Chinas Spionage und Manipulation in Übersee

Enthüllungen von zwei Überläufern ziehen unerbittlich Kreise
Titelbild
Chen Yonglin erklärte seinen Austritt aus dem diplomatischen Dienst Chinas und bat in Australien um Asyl (Foto: Jan Jekielek)
Von 1. Juli 2005

Anfang Juni haben sich kurz hintereinander Chen Yonglin, ein hoher chinesischer Konsulatsbeamter, und Hao Fengjun, ein Angehöriger des chinesischen Sonderbüros 610 der Geheimpolizei in Australien abgesetzt, um politisches Asyl gebeten und in der Öffentlichkeit ausführlich über Interna des chinesischen Spionagenetzes in Australien und Kanada berichtet. Was zunächst nur von wenigen Medien berichtet wurde, hat inzwischen die Parlamente und Regierungen beider Länder in Bewegung gesetzt.

In einem Interview im australischen Fernsehsender ABC am 9. Juni nannte Senator Bob Brown, Führer der australischen Grünen, China einen Polizeistaat und beschuldigte seine eigene Regierung, entweder geschlafen oder vorgezogen zu haben, den aufsteigenden Wirtschaftsgiganten nicht zu brüskieren und in der Folge nicht seiner Aufgabe nachzukommen, das Volk vor solcherlei chinesischen Aktivitäten schützen zu wollen.

Vorwürfe an die australische Regierung

Im gleichen Sender konnten Außenminister Alexander Downer und Einwanderungsministerin Amanda Vanstone nur schwer ihre Entscheidung rechtfertigen, den beiden Überläufern bisher politisches Asyl verweigert und sie wie jeden anderen Asylsuchenden behandelt zu haben. Inzwischen werden beide Überläufer von dem Anwalt Bernard Collaery vertreten. Sowohl der 37-jährige Chen Yonglin vom chinesischen Konsulat in Sydney als auch der 32-jährige Polizeibeamte Hao Fengjun vom Sonderbüro 610 konnten den Druck ihrer Tätigkeit des Ausspionierens nicht mehr ertragen. Hao hatte sich im Frühjahr gezielt einer Reisegruppe angeschlossen und war in Australien zunächst untergetaucht.

Ein System von Quoten und Prämien

Nachdem Chen Yonglin am 4. Juli, dem Gedenktag des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens, an die Öffentlichkeit gegangen war, fand auch Hao Fengjun den Mut, dasselbe zu tun. Hao hat umfangreiches Material über das ausländische Spionagenetz Chinas nach Australien geschmuggelt und in einem Interview mit der australischen Epoch Times über sein Aufgabengebiet in China berichtet. Er ist dabei auch Zeuge von Folter geworden und nennt Folter ein gängiges Mittel Geständnisse zu erpressen. Hao schilderte gegenüber The Epoch Times im Detail das ausgeklügelte System von Quoten und Prämien, das speziell bei der Verfolgung von Anhängern der Falun Gong-Bewegung gilt, und zwar in China und in Übersee. In Übersee ist der Job des Geheimagenten für das Büro 610 wegen der hohen Prämien und Auszeichnungen besonders beliebt. Hao hatte seine Laufbahn als Polizist begonnen, war zum Büro 610 versetzt worden und hatte versucht, sich so passiv wie möglich zu verhalten, nachdem er sah, wie dort in Arbeitslagern und Gehirnwäschekursen mit unschuldigen Mitmenschen umgegangen wurde. Nach seiner Einschätzung ist die chinesische Bevölkerung aufgrund der manipulierten Berichterstattung in den Medien nicht in der Lage, zu erkennen, was mit Falun Gong gespielt wird.

Ein chinesischer Diplomat distanziert sich vom Staatsapparat der KP

In einem Interview mit The Epoch Times sagte Chen Yonglin, seine Aufgabe in Australien habe in der Überwachung und Verfolgung von Demokratie-Befürwortern, Falun Gong-Anhängern und tibetischen und taiwanesischen Gruppen bestanden und darin, Gegen-Aktivitäten durchzuführen. Dazu zählten auch massive Ausfälle gegen Falun Gong-Sympathisanten vor der chinesischen Botschaft. Es ist ihm abzunehmen, dass er seine Aufgabe nur noch mit wachsendem Widerstand wahrnehmen konnte, denn sein Vater wurde in der Kulturrevolution umgebracht, die Familie brach auseinander, aber getreu der Parteilinie hatte er sich auch noch ernsthaft dafür zu bedanken, für Westler eine schwer zu nachzuvollziehende Haltung.

