Epidemiologe Ioannidis: Nachteile der Maßnahmen überwiegen schwer

Während eines Vortrags in Salzburg zog der Epidemiologe John Ioannidis Bilanz über die Corona-Krise. Sein Fazit: Die Reaktionen der Politik zielten in vielen Fällen nicht darauf ab, der Risikogruppe zu helfen. Zudem kritisierte er den Aktivismus einiger Wissenschaftler.
Titelbild
Professor Ioannidis beim Interview.Foto: Screenshot von Servus TV
Epoch Times9. Juli 2021

Der bekannte Epidemiologe John P.A. Ionnidis zog bei einem Vortrag an der Universität Salzburg Bilanz über die Wirksamkeit der Corona-Maßnahmen. Insbesondere bemängelte er den Tunnelblick der Politiker, der aus seiner Sicht zu fatale Folgen für die Gesellschaft, Politik und die Welt führen:

„Dies ist nicht nur ein Virus; es betrifft die ganze Gesellschaft, Wirtschaft, Gesundheit, die ganze Welt. Wenn man nur eine Dimension dabei betrachtet, verliert man den Blick für das Ganze.“

John Ioannidis ist einer der bekanntesten Epidemiologen der Welt. Der Wissenschaftler der Stanford University gehörte zu denen, die sich schon früh gegen die harten Lockdowns aussprachen.

Bei seinem Vortrag stellte er klar, dass Sars-Cov-2 für viele ein verheerendes Virus sei – für die Mehrheit der Bevölkerung jedoch nicht. Einen Lockdown am Beginn der Corona-Krise, als man noch nichts wusste, habe er befürwortet. Doch jetzt überwiegen die Nachteile der Maßnahmen schwer. Man habe die Corona-Problematik zu einseitig betrachtet, sagt der Epidemiologe der Zeitschrift „RT deutsch“.

Als Konsequenz der weltweiten Corona-Politik seien der Hunger, die Arbeitslosigkeit und damit auch die Armut gestiegen. Psychische Erkrankungen hätten zugenommen. Bei Untersuchungen sei herausgekommen, dass weniger wohlhabende Kinder gegenüber Kindern aus besser situierten Familien um 60 Prozent zurückgefallen seien.

Die Lockdowns hätten also auch dahingehend die Gesellschaft nachhaltig gespalten. In den USA gäbe es Kinder, die auf das Schulessen angewiesen seien, aber nicht mehr zur Schule könnten, das wären Zustände wie in Afrika südlich der Sahara – und das alles wegen eines Virus, dessen Sterblichkeit im Promillebereich liege.

Ioannidis bei Servus TV

Ioannidis war auch zu Gast beim österreichischen Fernsehsender „Servus TV“. Ein roter Faden in den Antworten des Professors war sein Aufruf, nicht in die Extreme zu gehen und keine Feindbilder aufzubauen.

Er hat die Konsequenzen der aktuellen Polarisierung in der Gesellschaft durch das Thema am eigenen Leib erfahren. Er erhielt Morddrohungen und Hassmails. Das Lagerdenken gehöre nicht zur Wissenschaft, meinte Ioannidis, da diese nicht nur schwarz-weiß sei, sondern viele Nuancen besitze.

„Ich persönlich habe kein einziges Memorandum, keine Erklärung, keinen offenen Brief unterzeichnet, weil ich nicht glaube, dass Wissenschaft so funktioniert.“ Wissenschaftler seien nicht im Besitz der absoluten Wahrheit, während angebliche „Gegner“ nichts wissen.

„Wissenschaftler können ihre Urteile korrigieren, das ist der Unterschied zum Dogma, wo wir alles wissen“, sagte der Professor gegenüber seinem Interviewpartner. „Es ging darum, immer wieder nachzujustieren und nach der Wahrheit zu suchen.“ Wissenschaft braucht seine Zeit um zu reifen.

Ioannidis ist überzeugt, „wenn Wissenschaftler ein Maß an Selbstgerechtigkeit, Aggressivität und Aufdringlichkeit überschreiten, dass sie der Wissenschaft sehr viel Schaden zufügen.“

Dasselbe gelte für Schuldzuweisungen, sagt Ioannidis. Denn dies unterstellt, dass vor Beginn alles hätte gewusst werden können und das ist bestimmt nicht möglich.

Wenn hinter politischen Entscheiden starke Interessen stünden, so sei die Wahrscheinlichkeit, dass ein Fehlschritt korrigiert wird eher gering. Zu sagen, dass man sich geirrt habe, ist nicht leicht. (nw)

Als Ergänzung: Das Interview von Professor Ioannidis bei Servus TV (Bild anklicken).



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