EU beschwert sich über mangelnden Zensurwillen bei Twitter von Elon Musk

Die Behörden der Europäischen Union haben sich darüber beschwert, dass Twitter den Kampf gegen „Desinformation“ nicht ernst zu nehmen scheint, weil es einen unvollständigen Bericht über die Einhaltung der Zensurregeln vorgelegt hat.
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Elon Musks Twitter-Konto mit einem Twitter-Logo im Hintergrund.Foto: Chris DELMAS / AFP via Getty Images
Von 10. Februar 2023

Der von Elon Musk betriebene Kurznachrichtendienst Twitter sei in den vergangenen sechs Monaten im Kampf gegen „Desinformation“ hinter Google, Meta und TikTok zurückgeblieben, erklärte die Europäische Kommission am Donnerstag und forderte Twitter auf, sich an die Regeln zu halten.

„Ich bin enttäuscht, dass Twitters Bericht hinter den anderen zurückbleibt, und ich erwarte ein ernsthafteres Engagement für ihre Verpflichtungen“, sagte Vera Jourova, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission für Werte und Transparenz, in einer Erklärung.

Die Europäische Union hat am 8. Februar ein Transparenzzentrum eingerichtet, das die Berichte der verschiedenen Technologieplattformen enthält. Dazu gehört auch der Bericht von Twitter.

Der für den Binnenmarkt zuständige Kommissar Thierry Breton bezog sich nicht direkt auf Twitter, sagte aber, es sei nicht überraschend, dass die Qualität je nach den Ressourcen, die die Unternehmen für dieses Projekt bereitgestellt haben, sehr unterschiedlich sei. Seit Musk das Unternehmen übernommen hat, wurden bei Twitter erhebliche Personalkürzungen vorgenommen.

Vor sechs Monaten, bevor Musk Twitter kaufte, gehörte die Social-Media-Plattform zu den 34 Unternehmen, die eine aktualisierte EU-Verpflichtung zur Bekämpfung von Desinformation, den sogenannten Verhaltenskodex gegen Desinformation, unterzeichneten.

Werkzeugkasten der EU

Zusammen mit dem kürzlich verabschiedeten Digital Services Act und dem Entwurf von Regeln für politische Werbung ist der Kodex Teil des „Werkzeugkastens der Europäischen Kommission zur Bekämpfung der Verbreitung von Desinformation in der EU“, heißt es in einer Pressemitteilung der Kommission vom Juni 2022. Dieser ermöglicht es den Regulierungsbehörden, bei Verstößen bis zu sechs Prozent des weltweiten Umsatzes von Technologieplattformen als Strafzahlung zu verhängen.

Obwohl der Kodex nicht verbindlich ist, können Unternehmen, die sich daran halten, einige ihrer Konformitätsanforderungen im Rahmen des Digital Services Act (Gesetz über digitale Dienste) verringern. Das Gesetz soll im September 2023 für Technologieplattformen mit mehr als 45 Millionen Nutzern in der EU in Kraft treten.

Die Unterzeichner hatten sechs Monate Zeit, um die Verpflichtungen umzusetzen und entsprechende Berichte zu erstellen. Die Berichte wurden am 8. Februar veröffentlicht.

Die Fortschrittsberichte enthalten Daten darüber, wie viele Werbeeinnahmen die Unternehmen von Desinformationsakteuren abgezogen haben, welche Fälle von manipulativem Verhalten festgestellt wurden und wie sie politische Werbung kennzeichnen.

Der Twitter-Bericht war der einzige, mit dem die Europäische Kommission unzufrieden war. Sie bemängelte, dass es ihm an Daten fehle und er keine Informationen über Verpflichtungen zur Stärkung von Faktenprüfern enthalte.

Twitter antwortete nicht auf eine Anfrage von The Epoch Times nach einem Kommentar.

Nachfolgende Umsetzungsberichte sind in sechs Monaten fällig.

Der Kodex

Der verschärfte Kodex sieht eine stärkere und detailliertere Verpflichtung der Technologieplattformen im Bereich der Desinformation vor. Dies beinhaltet die Ausweitung der Teilnahme auf kleinere Plattformen, die sich dem Zensurkampf anschließen, und die Ausdehnung des Umfangs auf neue manipulative Verhaltensweisen wie Fale-Accounts und Bots, die Desinformation verbreiten.

