Das „Denken ändern“ in der neuen Zeit: Mutabor ergo sum!

Mutabor ergo sum! „Ich werde verwandelt werden, also bin ich!“, das ist das Wort der neuen Zeit. Sowohl Papst Franziskus als auch Donald Trump sprachen zu Weihnachten von der Notwendigkeit, das „Denken zu ändern“ hin zu Frieden und Liebe als Richtschnur unseres Handelns.
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Verloren oder aufgehoben im Universum? Die Andromeda Galaxie, der größte Nachbar unseres Milchstraßensystems.Foto: NASA/JPL-Caltech
Von 31. Dezember 2016

„Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir wünschst für diese Welt!“ Das sagte schon Mahatma Gandhi, (1869 – 1948) Eine Möglichkeit, an der jeder der 7,3 Milliarden Erdenbewohner beteiligt sein kann und wird.

Der Mensch der Zukunft muss ein „homo oriens“ sein, ein Mensch in ständiger Verwandlung und Neu-Orientierung. Wenn unser irdisch-sichtbares Leben sich im ständigen Auferstehungsprozess der Selbstwahrnehmung und Selbsterfahrung vollzieht, befreien wir uns von den Kräften äußerer Manipulation.

Nicht wir verwandeln (aktiv) die Welt, sondern wir werden verwandelt. Hierzu ist vertrauensvolle Hingabe erforderlich.

Wir werden uns dazu von tradierten Glaubensbildern verabschieden müssen, denn kein jenseitiger uns unbekannter Allah, Gott, oder andere Wesen retten unser Seelenleben, sondern nur die Erkenntnis von dem in jedem Menschen wohnenden göttlich-kosmischen Bewusstsein wird uns bereichern.

Auf dieser Erfahrungsebene wird Frieden für alle Menschen möglich sein.

René Descartes (1596 – 1650) hatte den Begriff geprägt:

„Cogito ergo sum“ („ich denke, also bin ich“)

Die Kulturanthropologin und Humanismusforscherin Dr. Christina Kessler ist berühmt geworden durch ihr spirituelles Lebenskonzept:

„Amo ergo sum“ („ich liebe, also bin ich“)

Von mir stammt der Ausspruch:

„Mutabor ergo sum!“ („ich werde verwandelt werden, also bin ich“)

Und Lao Tse sagt im „TAO TE KING“, Kapitel 47:

„Ohne aus der Tür zu treten, kannst du die Wege der Welt kennen. Ohne aus dem Fenster zu schauen, kannst du die Wege des Himmels kennen. Je weiter du gehst, desto weniger weißt du. Die Weisen wissen, ohne zu reisen, benennen, ohne zu sehen, wirken, ohne zu handeln.“

Unter der glamourösen Oberfläche einer oft medial überreizten Alltagsexistenz und im Bewusstseins-Gefängnis von „Konsum & Wachstum“ beginnt sich in vielen Bereichen des menschlichen Lebens eine Erkenntnis der Fremdbestimmung auszubreiten.

GOOGLE, AMAZON u.v.m. sind die digitalen Herrscher in einem neuen Zeitalter, das den Menschen zum Opfer raffinierter Navigationssysteme machen will. Ich nenne das: „Navigor, ergo sum!“ Wollen wir das?

Wir müssen verschiedene Welten und Wahrnehmungsebenen informationstechnisch verarbeiten, den ständigen Perspektivwechsel zwischen den virtuellen Räumen und unserer physisch erlebbaren Welt aushalten, sowie die Tatsache, dass wir online anonym, entkörperlicht, ohne echte physische Anwesenheit handeln.

Der Mensch auf dem Weg zu einer Marionette von Cybermächtigen

Diese Entfremdungskrankheit bezeichne ich als pathologischen Digitalismus.

Der „homo sapiens“, der wissende und weise Mensch, steht zur Disposition und mutiert zu einem „homo demens“, anstatt die Transformation zu einem „homo oriens“ ins Auge zu fassen. Ist uns das klar?

Noch bevor es der industriellen Revolution gelang, den überlegenen praktischen Nutzen der Naturwissenschaft unter Beweis zu stellen, hatten die Erforscher dieser Entwicklungen schon auf die Vorzüge einer wissenschaftlichen Sicht der Dinge verwiesen.