Weil Chen, noch immer ohne den Schutz des australischen Staates, nicht wagte, sich nochmals öffentlich zu zeigen, wurde am 13. Juni bei einer Kundgebung ein Statement von ihm verlesen. Darin ruft der ehemalige chinesische Diplomat seine Mitbürger auf, sich von der geistigen Knechtschaft und den Ketten der KP zu lösen und sieht seine eigene Entscheidung als Zeichen dafür an, dass die chinesische KP nicht in der Lage ist, auch das Gewissen des chinesischen Volkes zu beherrschen.

Verhöre bei Heimatbesuch in China

Nach diesen Enthüllungen wurden in Kanada auf einer Pressekonferenz und im Fernsehen Aktivitäten des chinesischen Geheimdienstes auf kanadischem Boden an Beispielen belegt, die umgehend von der chinesischen Botschaft in Ottawa geleugnet wurden. Auch Heimatbesuche bringen Gefahr. Zhu Ying aus Montreal, die Falun Gong praktiziert, hatte ihre Mutter in China besuchen wollen, wurde aber nach ihrer Einreise für 34 Tage festgenommen. In Verhören sollte sie Informationen über Freunde preisgeben, deren Telefonnummern sich in ihren Notizen befanden. Als sie sich weigerte, wurde ihr gesagt, man wüsste alles über jeden Falun Gong-Praktizierenden in Montreal.

Bespitzelung in Kanada

Die 39-jährige Ye Jillian aus Toronto erfuhr, dass persönliche Informationen über sie in einem chinesischen Geheimbericht aus dem Jahr 2004 auftauchten. Daraus gingen ihre Pläne für die Gründung einer Kommunikationsfirma hervor, ebenso der Erwerb einer Wohnung für ihre Eltern in New York. Der Bericht war an diverse chinesische Behörden und auch an das chinesische Außenministerium gegangen. The Epoch Times Canada hatte ihn zusammen mit sieben weiteren geschmuggelten Geheim-Berichten von Hao Fengjun aus Australien erhalten. Die kanadischen Konservativen richteten daraufhin heftige Vorwürfe an die regierenden Liberalen, sich nicht entschieden gegen Bespitzelung und Belästigungen von chinesischen Spionen gewandt zu haben. Mehrere Falun Gong-Praktizierende in Kanada hatten in der Vergangenheit wegen massiver Belästigungen vergeblich Hilfe bei Behörden gesucht. Daraufhin versicherte Außenminister Pettigrow, man nehme diese Vorwürfe sehr ernst. Die für Sicherheitsfragen zuständige Ministerin Anne McLellan wollte diese Vorgänge nicht öffentlich diskutieren, aber sie betonte, es werde alles für die Sicherheit kanadischer Bürger getan.

Schwarze Listen und Telefonterror

Als im Februar Lucy Zhou in Ottawa und andere Auslandschinesen mehrere Tage lang unter massivem Telefon-Terror standen bei dem und über Telefon automatisch Bänder in chinesischer Sprache abgespielt wurden, konnten sie bei den Behörden noch kein Gehör finden. Inzwischen wurde bekannt, dass weltweit und auch in Deutschland Hunderte von Personen ähnlichem Telefon-Terror ausgesetzt waren, dies aber von keiner Behörde oder gar Regierung wirklich ernst genommen wurde. Das könnte sich nun ändern.

Aus Deutschland ist schon länger bekannt, dass Deutschen und Angehörigen anderer Staaten, die Falun Gong praktizieren, die Einreise im Juni 2002 nach Island verboten wurde, als dort der chinesische Staatspräsident zu Besuch erwartet wurde. Im Ausland lebende Chinesen müssen bei ihrem Heimatbesuch damit rechnen, von chinesischen Agenten für Spitzeldienste im Ausland geworben zu werden, Am 7. März 2005 wurde das junge chinesisches Ehepaar Jiang mit zwei kleinen Kindern in sein Heimatland China abgeschoben. (Die Neue Epoche berichtete) Sie wurden sofort verhört und vier Wochen später wurde der Ehemann ins Arbeitslager abgeführt. Er praktiziert Falun Gong, was offensichtlich dem chinesische Geheimdienst bekannt war.

Die beiden chinesischen Überläufer in Australien könnten in etlichen Ländern eine Kettenreaktion mit unabsehbaren und für die chinesische Führung äußerst unangenehmen Folgen ausgelöst haben.

 

Lesen Sie auch in unserem China-Spezial:

Zeugen berichten aus China



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion