Bundesbank sieht EU-Steuern und EU-Währungsfonds skeptisch
Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, ist auf Distanz zu zentralen finanzpolitischen Reformvorhaben der EU-Kommission gegangen.
In der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Montagsausgabe) wandte er sich etwa gegen zusätzliche europäische Steuereinnahmen ohne gründliche Diskussion über den Umfang gemeinschaftlicher Aufgaben. Auch die jüngsten Vorschläge des Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker zur Schaffung eines Europäischen Währungsfonds (EWF) hätten ihn „nicht überzeugt“.
Der EU mehr Mittel zu verschaffen, sei „kein Selbstzweck“, sagte Weidmann. Zunächst müsse geklärt werden, welche Aufgaben sinnvoll auf europäischer Ebene erledigt werden können.
„Vielleicht können ja auch Aufgaben in die Mitgliedstaaten zurückverlagert werden“, sagte der Bundesbankchef. „Erst wenn geklärt ist, was man in der Sache will und wie eine effiziente Umsetzung aussieht, kann man sich über die Finanzierung unterhalten“, fügte er hinzu und gab zu bedenken, dass die Zustimmung zur EU in Teilen gering sei: „Eine solche Schrittfolge würde meines Erachtens auch die öffentliche Akzeptanz des europäischen Projekts erhöhen.“
Von der neuen Bundesregierung erwartet Weidmann in Brüssel finanzpolitische Kontinuität. Er sehe „keinen Grund, warum Olaf Scholz nicht auf solide Haushalte in Europa drängen sollte“. Dies sei „kein deutscher Tick“, sondern in den europäischen Verträgen vereinbart worden. Ferner liege es im Interesse der einzelnen Länder.
Stattdessen werde gegenwärtig der „Rückenwind durch die sehr positive Konjunkturentwicklung und die außergewöhnlich niedrigen Zinsen nicht zur Konsolidierung genutzt“, bedauerte Weidmann. „Gerade in sehr hoch verschuldeten Ländern gehen die Schuldenquoten nur sehr schleppend zurück“, analysierte der Ökonom. Die Zahlen gäben die Rede von einem vermeintlichen „Spardiktat“ nicht her.
Weidmann wandte sich gegen einen Schuldenerlass für Griechenland. Ein solcher Schritt sei „nicht der Schlüssel zur Lösung der grundlegenden Probleme“ des Landes. Die griechische Regierung müsse „selbst das Notwendige tut, um mittel- und langfristig eine solide Basis für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft und solide Staatsfinanzen zu legen“. Andernfalls finde sich Griechenland „nach einem Schuldenerlass in ein paar Jahren an der gleichen Stelle wieder“, erklärte Weidmann und fügte hinzu: „Wir sollten nicht vergessen, dass die äußerst günstigen Bedingungen der Hilfskredite die Schuldenlast Griechenlands ohnehin bereits ganz erheblich erleichtert haben.“
Was die geplante Reform des Euro-Rettungsschirms ESM betrifft, würde er es begrüßen, wenn sie dazu beitrage, „dass solider gehaushaltet wird“. Viele hofften jedoch auf einen Mechanismus, der Gelder ohne weitere Auflagen bereitstellt, warnte Weidmann. „Das halte ich für weder notwendig noch sinnvoll“, erklärte er und fügte mit Blick auf den Europäischen Währungsfonds EWF, der aus dem ESM entstehen soll, hinzu: „Die vorgestellten Vorschläge haben mich jedenfalls nicht überzeugt, und ich sehe insbesondere neue Verschuldungsmöglichkeiten oder Transfersysteme skeptisch.“
Der Präsident der Bundesbank konkretisierte seine Erwartung, dass die Europäische Zentralbank (EZB) künftig keine Anleihen mehr kauft. Zwar habe der EZB-Rat über die Zukunft des regulär im September auslaufenden und zuletzt verlängerten Programms noch nicht entschieden. „Ich selbst denke, dass die gute Wirtschaftslage und auch die prognostizierte Preisentwicklung ein zügiges Ende der Anleihekäufe erlauben“, sagte Weidmann, der auch Mitglied des EZB-Rates ist. „Die Marktakteure jedenfalls erwarten ein Ende des Kaufprogramms immerhin bis zum Jahresende“, fügte er hinzu. (dts)
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