Die wissenschaftliche Revolution war inmitten des Chaos und der ungeheuren Zerstörungen der Religionskriege entstanden, die auf die Reformation folgten. Sie hatten Europa im Namen konkurrierender christlicher Absolutheitsansprüche in eine über ein Jahrhundert dauernde Krise gestürzt.

Solche Umstände waren dazu angetan, nicht nur die Glaubwürdigkeit des christlichen Verständnisses vom Leben in Zweifel zu ziehen, sondern auch seine Fähigkeit, Sicherheit und relativen Frieden zu schaffen – von universeller Nächstenliebe ganz zu schweigen.

Das Selbstbild des modernen Menschen wurde im Verlauf des wissenschaftlichen Fortschritts nicht nur radikal in seine räumlichen und zeitlichen Schranken verwiesen, es erfuhr auch eine qualitative Entwertung seines wesentlichen Charakters.

So wurde das menschliche Bewusstsein zu einem bloßen Epiphänomen, einer Begleiterscheinung der Materie, einer Sekretion des Gehirns. Es schien nur eine Funktion in einem elektrochemischen Schaltsystem zu sein, das biologischen Befehlen Folge leistet.

Das cartesianische Programm der mechanistischen Analyse (nach der Philosophie von René Descartes) ging sogar dazu über, seine ursprüngliche Unterscheidung zwischen „res cogitans“ und „res extensa“, also dem denkenden Subjekt und der materiellen Welt, hinfällig werden zu lassen.

Die zu vermeintlicher Erkenntnis leitende Hypothese lautete, dass die Komplexität der Welt und der menschlichen Erfahrung im weiteren Verlauf des Fortschritts eine abschließende Erklärung allein aufgrund naturwissenschaftlicher Prinzipien finden werde. Sie nahm damit zunehmend – wenngleich oft unbewusst – den Status eines wohl begründeten, wissenschaftlichen Prinzips an, obwohl es sich genau genommen nur um eine Hypothese, eine Annahme, handelte.

Mir ist bewusstgeworden, dass das dynamische Schöpfungsgeschehen, die „creatio continua“, ein Werden ist, welches aus dem ruhenden Urgrund, dem Sein, hervorgeht.

Am Meeresgrund selbst findet man keine unruhigen Wellenbewegungen; je mehr man aber aus der Tiefe schöpfend an die Oberfläche gerät, bekommt der Ozean, das Meer als herausragende Welle, eine Existenz; lat.: existere = hervortreten.

Diese Existenz ist nur eine Teilwirklichkeit des ganzen Lebens, vom dem der größere Part unsichtbar und verborgen ist. Der Baum wächst auch von unten nach oben und nicht in umgekehrter Richtung.

Die Wurzeln unserer Existenz sind tief verankert. Daher kommen ja unsere Ausdrücke: „einer Sache auf den Grund gehen“, „das Leben ergründen“, „tiefe Gefühle haben“, „zutiefst erschüttert sein“, „Ursache“, „Grundmotiv“, „gründlich“, „aus gutem Grunde“.

Das Beobachten der Natur hat sich in fataler Weise zu einem Beherrschen der Natur entwickelt, womit die Trennung vom Urgrund immer größer wird. Das lat. Wort observare (beobachten), engl.: to observe bedeutet, Diener des Objektes (servus obiectus) zu sein und nicht dominus obiectus, Herr des Objektes. So bleibt auch ein spirituell Übender immer Beobachter des Atems, des kosmischen Lebensgeschehens.

Bildung im Sinne von Erziehung (Zerren, Ziehen, Training von lat. trahere) ist leider ein wenig hilfreicher Begriff. Das englische Wort education (lat.: educere = herausführen) sagt uns, worum es eigentlich geht.

Heute leben wir in einem so noch nie dagewesenen Bombenhagel von täglichen In(De-)formationen – mit wirklichem und wirkendem Wissen hat das kaum etwas zu tun.

Nur die Herausführung aus diesem Dickicht an Daten und Fakten in den Urbereich des Wissens führt zu Ayurveda (Sanskrit) = dem Wissen vom Leben.

Damit kommen wir zu dem tief verborgenen und für alle Wesen gemeinsamen Urgrund von Wissen, Erkenntnis und Weisheit, und das ist ein Beziehungsfeld von bedingungsloser Liebe.

Dieser Weg ist unsere Chance, nicht mehr nur für einzelne Auserwählte, sondern für miteinander verbundene und kooperierende Menschen.