Chinas Angst vor der „gelben Box“ in Marvels „Doctor Strange 2“

Manchmal sind es Kleinigkeiten, die zeigen, wie groß die Angst des herrschenden Regimes in China vor unbequemen Informationen über Freiheit und Menschenrechte ist. Pekings Zensurbehörde versucht unermüdlich, die Menschen in China von diesen fernzuhalten – selbst in Filmen.
Titelbild
Benedict Cumberbatch besucht die NY-Sondervorführung von Doctor Strange in the Multiverse of Madness am 5. Mai 2022 in New York City. Foto von Noam Galai/Getty Images für Disney
Von 7. Mai 2022


Wieder einmal schlägt die Zensur der kommunistischen Partei in China bei einem US-Superheldenfilm zu. War es 2016 bei „Doctor Strange“ die tibetische Mönchsfigur namens „Ancient One“ (Yao, der Alte) aus dem Marvel-Originalcomic, die verschwinden musste und durch eine weibliche keltische Mystikerin ersetzt wurde, ist es bei „Doctor Strange 2“ wahrscheinlich der ganze Film, der den chinesischen Zuschauern verborgen bleiben soll.

Der Stein des Anstoßes ist diesmal eine Zeitungsbox der chinesischsprachigen US-Ausgabe der Epoch Times („DaJiYuan“), die in einem Clip des neuen Marvel-Films „Doctor Strange in the Multiverse of Madness“ (US-Kinostart: 6. Mai 2022) kurz zu sehen ist.

Diffuse Zensur schafft Selbstzensur

David Zhang von „China Insider“, einem Programm von „EpochTV“, sprach mit dem langjährigen Hollywood-Manager und Filmproduzenten Chris Fenton. Der Autor von „Feeding the Dragon: Inside the Trillion Dollar Dilemma Facing Hollywood, the NBA, and American Business“ erklärte dazu im Interview: „Diese jüngste Entwicklung, dass The Epoch Times als einer der Hauptdarsteller des Films angesehen wird, wirft definitiv jede Chance über den Haufen, in diesen Markt einzudringen.“ Wie Fenton meinte, sei die Chance, dass der neue Film in China gezeigt werde, „wahrscheinlich jetzt nicht mehr vorhanden“.

Allerdings wird wohl niemand den genauen Grund dafür erfahren. Fenton: „China lässt einen nie mit Sicherheit wissen, warum sie einen bestimmten Film verbieten.“ Das Regime bleibt mit Absicht vage und zweideutig. Laut Fenton sage Peking nie vollständig, warum es ein Unternehmen bestrafe. Vieles sei Spekulation. „Und ehrlich gesagt, schafft diese Spekulation ein breiteres Netz der Selbstzensur, weil man nie genau weiß, worauf sie wütend sind“, erklärte der Filmemacher.

Auf die Frage, ob Marvel die Zeitungsbox aus Versehen dort im Bild hatte, meinte Fenton, er könne nur spekulieren, aber das sei eher unwahrscheinlich. Aus seinen Erfahrungen aus erster Hand mit „Iron Man 3“ wisse er aber, dass die Filmleute genau wüssten, „welche Requisiten verwendet werden“.

Ob Marvel jedoch die Szene kurzfristig entfernen lässt, bleibt abzuwarten. Immerhin hat Chinas aggressives englischsprachiges Staatsmedium „Global Times“ Marvel bereits in einem Meinungsartikel entsprechend kritisiert und auch die Epoch Times verleumdet. Fenton meinte jedoch, dass er bezweifle, dass Marvel jetzt die Zeitungsbox entfernen werde.

Gefürchtete Wahrheiten aus der Box

Die gelbe Zeitungsbox mit chinesischen Schriftzeichen erscheint für einige Sekunden im Hintergrund einer Kampfszene in den Straßen New Yorks zwischen Doctor Strange und dem einäugigen Monster Gargantos. Was dem Zuschauer eigentlich nicht weiter auffällt, wird aber wohl zum roten Tuch für die chinesische Zensurbehörde werden, denn die englische und chinesische Website der Epoch Times ist in China verboten.

