Ende für „Bürgergeld“ in Italien: Regierung Meloni beschließt stufenweisen Rückbau

Seit 2019 gibt es das sogenannte Bürgergeld in Italien. Es sollte der Armut gegensteuern. Die Regierung Meloni hat nun das Ende des Programms verkündet.
Giorgia Meloni, die neue Ministerpräsidentin von Italien.
Giorgia Meloni, die neue Ministerpräsidentin von Italien.Foto: Lapresse / Roberto Monaldo/LaPresse via ZUMA Press/dpa
Von 23. November 2022


Während das Bürgergeld in Deutschland ab 1. Januar 2023 das bisherige Grundsicherungssystem von „Hartz IV“ ersetzen wird, steht das gleichnamige Modell in Italien vor dem Aus. Die Regierung unter Premierministerin Giorgia Meloni kündigte am Montagabend (21.11.) das Ende des 2019 eingeführten „Reddito di Cittadinanza“ an.

Bürgergeld in Italien sollte vor allem den armen Süden stärken

Dem „Handelsblatt“ zufolge soll die als Bürgergeld bezeichnete Zuwendung erwerbsfähigen Italienern nur noch für maximal acht Monate zur Verfügung stehen. Die linkspopulistische Fünf-Sterne-Bewegung hatte sie 2019 durchgesetzt. Lega-Chef Matteo Salvini hatte das Vorhaben damals mitgetragen, heute stimmt er dessen Abschaffung zu.

Das sogenannte Bürgergeld sollte die „größte Investition in das Humankapital in der italienischen Geschichte“ sein. Dies erklärte damals zumindest Arbeitsminister Luigi di Maio. Vor allem die Fünf Sterne, denen der Politiker damals angehörte, bewarben ihr Projekt als eine Form des bedingungslosen Grundeinkommens (BGE). Es sollte vor allem der Armut im Süden des Landes entgegenwirken.

Die Höhe der Leistung lag bei 780 Euro für Singles und 1.280 Euro für Paare. Die dafür eingeplanten Kosten von 15 Milliarden Euro sollten vollständig auf Kredit finanziert werden. Die Regierung wollte durch die Maßnahme die Kaufkraft ärmerer Bürger stärken. Auf diese Weise solle es sich über höheren Konsum refinanzieren.

„Bedingungsloses Grundeinkommen“ an strenge Bedingungen geknüpft

Das Nationale Statistikinstitut Italiens bescheinigte dem Bürgergeld insofern Wirkung, als es „eine Million weniger an armen Menschen“ im Land gebe. Zudem habe es sich als nützlich erwiesen im Kampf gegen Armut während der Corona-Pandemie und der anschließenden Rezession. Allerdings erreiche das Bürgergeld 56 Prozent der Armen in Italien gar nicht.

Dies liege daran, dass es sich gar nicht um ein bedingungsloses Grundeinkommen handele. Tatsächlich erinnert das Bürgergeld-Konzept in Italien in vielerlei Hinsicht an das deutsche Hartz IV – und ist zum Teil noch restriktiver.

Es wird zum einen lediglich an erwerbsfähige Personen ausbezahlt, deren Haushaltseinkommen unter einem bestimmten Schwellenwert liegt. Zudem ist es auch nicht bedingungslos: Empfänger treffen zahlreiche Verpflichtungen – von der Registrierung beim Arbeitsamt bis hin zu gemeinnützigen Tätigkeiten.

Bürgergeld über Aufladung einer Prepaid-Karte ausgezahlt

Darüber hinaus müssen Antragsteller auf Bürgergeld mindestens zehn Jahre lang in Italien gelebt haben. Unmittelbar vor der Beantragung muss die Aufenthaltsdauer im Land mindestens zwei Jahre betragen haben.

Die Auszahlung von Bürgergeld in Italien erfolgt darüber hinaus nicht in bar, sondern mittels wiederaufladbarer Prepaid-Karte. Mithilfe dieser können die Empfänger Waren und Dienstleistungen kaufen oder Bargeld abheben – im Rahmen einer monatlichen Obergrenze.

Für Nicht-EU-Bürger gelten zudem verschärfte Dokumentations- und Nachweispflichten. Dies betrifft beispielsweise Familienstand, Vermögen und Einkommen – einschließlich im Ausland befindlichen Eigentums.

Wie auch im System des künftigen deutschen Bürgergelds können Arbeitsämter Begünstigte zur Unterzeichnung eines Arbeitspaktes auffordern. Alternativ dazu können Gemeinden die Vereinbarung eines „Pakts für soziale Eingliederung“ verlangen. Vor allem Studenten oder Rentner können im Rahmen eines solchen Pakts zur Leistung unentgeltlicher gemeinnütziger Arbeit angehalten werden. Die wöchentliche Dauer des Einsatzes kann zwischen acht und 16 Stunden betragen.

Italien plant Neuverschuldung in Höhe von 35 Milliarden Euro

Ab 2023 soll es den Reddito nur noch für die Dauer von acht Monaten geben, ab 2024 gar nicht mehr. Zudem falle der Anspruch weg, wenn der Begünstigte ein „angemessenes“ Jobangebot ablehne. Lediglich für besonders benachteiligte Bevölkerungsgruppen wolle man Ausnahmeregelungen prüfen. Die „Fünf Sterne“ wollen nun für den Erhalt des Bürgergelds auf die Straße gehen.

Italiens Regierung will sich in ihrem Haushaltsentwurf für das nächste Jahr auf den Kampf gegen steigende Energiepreise und Steuererleichterungen fokussieren. Insgesamt 21 Milliarden Euro will das Kabinett Meloni ausgeben, um Familien und Unternehmen angesichts der hohen Energiepreise zu unterstützen.

Insgesamt will die Regierung in Rom neue Kredite im Umfang von 35 Milliarden Euro aufnehmen. Bis Jahresende muss das Parlament den Haushalt bestätigen.



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