Duma – Die schwierige Suche nach der Wahrheit in Syrien

„Die Wahrheit stirbt im Krieg als Erste“: Der Spruch ist alt - wahr bleibt er. Nach den Vor-Ort-Recherchen des renommierten Kriegsberichterstatters Robert Fisk vom britischen „Independent“, hat der angebliche Giftgasangriff von Duma wohl nie stattgefunden.
Titelbild
Douma, 16. April 2018Foto: LOUAI BESHARA/AFP/Getty Images
Von 20. April 2018

Kurz nach dem angeblichen syrischen Giftgasangriff auf Duma wurde von französischer Seite behauptet, man habe Beweise für den Chemieeinsatz.

Das ist erstaunlich, denn Duma war von der syrischen Armee komplett umstellt und niemand konnte hinein oder heraus. Außerdem stand die ehemalige Rebellenhochburg kurz vor dem Fall.

Allerlei Bemerkenswertes

Der „Videobeweis“ für den angeblichen Giftgasangriff stammte von den Weißhelmen, einer Organisation, die nur in den von den islamistischen Terroristen besetzten Gebieten Syriens aktiv ist. Gegründet wurde sie in Großbritannien; Hauptgeldgeber ist das britische Außenministerium.

Zusätzlich irritierend wirkt, dass US-Präsident Donald Trump erst unlängst angekündigt hatte, die US-Truppen aus Syrien abzuziehen. Das Einzige, was die US-Truppen zum Verbleib veranlassen könnte wäre der Einsatz von Chemiewaffen von syrischer Seite. Anscheinend wünscht sich die syrische Führung also nichts sehnlicher, als den völkerrechtswidrigen Verbleib der US-Truppen auf ihrem Territorium.

Am letzten Samstag, 14. April, wurden daraufhin Ziele in Syrien mit Flugzeugen und Marschflugkörpern durch britische, französische und US-Streitkräfte angegriffen. Unabhängige Untersuchungen in Duma wurden vorher nicht angestellt. Wobei die Unabhängigkeit der OPCW durch ihre Handhabung des Falles Skripal auch nicht sicher erscheint.

Kurz darauf verkündete der französische Präsident Macron, dass er US-Präsident Trump davon überzeugt habe, die US-Truppen in Syrien zu belassen. Trump dementierte das aber umgehend und bestätigte, dass er dabei bleibe, die US-Truppen abzuziehen.

Merkwürdig erscheinen auch die angeblichen Behinderungen der OPCW-Inspektoren durch die Syrer. Andere Interessierte waren längst in Duma und konnten ungehindert und unbeaufsichtigt recherchieren.

Was fanden britische und amerikanische Reporter in Duma vor?

Kriegsberichterstatter Peter Fisk fuhr zusammen mit einer Gruppe weiterer Journalisten direkt nach Duma. Nach der offiziellen Führung ging er, nur in Begleitung seiner eigenen syrischen Bekannten, durch den Ort. Was er herausfand und im „Independent“ veröffentlichte, fassen wir hier zusammen.

Fisk entdeckte den Zugang zu dem Krankenhaus, das in dem Film der Weißhelme gezeigt wurde. Als Fisk dort einen Arzt fand, der gerade Patienten behandelte, erzählte dieser ihm:

„Ich war mit meiner Familie im Keller meines Hauses, dreihundert Meter von hier in der Nacht, aber alle Ärzte wissen, was passiert ist. Es gab eine Menge Granaten [von Regierungskräften] und Flugzeuge waren nachts immer über Duma – aber in dieser Nacht gab es Wind und riesige Staubwolken kamen in die Gänge und Keller, in denen die Menschen lebten. Die Menschen kamen hier an und litten unter Sauerstoffmangel. Dann rief jemand an der Tür, ein „Weißer Helm“, „Gas!“, und eine Panik begann. Die Leute fingen an, sich gegenseitig mit Wasser zu überschütten. Ja, das Video wurde hier gedreht, es ist echt, aber was man sieht, sind Menschen, die an Hypoxie (Sauerstoffmangel) leiden – keine Gasvergiftung.“

Eine Aussage ist gut – mehrere sind besser

Fisk begnügte sich nicht mit dieser Aussage eines einzelnen Mannes, der durchaus mit Absicht in dem Krankenhaus hätte platziert werden können. Er befragte wahllos Menschen in Duma, aber keiner konnte ihm einen Gasangriff bestätigen.

Im Gegenteil: Viele Einwohner Dumas waren erstaunt darüber, dass wegen der für sie längst zum Alltag gewordenen normalen Angriffe der syrischen Regierungstruppen auf die Terroristen, ein Raketenangriff auf Syrien gestartet worden war.

Zwei Tage nach der angeblichen Gasattacke wurden die Kämpfer aus Duma mit Bussen der syrischen Armee, unter russischem Schutz, mitsamt ihren Familien und Anhänger nach Idlib evakuiert. Mit ihnen zogen auch die Weißhelme ab, sodass Fisk diese nicht mehr befragen konnte.

Dafür erzähltem ihm die Einwohner Duma aber, wie die Terroristen sie gezwungen hätten für sie zu arbeiten und Bunker und Unterstände zu bauen. Auch dass sie die knappen Versorgungsgüter für sich beansprucht hätten, sodass viele Einwohner Dumas hungern mussten. Wer sich beschwerte, wäre geschlagen oder liquidiert worden. Man fühle sich jetzt befreit.

Amerikanischer Reporter: „Kein Gasangriff“

Bestätigt wurden die Berichte von Fisk auch durch einen Reporter des „One American News Network“. Diese US-amerikanische Nachrichtenagentur gilt als durchaus konservativ und steht auch nicht im Verdacht Assad-freundlich zu sein.

Den Bericht als Video (englisch) können Sie hier ansehen:

Siehe auch:

Russland/Syrien: Video von „Giftgas-Opfer-Darsteller“ und Fund deutscher Chlor-Behälter

Haisenko: Wir können mit absoluter Sicherheit sagen, dass Russland mutmaßlich einen Cyberangriff gestartet hat

Keine Zeugen, keine Vergifteten: Russischer OPCW-Vertreter spricht von „inszeniertem“ Giftgasangriff in Duma

Der Kampf um Syrien: Ein Land als Spielball geostrategischer Interessen



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