CBDC: Auch Großbritannien könnte bald auf das „digitale Pfund“ setzen
Nachdem die EU ihr Projekt eines „digitalen Euro“ bereits vor rund anderthalb Jahren angestoßen hatte, prüft nun auch Großbritannien die Einführung eines „digitalen Pfunds“. Das Finanzministerium in London diskutiert die Pläne nach eigenen Angaben derzeit mit der britischen Zentralbank, der „Bank of England“ (BoE). Es gehe darum, zunächst die Möglichkeiten auszuloten. Entschieden sei noch nichts.
Nach Informationen des „Handelsblatts“ schwebt London momentan kein Ersatz, sondern lediglich eine Ergänzung des gewöhnlichen Bargelds vor. „Bargeld wird es weiterhin geben“, bemühte sich der britische Finanzminister Jeremy Hunt, Skeptikern entgegenzutreten. Das digitale Pfund werde, wenn überhaupt, frühestens in der zweiten Hälfte der laufenden Dekade kommen. Das digitale Pfund solle nur zur Zahlungsabwicklung dienen, nicht für verzinste Geldanlagen.
Den Zugriff auf das digitale BoE-Pfund kann man sich in London über das Smartphone vorstellen. Dazu müsste das private Handy mit einer Software für Zahlvorgänge ausgestattet werden, einer sogenannten E-Wallet („elektronische Brieftasche“). Auch eine Smartcard-Version werde angedacht.
Die großen Vorteile lägen nach Ansicht der britischen Zentralbanker darin, eine neue, simpel zu verwendende, leicht zugängliche und vertrauenswürdige Bezahlmethode zu verkörpern, die sowohl im Einzelhandel als auch bei Onlinekäufen genutzt werden könne. Anders als bei privat bereitgestellten, volatilen Kryptowährungen wie dem Bitcoin oder Ether würde die Bank of England das digitale Pfund herausgeben und für die Sicherheit und Stabilität der Alternativwährung sorgen.
EU-Pendant: Der digitale Euro
Auch der von der Europäischen Union angedachte digitale Euro soll sich dereinst „mit Karte oder per App“ nutzen lassen. Klar sei schon jetzt, dass so ein rein digitaler Euro „leicht zugänglich, robust, sicher, effizient und rechtskonform sein sollte“, heißt es auf den Websites der EZB. Er müsse zudem „ein Höchstmaß an Datenschutz“ bieten.
Nach Angaben der EZB hatte eine entsprechende „Untersuchungsphase“ bereits im Oktober 2021 begonnen. Bis Oktober 2023 soll feststehen, ob, wie und wann ein „digitaler Euro“ ausgegeben werden könne. Auch die „möglichen Auswirkungen auf den Markt“ seien bis dahin zu erforschen. Eine endgültige Entscheidung pro oder kontra digitaler Euro werde erst danach getroffen („Timeline“ zum Stand der EZB-Planungen, PDF). Nach Informationen des „Handelsblatts“ könnte der digitale Euro nach einer praktischen Erprobungsphase von etwa drei Jahren frühestens 2026 kommen.
Ähnlich wie die britische Zentralbank erklärt die EZB ihr Interesse an einer selbst herauszugebenden Digitalwährung mit einer angeblich „steigenden Nachfrage“ der Verbraucher nach „sicheren und zuverlässigen elektronischen Zahlungsmitteln“. Ein digitaler EZB-Euro könne zudem als „Stabilitätsanker für das Zahlungs- und Währungssystem“ dienen, „die geldpolitische Souveränität des Euroraums stärken und den Wettbewerb sowie die Effizienz im europäischen Zahlungsverkehr fördern“.
Außerhalb des Euro- und Pfundraums arbeiten nach Angaben des „Handelsblatts“ die schwedische Zentralbank, die amerikanische Notenbank „Federal Reserve“ (FED), China und einige andere Staaten an digitalen Ausgaben ihrer Stammwährungen.
Digitales Bargeld – Fluch oder Segen?
Aus Sicht der BBC spielt bei dem Trend zu digitalen Zentralbankwährungen („Central Bank Digital Currency“ – kurz: CBDC) offenbar auch das Vertrauen der Menschen eine Rolle. Der Erfolg von digitalen, privaten Alternativen wie dem Bitcoin oder Paypal zeige, dass „sich Menschen möglicherweise dafür entscheiden, internationalen Marken des Privatsektors im Finanz- oder Technologiebereich mehr zu vertrauen als dem Staat“, zitiert das „Handelsblatt“. Zentralbankwährungen liefen Gefahr, geschwächt zu werden, wenn sie in diesem Punkt nicht für Regeln sorgten. So befürchteten „Finanzaufseher“, dass Geldwäsche, Steuerhinterziehung oder Terrorfinanzierungen ohne ihren Einfluss leichter möglich würden.
Für Digitalgeldskeptiker klingen solche Argumente der Zentralbanker wenig überzeugend: In Wahrheit gehe es beim Digitalgeld einer Notenbank darum, die Menschen noch abhängiger von staatlicher Kontrolle zu machen. Denn rein digital ablaufende Vorgänge böten letztlich immer Mittel zur Überwachung, zur Beschränkung oder gar zum Stopp privater Transaktionen. „Nur Bares ist Wahres“ hieß es früher, heute bringen es viele Staatskritiker mit dem Slogan „Bargeld bedeutet Freiheit“ auf den Punkt. Sie glauben, dass schon die Beschränkung der maximalen Bargeldmenge, die anonym zum Einkauf verwendet werden dürfe, dazu dienen soll, das Bargeld langsam aber sicher abzuschaffen.
China: CBDC als Mittel des „Social Credit System“
Was das Aus für Bargeld bedeuten könnte, zeigt ein Blick nach China: Im Reich der Kommunistischen Partei hatte man schon vor 2020 mit der Etablierung des „Digital Currency Electronic Payment“ (DCEP) begonnen, wie beispielsweise der OWC-Verlag für Außenwirtschaft berichtete. Der Trick Pekings besteht nach Angaben des Schweizer Nachrichtenportals „Uncutnews.ch“ darin, den DCEP-Yuan mit einer speziellen Lenkungsfunktion auszustatten: Das digitale CBDC-Pendant zum Bargeld verliere schlicht seine Kaufkraft, wenn er nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums ausgegeben werde. Die Möglichkeit des Bürgers zum Vermögensaufbau sei damit praktisch passé – die Macht des Regimes zur digitalen Überwachung und Steuerung seiner Bürger durch ein soziales Kreditpunktesystem („Social Credit Scoring System“, SCSS) dagegen praktisch grenzenlos.
Klaus Schwab, der Gründer des Weltwirtschaftsforums (World Economic Forum, WEF), Autor des Buchs „The Great Reset“ und damit weltweit politisch einflussreicher Vordenker, habe den chinesischen Weg bei einem seiner Auftritte in der chinesischen Fernsehsendung „World Insight“ als „Modell für die Umgestaltung der Welt“ ausdrücklich gelobt. Damit bleibt Schwab offenbar seiner Linie treu, „Kapitalismus und Sozialismus im Sinne des Wohlstands für alle Menschen“ zu verschmelzen, wie unter anderem auf den Websites der „Deutschen Wirtschaftsnachrichten“ zu lesen war.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hielt Gegnern des digitalen Euro schon vor Monaten auf Twitter entgegen: „Es ist keine Rede davon, das Bargeld abzuschaffen. Im Gegenteil, wir arbeiten daran, dass der geplante digitale Euro in Sachen Privatheit dieselben Eigenschaften hat wie der gedruckte und geprägte Euro.“
Deutschland: Gut 1,5 Billionen Euro bar im Umlauf
Doch trotz der generellen Beliebtheit von bargeldlosem Zahlungsverkehr ist Bargeld alles andere als tot. Wie die Bundesbank berichtet, steigt die „ausgegebene Menge an Bargeld […] kontinuierlich an“ – und zwar um durchschnittlich sechs Prozent innerhalb der vergangenen zehn Jahre. Zu „Beginn der Corona-Pandemie im März 2020“ hätten „die Auszahlungen von Banknoten“ sogar „außergewöhnlich stark“ zugenommen.
Seit der Erstausgabe von Euroscheinen und -münzen 2002 habe sich der Bargeldumlauf in Deutschland beinahe versiebenfacht: Stand Ende 2021 kursierten mehr als 1.500 Milliarden Euro in Papier- oder Metallgeld. Das geht aus der Bundesbankveröffentlichung „Zahlen & Fakten rund ums Bargeld“ hervor. (PDF).
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