Biden: Bündnisfall-Artikel der Nato ist für die USA „eine heilige Verpflichtung“
US-Präsident Joe Biden hat den Außen- und den Verteidigungsminister der Ukraine in Warschau getroffen und seine Solidarität mit dem von Russland angegriffenen Land demonstriert. Für die Zusammenkunft während Bidens Polen-Besuch reisten Dmytro Kuleba und Oleksij Resnikow am Samstag trotz anhaltender Gefechte in ihrer Heimat nach Warschau. Für Aufsehen sorgte weiter ein von Moskau angekündigter Strategiewechsel an, wonach sich die russische Armee künftig auf die „Befreiung“ der Donbass-Region konzentrieren wolle.
Biden traf den ukrainischen Außenminister Kuleba und Verteidigungsminister Resnikow im Marriott-Hotel in Warschau. An einem großen Tisch vor ukrainischen und US-Flaggen nahmen auch US-Außenminister Antony Blinken und Pentagonchef Lloyd Austin Platz.
Es war Bidens erstes persönliches Treffen mit hochrangigen Vertretern der Regierung in Kiew seit Beginn des Ukraine-Kriegs am 24. Februar. Kuleba hatte Biden am 22. Februar noch in Washington getroffen. Mit Blinken traf Kuleba Anfang März in Polen nahe der Grenze zur Ukraine zusammen.
Bündnisfall als „heilige Verpflichtung“
US-Präsident Joe Biden hat bei seinem Besuch in Polen den Artikel 5 des Nato-Vertrages über den Bündnisfall als „heilige Verpflichtung“ seines Landes bezeichnet. „Sie können sich darauf verlassen“, sagte Biden am Samstag bei einem Treffen mit dem polnischen Staatschef Andrzej Duda in Warschau – „für unsere und eure Freiheit“, sagte Biden und griff damit eine Parole aus der Zeit des polnischen Kampfes gegen die russischen Besatzer im 19. Jahrhundert auf.
Der Bündnisfall-Artikel des Nato-Vertrages sieht vor, dass ein Angriff auf ein Land des Verteidigungsbündnisses als ein Angriff auf alle Bündnisstaaten gewertet wird. Biden reagierte mit seinen Äußerungen auf wachsende Sicherheitsbedenken in Polen und anderen osteuropäischen Ländern angesichts von Russlands Angriffskrieg in der Ukraine. Der russische Staatschef Wladimir Putin „setzt auf eine gespaltene Nato“, sagte Biden weiter. Diese Spaltung werde es aber nicht geben.
Der US-Präsident war am Freitag zu einem zweitägigen Besuch in Polen eingetroffen. Vor seinem Gespräch mit Duda traf er in Warschau mit dem Außen- und dem Verteidigungsminister der Ukraine, Dmytro Kuleba und Oleksij Resnikow, zusammen. Nach Angaben von Bidens nationalem Sicherheitsberater Jake Sullivan sind in Polen derzeit etwa 10.500 US-Soldaten stationiert.
Auf Bidens Besuchsprogramm standen neben den Gespräche mit polnischen Regierungsvertretern auch ein Besuch in einem Aufnahmezentrum für ukrainische Flüchtlinge sowie eine Rede auf dem Programm, die das Weiße Haus vorab als „bedeutend“ bezeichnete.
Vorab lobte Biden den „Mut“ der ukrainischen Bevölkerung und verglich ihren Widerstand mit den Demokratie-Protesten auf dem Pekinger Tiananmen-Platz 1989. In der Nacht zum 4. Juni 1989 war die chinesische Armee mit Panzern gegen Studenten vorgegangen, die auf dem Pekinger Tiananmen-Platz wochenlang für mehr Demokratie demonstriert hatten.
Spekulation um Strategiewechsel
Die am Freitagnachmittag in Moskau erfolgte Ankündigung eines Strategiewechsels löste Spekulationen über die Gründe aus. Der russische Vize-Generalstabschef Sergej Rudskoj hatte erklärt, die Armee werde sich künftig auf die „Befreiung“ der Donbass-Region in der Ostukraine konzentrieren.
Die ersten bei dem Militäreinsatz in der Ukraine gesetzten Ziele seien erreicht und die „ukrainischen Kampfeinheiten in bedeutendem Umfang reduziert worden“, sagte Rudskoj. Damit könne die Armee künftig „den Großteil ihrer Anstrengungen auf das Hauptziel richten: die Befreiung des Donbass“. Der Donbass ist bereits jetzt zu Teilen in der Hand pro-russischer Milizen. Im Zentrum der Ukraine wurde die Kommandozentrale der ukrainischen Luftwaffe in Winnyzja durch sechs russische Marschflugkörper stark beschädigt. Das ukrainische Militär meldete aber auch bedeutende Geländegewinne unter anderem in der Hauptstadtregion Kiew.
Laut Pentagon startete die ukrainische Armee zudem eine Offensive zur Rückeroberung der Stadt Cherson. Nach Angaben ihres Verteidigungsgeheimdienstes GUR hat die Ukraine „zahlreiche Informanten“ in der russischen Armee. Eine „sehr große Anzahl von Menschen“ sei mobilisiert worden, um hinter den russischen Linien einen Guerillakrieg zu führen, sagte GUR-Chef Kyrylo Budanow der US-Publikation „The Nation“.
Zur Evakuierung der hart umkämpften ostukrainischen Stadt Mariupol kündigten Frankreich, Griechenland und die Türkei eine gemeinsame Initiative an. Mit einem „humanitären Einsatz“ wollten sie alle in Sicherheit bringen, die die eingekesselte Stadt im Donbass verlassen wollten, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Freitagabend.
Aus dem russischen Verteidigungsministerium wurde gemeldet, dass für die Kämpfe in der Ukraine keine Reservisten eingezogen werden. Entsprechende falsche Aufrufe kämen aus der Ukraine. (afp)
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