EU droht Streit über Flüchtlingsverteilung
Der Europäischen Union droht angesichts der riesigen Fluchtbewegung aus der Ukraine neuer Streit über die Verteilung der Schutzsuchenden.
Die Innenminister der 27 EU-Staaten beraten heute in Brüssel über das gemeinsame Vorgehen. Deutschland und Polen hatten sich zuvor mit einem dringenden Hilfsappell an die EU-Kommission gewandt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser dringt auf Quoten für die Flüchtlingsverteilung innerhalb Europas. Derlei Forderungen hatte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson jedoch bereits eine Absage erteilt.
Von den mehr als 44 Millionen Ukrainern haben seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine nach UN-Angaben bereits mehr als 3,8 Millionen Menschen das Land verlassen. Mehr als 2 Millionen sind allein in Polen angekommen, in Deutschland wurden dem Innenministerium zufolge rund 267.000 Flüchtlinge registriert.
Faeser: Kapazitäten werden nicht ausreichen
„Man kann mit Sicherheit sagen, dass unsere Länder nun den Großteil der Anstrengungen unternehmen, um Menschen aus der Ukraine aufzunehmen und ihnen Schutz zu bieten“, heißt es in dem Brief Faesers und ihres polnischen Kollegen Mariusz Kaminski an die EU-Kommission. Das Schreiben vom Freitag liegt der dpa vor. „Es liegt auf der Hand, dass unsere Ressourcen und Aufnahmekapazitäten nicht ausreichen werden, um den wachsenden Zustrom von Menschen zu bewältigen.“ Das Treffen ist bereits die zweite kurzfristig einberufene Krisensitzung der Innenminister seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine am 24. Februar.
Faeser sagte der „Rheinischen Post“, sie setze auf „eine starke Steuerung, pragmatische Lösungen und eine umfassende Unterstützung der besonders belasteten Nachbarstaaten der Ukraine“. „Hier wird die EU-Kommission eine zentrale Rolle einnehmen müssen“, forderte die SPD-Politikerin. Man habe einen „historischen Schulterschluss“ erreicht und in allen EU-Staaten für unbürokratischen, schnellen Schutz von Geflüchteten gesorgt. „Jetzt muss der zweite Schritt folgen: die gerechte Verteilung in der ganzen EU“, betonte Faeser.
Flüchtlinge sollen besser verteilt werden
Anfang März hatten die EU-Staaten entschieden, allen Ukrainern schnell und unbürokratisch Schutz zu bieten. Die große Zahl der Flüchtlinge stellt die Staatengemeinschaft jedoch vor Herausforderungen. Schnelle Lösungen auf europäischer Ebene seien dringend notwendig, schreiben Faeser und Kaminski. Die Zusammenarbeit müsse dahingehend ausgebaut werden, die Flüchtlinge in jene EU-Länder zu bringen, die bereit seien, sie aufzunehmen. Die von der EU-Kommission aufgesetzte Solidaritätsplattform solle bei der Organisation helfen. Flüchtlinge ohne spezifisches Ziel müssten über Länder mit freien Kapazitäten informiert werden.
Dabei fordern Faeser und Kaminski alle EU-Staaten zur Aufnahme der Menschen auf. Die Diskussion über eine verpflichtende Verteilung von Flüchtlingen hatte die EU-Staaten schon nach der großen Fluchtbewegung 2015/2016 tief gespalten. Eine Reform der gemeinsamen Asyl- und Migrationspolitik ist seit Jahren blockiert.
Flexible Finanzierungsmöglichkeiten gefordert
Mit Blick auf die Kosten zur Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge heißt es in dem Brief: „Unser Finanzbedarf beläuft sich bereits auf mehrere Milliarden Euro und zusätzliche Unterstützung ist sofort erforderlich.“ Die EU-Kommission müsse an einfachen und flexiblen Finanzierungsmöglichkeiten arbeiten, die zumindest einen Teil der Kosten decken. Dies könne für die ersten sechs Monate ein Pauschalbetrag von 1000 Euro je Flüchtling sein. Die Kosten für den polnischen Staat beliefen sich Schätzungen zufolge für diesen Zeitraum auf mindestens 2,2 Milliarden Euro.
Heute soll es nun unter anderem genau darum gehen. Auf der Tagesordnung steht die Frage, wie jene EU-Staaten, die Flüchtlinge aufnehmen, finanziell und materiell unterstütz werden können. Auch die Weiterreise der Flüchtlinge nach der Ankunft in einem EU-Land soll koordiniert werden. Zudem soll es um Unterstützung für das kleine Land Moldau, in dem bereits viele Flüchtlinge angekommen sind, sowie um die Kontrollen an den EU-Außengrenzen und Sicherheitsfragen gehen. (dpa/red)
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