Darüber hinaus wird die Faktenüberprüfung ausgeweitet und Forschern ein besserer Zugang zu den Daten der Plattformen gewährt. Gleichzeitig wird ein „starker Überwachungsrahmen“ und eine regelmäßige Berichterstattung der Technologieplattformen über die Umsetzung ihrer Verpflichtungen in Sachen Desinformation vorgeschlagen.

Regeln wie der Kodex wurden von Verfechtern der Meinungsfreiheit und Konservativen als eine Form der Zensur von Ansichten kritisiert, die nicht dem Mainstream entsprechen. Sie argumentierten, dass Begriffe wie „Desinformation“ und „Fehlinformation“ nicht klar definiert seien und daher Inhalte und Accounts von Moderatoren mit linken Ansichten subjektiv gesperrt werden könnten.

EU warnt Musk

Im November warnte EU-Kommissar Thiery Breton Musk vor einer Sperrung Twitters, wenn es die Vorschriften der EU nicht einhalte.

„Es liegt noch viel Arbeit vor uns, denn Twitter muss transparente Nutzerrichtlinien einführen, die Moderation von Inhalten deutlich verstärken, die Meinungsfreiheit schützen, Desinformation entschlossen angehen und zielgerichtete Werbung einschränken“, sagte Breton zu Musk, wie aus einem Telefonat der beiden vom 30. November 2022 hervorgeht.

Breton wies Musk darauf hin, dass Twitter seine Bemühungen zur Einhaltung des Digital Services Act erheblich verstärken müsse.

In einem Post schrieb Breton, Musk solle „seinen Verpflichtungen aus dem Verhaltenskodex gegen Desinformation nachkommen“, um „Hoaxes und Desinformation in Zusammenarbeit mit Faktenprüfern zu identifizieren“, „autoritative Quellen zu fördern“ und „die Verbreitung von Desinformation zu demonetarisieren“.

Der EU-Vertreter ging nicht näher darauf ein, was unter „Desinformation“ im Sinne der EU-Richtlinien zu verstehen ist.

Breton schrieb auch, dass Twitter „die Moderation von Inhalten verstärken und die Redefreiheit schützen“ müsse, um „illegale Beiträge zu entfernen“. Ein „Audit“ von Twitter sei ebenfalls notwendig, sagte Breton und kündigte an, dass „EU-Teams kommen werden, um die Bereitschaft zu überprüfen“.

Musk erklärte sich seinerseits damit einverstanden, dass die Europäische Kommission im Jahr 2023 einen „Stresstest“ im Twitter-Hauptquartier durchführt, um die Plattform bei der Einhaltung der EU-Vorschriften zur Überwachung von Inhalten zu unterstützen, wie aus einem Protokoll des Telefonats hervorgeht.

Im Grunde einig

In einem weiteren Videoanruf zwischen Breton und Musk Ende Januar diskutierten die beiden über die Einhaltung des Digital Services Act durch Twitter.

„Ich nehme den Weg zur Kenntnis, den Twitter in Europa einschlagen will, um die Regeln des #DSA einzuhalten. Die nächsten Monate werden entscheidend sein, um die Verpflichtungen in die Realität umzusetzen. Konstruktiver Austausch mit @elonmusk“, so Breton in einem Twitter-Post vom 31. Januar.

In einer Twitter-Nachricht vom selben Tag erklärte Musk, dass die Ziele der EU in Bezug auf Transparenz, Rechenschaftspflicht und Genauigkeit der Informationen mit unseren übereinstimmen“.

Der Digital Services Act gibt der Europäischen Kommission mehr Befugnisse bei der Überwachung und Regulierung von großen Technologieunternehmen, den sogenannten „Gatekeepern“, um die Einhaltung der EU-Vorschriften über Inhalte und Monopolaktivitäten zu gewährleisten.

Es wurden einige Bedenken hinsichtlich der Meinungsfreiheit im Zusammenhang mit dem Digital Services Act geäußert. Einige wiesen darauf hin, dass, wenn ein einzelner EU-Mitgliedstaat Inhalte zur Entfernung markiert, diese in der gesamten EU blockiert werden könnten. Das könnte einigen Regierungen in der EU die Macht geben, die Online-Diskussion in der gesamten Region zu kontrollieren.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „EU Complains Elon Musk’s Twitter Lacks Appetite for Censorship“ (deutsche Bearbeitung jw)



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