Bundeskanzler Scholz stoppt Zertifizierung von Nord Stream 2

Nach Putins Ankündigung, russische Truppen in die Ostukraine zu schicken, schlägt die EU-Kommission Sanktionen vor. Nun sind die 27 Mitgliedstaaten am Zug. Bundeskanzler Olaf Scholz kündigt indes an, das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 auf Eis zu legen.
Titelbild
Bundeskanzler Olaf Scholz.Foto: Andreas Gora - Pool/Getty Images
Epoch Times22. Februar 2022

Als Reaktion auf das russische Vorgehen gegenüber der Ukraine stoppt die Bundesregierung das Pipeline-Projekt Nord Stream 2. „Die Lage ist heute eine grundlegend andere“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Dienstag in Berlin nach einem Treffen mit Irlands Ministerpräsidenten Micheál Martin. Angesichts der jüngsten Entwicklungen müsse die Lage neu bewertet werden – „übrigens auch im Hinblick auf Nord Stream 2“.

Er habe das Bundeswirtschaftsministerium gebeten, die nötigen verwaltungsrechtlichen Schritte zu unternehmen, damit vorerst keine Zertifizierung der Gas-Pipeline erfolgen kann, sagte Scholz. „Und ohne diese Zertifizierung kann Nord Stream 2 ja nicht in Betrieb gehen.“

Es werde eine neue Bewertung der Sicherheit der Versorgung vorgenommen werden, kündigte Scholz an. Dabei sollen die aktuellen Entwicklungen im Ukraine-Konflikt einbezogen werden. Die formale Anerkennung der „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk durch Russland sei ein schwerwiegender Bruch des Völkerrechts.

Es werde „abgestimmte und zielgerichtete“ Sanktionen geben, so der Kanzler. Ein erstes Set an Sanktionen habe man auf EU-Ebene bereits besprochen – noch im Laufe des Tages wolle man diese beschließen.

Sanktionen mit weitreichenden Folgen

Die EU-Kommission hat nach dpa-Informationen unerwartet weitreichende Sanktionen gegen Russland vorgeschlagen.

Ein den Mitgliedstaaten präsentierter Entwurf sieht Angaben von Diplomaten zufolge vor, den Handel mit russischen Staatsanleihen zu verbieten, um eine Refinanzierung des russischen Staats zu erschweren. Zudem sollen mehrere Hundert Personen und Unternehmen auf die EU-Sanktionsliste kommen.

Darunter wären rund 350 Abgeordnete des russischen Parlaments, die für die russische Anerkennung der selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk in der Ostukraine gestimmt haben, aber auch Banken, die in der Ostukraine Geschäfte machen. Auch sollen die Freihandelsregelungen der EU mit der Ukraine nicht mehr für die Gebiete in der Ostukraine gelten.

Von Personen, Organisationen und Unternehmen, die auf die EU-Sanktionsliste gesetzt werden, werden sämtliche in der EU vorhandenen Vermögenswerte eingefroren. Zudem dürfen gelistete Personen nicht mehr in die EU einreisen und mit den Betroffenen dürfen auch keine Geschäfte mehr gemacht werden.

An den Beratungen beteiligte Personen betonten, dass das volle Arsenal der Sanktionsmöglichkeiten noch nicht genutzt werde. Sanktionen zum Beispiel gegen den russischen Energiesektor und Ausfuhrverbote für Hightech-Technologie sind für den Fall vorbereitet worden, dass Russland einen Angriff auf die ganze Ukraine startet. Auch Kremlchef Wladimir Putin wird voraussichtlich noch nicht auf die EU-Sanktionsliste kommen.

Beschlossen werden müssen alle Sanktionen letztlich vom EU-Ministerrat. Die Entscheidung kann auch im schriftlichen Verfahren erfolgen. Über das genaue Vorgehen werden sich voraussichtlich die Außenminister bei einem Sondertreffen an diesem Dienstag in Paris abstimmen.

Putin: Andere Staaten sollen Russlands Beispiel folgen

Putin hatte am Montagabend die Unabhängigkeit der Separatisten-Gebiete in der Ostukraine anerkannt und die Entsendung russischer Soldaten in die Gebiete angekündigt.

Die russischen Abgeordneten haben am Dienstag die Anerkennung der Separatisten-Gebiete in der Ostukraine durch Präsident Wladimir Putin gebilligt. Die Abstimmung endete mit stehendem Beifall der Abgeordneten.

Die Abkommen schaffen eine „Rechtsgrundlage“ für die Präsenz der russischen Armee in den Separatisten-Gebieten. Darin vereinbarten beide Seiten die gemeinsame Nutzung von Militärstützpunkten und den Schutz ihrer Grenzen. Das Oberhaus des russischen Parlaments sollte später am Dienstag über die Vereinbarungen abstimmen.

Moskau forderte auch andere Länder zur Anerkennung der sogenannten „Volksrepubliken“ auf. „Russland ruft andere Staaten dazu auf, seinem Beispiel zu folgen“, erklärte das Außenministerium. Putins Entscheidung sei „in erster Linie von humanitären Erwägungen geprägt“ und solle „als Garantie für ein friedliches Leben“ in den Separatisten-Gebieten dienen. (dpa/afp/red)



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