Bundeskanzler: Keine Abkürzung für die Ukraine in die EU

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Erwartungen auf einen schnellen Beitritt der Ukraine zur EU gedämpft. Der Beitrittsprozess sei "keine Sache von ein paar Monaten oder einigen Jahren", sagte er im Bundestag.
«Unser Ziel ist, dass der russische Invasionsversuch scheitert»: Bundeskanzler Olaf Scholz.
Bundeskanzler Olaf Scholz.Foto: Oliver Berg/dpa-Pool/dpa
Epoch Times19. Mai 2022

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat der Ukraine weitere Unterstützung mit militärischer Ausrüstung und beim Wiederaufbau des Landes nach dem Krieg zugesagt, trat in Sachen EU-Beitritt des von Russland angegriffenen Lands aber auf die Bremse.

„Dass es auf dem Weg in die EU keine Abkürzungen gibt, ist auch ein Gebot der Fairness gegenüber den sechs Ländern des westlichen Balkans“, sagte er. Montenegro, Serbien, Nordmazedonien und Albanien sind seit vielen Jahren EU-Beitrittskandidaten, Nordmazedonien schon seit 2005. Kosovo und Bosnien-Herzegowina sind potenzielle Bewerber. Scholz betonte, dass die EU jetzt liefern müsse, was den Beitrittsprozess dieser Länder angeht. Für Juni kündigte er eine Reise in die Region mit der Botschaft an: „Der westliche Balkan gehört in die Europäische Union.“

Für die Ukraine will die EU-Kommission im Juni eine Empfehlung über den Kandidatenstatus abgeben. Alle Mitgliedstaaten müssen zustimmen. Scholz betonte, dass auch die Ukraine „Teil unserer europäischen Familie“ sei. Er sprach sich für einen milliardenschweren Solidaritätsfonds der EU und ihrer Partner für den Wiederaufbau des Landes nach dem Krieg aus. Er wies aber auch darauf hin, dass der EU-Beitrittsprozess „keine Sache von ein paar Monaten oder einigen Jahren“ sei. „Deshalb wollen wir uns jetzt darauf konzentrieren, die Ukraine schnell und pragmatisch zu unterstützen.“

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba kritisierte kurz danach eine „strategische Zweideutigkeit“ bestimmter EU-Regierungen mit Blick auf den EU-Beitritt seines Landes. Es dürfe keine „zweitklassige Behandlung“ seines Landes in der Frage geben, schrieb er auf Twitter.

Scholz kündigt noch keine neuen Entlastungen an

Auch nach innen richtete Scholz die Botschaft, dass er sich um die Kriegsfolgen kümmern werde – speziell um die gestiegenen Energiepreise. Sein Versprechen, da niemanden allein zu lassen, gelte vor allem für Bürger mit niedrigem Einkommen. „Sie spüren tagtäglich, dass durch den Krieg nicht nur der Sprit an der Zapfsäule teurer geworden ist, sondern auch Lebensmittel – vom Brot bis zum Speiseöl.“ Der Kanzler verwies darauf, dass bereits zahlreiche Entlastungsmaßnahmen vom 9-Euro-Ticket bis zur Energiepauschale von 300 Euro beschlossen worden seien. Neue Maßnahmen kündigte er zunächst nicht an.

Scholz zeigte sich optimistisch, dass es zu einer Einigung mit der Union über die Einrichtung des von ihm angekündigten Sondervermögens in Höhe von 100-Milliarden-Euro für eine bessere Ausstattung der Bundeswehr kommen wird. „Wir sind dazu in guten Gesprächen“, sagte er.

EU-Vertragsänderungen für Scholz kein Tabu

Der Kanzler sprach sich mit Blick auf den EU-Gipfel auch für eine Weiterentwicklung der Union aus und schloss Vertragsänderungen nicht aus. „Wenn die Sache es erfordert, dann können wir über eine Änderung der Verträge reden, auch über einen Konvent“, sagte Scholz. Das sei kein Tabu. Die EU brauche gerade in diesen Zeiten aber keine „kontroverse, zeit- und energieraubende Nabelschau zu institutionellen Fragen“. Er betonte aber auch, dass viele Veränderungen ohne einen langwierigen Eingriff in die EU-Verträge möglich seien, etwa beim Klimaschutz oder bei der europäischen Verteidigung. (dpa/afp/red)



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