite bei den Margen wird immer größer: Bei den fünf margenstärksten Unternehmen kletterte die Durchschnittsmarge im Vorjahresvergleich von 9,1 auf 11,7 Prozent. Bei den fünf margenschwächsten Unternehmen im Ranking sank die durchschnittliche Marge hingegen von 5,5 auf 3,8 Prozent. Die Schere geht also auseinander.“

Künstliche Verknappung des Auto-Angebots – mit weniger Autos mehr verdienen

Jahrzehntelang folgten nahezu alle Fahrzeughersteller dem Motto: „Je mehr verkaufte Autos, umso besser.“ Es wurde unter Volllast produziert, bei Überkapazitäten wurden die Neuwagen zum Monatsende mit erheblichen Nachlässen in den Markt gedrückt.

Epoch Times berichtete bereits, dass als neue Leitwährung nicht mehr der Absatz zählt, sondern der Gewinn. Demnach bauen Autokonzerne bewusst größere Modelle, damit sie mehr Geld verlangen können. Kleinwagen dahingehend werden unrentabel und schließlich weniger hergestellt.

Dem hinzukommend sollen laut einem neuen Agenturmodell Autohändler als Vermittler und nicht als Verkäufer fungieren. Kunden handeln direkt mit Mercedes, BMW und VW, der Vertrieb über selbstständige Händler wird tendenziell beendet. Damit werden die Autohändler entmachtet, „um Einheitspreise durchzusetzen“.

Laut „Handelsblatt“ werde das Angebot zudem teilweise künstlich verknappt, um die Produkte begehrenswerter erscheinen zu lassen. Lange Lieferzeiten von bis zu acht Monaten bei Mercedes-Benz, sechs Monaten bei VW und vier Monaten bei BMW sprechen dafür.

Ein sinkendes Angebot der Gebrauchtwagen kommt außerdem erschwerend hinzu. Während die Preise der Gebrauchtwagen im August 2022 um 18 Prozent gestiegen sind, ist die Masse an Angebot gesunken. Das hat zur Folge, dass besonders der Mittelstand bei der Suche nach kostengünstigen Autos verzweifelt.



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