Eritrea – Äthiopien: Hoffnung am Horn von Afrika
In den westlichen Medien war es meist nur eine Randnotiz: Der äthiopische Ministerpräsident Abi Ahmed hat am Wochenende Asmara, die Hauptstadt des Nachbarlandes Eritrea, besucht.
Dabei erklärten der äthiopische Regierungschef Abiy Ahmed und Eritreas Präsident Isaias Afwerki mit der Unterzeicnung einer gemeinsamen Erklärung den Kriegszustand zwischen den beiden Ländern offiziell für beendet.
Seit einem verlustreichen Krieg, bei dem es vordergründig um Grenzstreitigkeiten zwischen Äthiopien und Eritrea gegangen war, zur Jahrtausendwende, hatte ein Schwebezustand zwischen Krieg und Frieden bestanden.
Unversöhnliche Feindschaft trennte die beiden Bruderländer am Horn von Afrika seither, offizielle Kontakte gab es so gut wie nicht; Reisen zwischen beiden Ländern, die doch so viele kulturelle Gemeinsamkeiten haben und traditionell zahlreiche persönliche Beziehungen, waren nicht möglich.
Jetzt scheint das Eis gebrochen, der neue äthiopische Regierungschef, seit April 2018 im Amt, wurde begeistert in der eritreischen Hauptstadt begrüßt und als ‚Bruder’ willkommen geheißen.
Ähnlich herzlich war wenige Tage zuvor eine eritreische Delegation in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba empfangen worden. Für beide Länder wirkt diese neue Entwicklung befreiend, gibt die Aussicht auf Frieden neue Impulse, eröffnen sich positive wirtschaftliche Perspektiven.
Äthiopien, bisher auf Importe über Djibouti oder nordsomalische Häfen angewiesen, kann für seinen Außenhandel vielleicht bald wieder auf die geographisch günstiger gelegenen eritreischen Rotmeerhäfen Asab und Massawa zurückgreifen. Ein Aufblühen des Jahrzehnte nicht existenten Transithandels wäre auch für die eritreische Wirtschaft belebend.
Wenn die Spannungen im Zuge der jetzt begonnenen Versöhnung nachlassen, wird sich der Druck auf beide Staaten reduzieren, die lange in ständiger Kriegsbereitschaft erhebliche militärische Aufwendungen hatten, was auf Kosten der Entwicklung ging.
In Äthiopien hatte es zunehmend innere Spannungen gegeben, in Eritrea hatten Perspektivlosigkeit und harter Militärdienst zur Abwanderung vieler junger Menschen geführt.
Die internationale Gemeinschaft hatte keinen Friedensprozess anstoßen können. Zahlreiche hochrangige Persönlichkeiten, darunter der damalige US-Präsident Obama im Juli 2015 sowie Kanzlerin Merkel im Oktober 2016 hatten Äthiopien besucht, nicht jedoch Eritrea.
Jetzt scheinen die bisherigen Gegner und möglicherweise künftigen Partner unter dem Druck der wachsenden Probleme selbst die Konfliktlösung in Angriff zu nehmen. Dabei ist ihnen jeder Erfolg zu wünschen. Denn eine Entspannung am Horn von Afrika ist auch für uns von Interesse.
Wenn dort Frieden und Prosperität herrschen, werden weniger Menschen vom Horn von Afrika, seien es Somalis, Eritreer, Sudanesen, Äthiopier und andere Afrikaner, aufbrechen und auf seeuntüchtigen Booten die riskante Fahrt übers Mittelmeer versuchen.
Denn eine innere Liberalisierung Eritreas würde dazu führen, dass nicht mehr alle, die sich als Eritreer ausgeben, unbesehen in Europa als Flüchtlinge akzeptiert werden. So würden wir auch weniger tote Flüchtlinge im Mittelmeer haben.
Dr. Alfred Schlicht ist Islamwissenschaftler; sein neuestes Buch „Gehört der Islam zu Deutschland?“ erschien 2017.
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