Dänemark: Proteste gegen geplanten Corona-Pass und indirekten Impfzwang

Ein Urteil des Höchsten Gerichts könnte die Proteste gegen die Corona-Politik in Dänemark wieder aufflammen lassen. Seit Wochen marschieren die sogenannten „Männer in Schwarz“ gegen den Lockdown im Land und den geplanten digitalen Corona-Impfpass auf.
Von 19. Februar 2021

In Dänemark könnte ein Urteil, das zu kontroversen Debatten im Land geführt hat, zu einem neuen Aufflammen von Protesten gegen die Corona-Politik des Landes beitragen.

Wie „Euronews“ berichtet, wurde am Donnerstag, 18. Februar, vom Höchsten Gericht das Urteil gegen einen 20-jährigen Mann, der wegen „versuchter Gewalt“ gegen Polizeibeamte zu drei Monaten Haft verurteilt worden war, auf vier Monate angehoben.

Der Verurteilte war am 29. März des Vorjahres auf dem Heimweg von einer Geburtstagsfeier in betrunkenem Zustand von einer Polizeistreife angehalten worden. Er hatte daraufhin die Beamten angehustet und dabei „Corona“ gerufen. Ein späterer Test ergab, dass der 20-Jährige nicht infiziert war.

Corona-Pass soll Rückkehr zur Normalität beschleunigen

Während es im Urteil heißt, dass auch eine Drohung mit einer objektiv nicht möglichen Corona-Infektion den Tatbestand des körperlichen Angriffs erfülle, spricht Dimitrios Giannoulopoulos von der Juristischen Fakultät der Goldsmith-Universität von London von einem Fall „exzessiver Rechtsanwendung“, der das Ziel, das Bewusstsein in der Bevölkerung zu schärfen, verfehle.

Die öffentliche Debatte über das Urteil könnte die Proteste gegen die Corona-Politik wieder aufflammen lassen, die bereits im Januar und Anfang des Monats zum Teil mehrere Hundert Menschen mit Fackeln auf die Straße gebracht hatten. Während die jüngsten Kundgebungen friedlich verliefen, war es zu Beginn des Jahres mehrfach zu Zusammenstößen mit der Polizei und Böllerwürfen gegen Beamte gekommen.

Die „Männer in Schwarz“, wie sich die Kundgebungsteilnehmer bezeichneten, wandten sich zum einen gegen die im Land geltenden Lockdown-Maßnahmen, zum anderen aber vor allem gegen die Pläne der Regierung, einen „Corona-Pass“ zu schaffen. Dieser sollte Personen, die von der Möglichkeit der Corona-Schutzimpfung Gebrauch gemacht hatten, Erleichterungen bis hin zu einer weitgehenden Rückkehr zur Normalität ermöglichen.

Im EU-Vergleich hohe Impfquote in Dänemark

Dänemark ist EU-weit das Land mit dem höchsten Anteil an Personen, die bereits die zweite Impfung erhalten haben. Mit Stand vom Mittwoch waren es 7,72 Prozent der Bevölkerung, die eine Impfung gegen Corona erhalten haben.

Neben der Impfung setzt die Regierung in Kopenhagen auch auf Schnelltests, von denen „Hürriyet“ zufolge zehn Millionen Stück bestellt worden seien. Künftig, so hofft man, werde man wieder in weiten Bereichen zur Normalität zurückkehren können, sofern sich die Bürger zwei Mal pro Woche testen lassen. Noch sind sogenannte „nicht-essenzielle“ Geschäfte geschlossen. Es dürfen sich nicht mehr als fünf Personen in der Öffentlichkeit treffen.

Der von der Regierung geplante Corona-Pass sollte die stufenweise Rückkehr zur Normalität beschleunigen. Dänemark wäre europaweit das erste Land, das zu einem solchen Schritt greifen würde.

„Zwei-Klassen-System“ durch Impfpass befürchtet

Gegen dieses Vorhaben richteten sich nun aber mehrere zum Teil militante Proteste, deren Teilnehmer bald als „Männer in Schwarz“ bezeichnet wurden.

Sie sprachen davon, „im eigenen Land eingesperrt“ zu sein, und forderten, von der indirekten Impfpflicht Abstand zu nehmen, die sie mit dem geplanten Corona-Pass verbunden sehen. Bei Kundgebungen wurde Ministerpräsidentin Mette Frederiksen mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un verglichen. Andere Teilnehmer trugen Plakate mit der Aufschrift „COVID 1984“.

Auf Facebook heißt es auf der Seite der Bewegung, die Politik laufe darauf hinaus, dass Personen, die nicht geimpft seien, außerhalb der Gesellschaft stünden. Es entstehe, so befürchte man, ein Zwei-Klassen-System, in dem nicht Geimpfte nicht reisen oder Festivals besuchen dürften: „So etwas darf es in einem Land wie unserem nicht geben.“

Organisatoren der Proteste bemühen sich um Distanz zu Extremisten

Obwohl die Bewegung jüngst versuchte, sich von radikalen Kräften loszusagen, und deshalb beispielsweise via Facebook den Führer der rechtsextremen Partei „Stram Kurs“, Rasmus Paludan, explizit für „nicht willkommen“ auf den Kundgebungen erklärte, werfen etablierte Parteien ihr vor, mit falschen Angaben zu operieren und extreme Positionen zu vertreten.

Oppositionspolitikerin Sophie Løhde nannte es „einfach obszön“, dass am Rande eines Protests eine Puppe verbrannt wurde, die Ministerpräsidentin Fredriksen darstellen sollte. Neben Politikern aller Parlamentsparteien verurteilten auch einige Protestteilnehmer den Vorfall.



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