Dies, weil The Epoch Times mittlerweile weltweit für ihre unzensierte Berichterstattung über das aktuelle Geschehen in China bekannt ist – darunter KP-interne politische Machtkämpfe, schlimme Menschenrechtsverletzungen des Regimes gegen ethnische Minderheiten und religiöse Gruppen. Auch über Auslandsoperationen zur Einflussnahme durch Pekings Propagandaeinheiten berichtet die „DaJiYuan“.

Die Zeitung wurde von aus China geflüchteten Falun-Gong-Praktizierenden gegründet, die in ihrem Heimatland wegen ihres Glaubens an die Prinzipien Wahrhaftigkeit, Gutherzigkeit und Nachsicht verfolgt wurden. Die „DaJiYuan“ entwickelte sich in den letzten Jahren zur auflagenstärksten chinesischsprachigen Zeitung außerhalb Chinas.

Eine lange Liste

Die Liste der Filme ist lang, in denen die chinesischen Zensoren Einfluss genommen oder sich die Hollywood-Produzenten selbst zensiert haben. Andere Filme wiederum gelangten erst gar nicht auf den chinesischen Filmmarkt.

„Das Problem mit China ist, dass wir uns bei den Inhalten, die wir für die ganze Welt erstellen, selbst zensieren, um Zugang zu diesem einen Markt zu erhalten“, erklärt Fenton dazu. Dies führe laut dem Filmemacher dazu, dass China seine Sicht der Dinge auf die ganze Welt verbreitet, während man das Regime in Peking versucht zu besänftigen.

Bekannt wurde beispielsweise, dass der Film „Red Dawn“ aus dem Jahr 2012 um ein Jahr verschoben werden und eine Million Dollar mehr ausgegeben werden musste, weil die ursprünglich chinesische Invasion in Amerika in eine nordkoreanische umgewandelt werden musste.

„Für den Film ‚World War Z‘ musste die Erwähnung eines Virus im Drehbuch gestrichen werden, weil es aus China stammt. Der Film ‚Red Dawn‘ wurde digital bearbeitet, um aus den chinesischen Schurken Nordkoreaner zu machen“, so Mike Pence, Ex-Vizepräsident der USA.

Auch bei dem neuen „Top Gun“-Film, dem Nachfolger des 1986-Klassikers, schlug die chinesische Zensur zu. In dem Fliegerfilm, der am 27. Mai in den USA Premiere feiert, mussten eine Taiwan- und eine Japan-Flagge auf der Lederjacke des von Tom Cruise gespielten Jetpiloten Pete Maverick entfernt werden.

„Denken Sie einen Moment darüber nach. Welche Botschaft vermittelt es, dass Maverick, eine amerikanische Ikone, offenbar Angst vor den chinesischen Kommunisten hat? Das ist doch lächerlich“, so Ted Cruz, Senator aus Texas.

No Deal und stiller Protest

In dem Marvel-Film „Spider-Man: No Way Home“ vom Dezember 2021 wollte das KP-Regime einige Änderungen bewirken. Die Einblendung der Freiheitsstatue am Ende des Films sollte entfernt werden. Als Sony Pictures nicht darauf einging, forderte Chinas Aufsichtsbehörde, dass die Freiheitsstatue zumindest minimiert werden soll, etwa durch Dimmen der Beleuchtung der Statue. Letztlich ging Sony nicht auf die chinesischen Forderungen ein und der Film wurde nicht in China veröffentlicht. Dies berichtete kürzlich „Puck News“ mit Verweis auf mehrere ungenannte Quellen.

Allerdings gibt es auch Bestrebungen in Hollywood, kleine Proteste an Chinas Zensurwahn in die Filme einzubauen. Vielleicht gehörte dazu auch die Epoch Times-Zeitungsbox zu einer solchen Demonstration für die Meinungsfreiheit. In dem Martial Arts-Marvel-Film „Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings“ wurde beispielsweise ein möglicher Zahlencode eingefügt. Ein Busfahrer trug die Dienstnummer „8964“ auf seiner Uniform – wahrscheinlich ein Hinweis auf das Jahr 1989, als am 4. Juni die Panzer über den Tiananmen-Platz in Peking rollten und ein Kugelhagel der sogenannten Volksbefreiungsarmee die für Freiheit demonstrierenden Studenten niederschlug.



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