EU-Ölembargo auch ohne Ungarn? Weber für Umgehung des Einstimmigkeitsprinzips
Der Vorsitzende der EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber (CSU), hat ein Ölembargo gegen Russland, zur Not auch ohne Ungarn gefordert. „Wenn Ungarn nicht bereit ist, die Blockade aufzugeben, muss es möglich sein, den Langsamsten zurückzulassen, damit der Rest der EU vorangehen kann“, sagte Weber am Montag den Sendern RTL und ntv. Ungarns Regierungschef Viktor Orban dürfe der EU „nicht auf der Nase herumtanzen“. Er sprach sich für eine Umgehung des Prinzips der Einstimmigkeit aus: „Im Zweifel können die EU-Länder auch einseitig ein Embargo verhängen.“
Heftiger Streit um ein Embargo auf russische Erdölimporte droht, den EU-Sondergipfel in Brüssel zu überschatten. Wie die Nachrichtenagentur AFP am Montag aus Diplomatenkreisen erfuhr, versuchten Botschafter der Mitgliedsländer noch bis kurz vor Beginn des Treffens am Nachmittag, insbesondere mit Ungarn zu verhandeln. Ursprünglich sollten bei dem Gipfel die europäische Verteidigungspolitik sowie weitere Finanzhilfen für die Ukraine im Vordergrund stehen.
„Technische“ Schwierigkeiten
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sollte zum Beginn des Gipfels per Videokonferenz zugeschaltet werden. Nach Angaben eines EU-Vertreters war bei der „schwierigen und komplexen Diskussion“ über das Ölembargo bis Sonntagabend keine Übereinkunft erzielt worden.
Sanktionen müssen von den 27 EU-Staaten einstimmig beschlossen werden. Gegen den ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission für ein Ölembargo waren neben Ungarn auch die Slowakei und Tschechien. Allen drei Ländern wurde eine zweijährige Ausnahme vom Embargo als Übergangsregel angeboten. Ungarn verlangt allerdings mindestens vier Jahre und darüber hinaus 800 Millionen Euro Finanzhilfen, um seine Raffinerien anzupassen.
Nach Angaben von Diplomaten wurde zuletzt diskutiert, per Pipeline nach Europa geleitetes Öl „bis auf Weiteres“ von dem Embargo auszunehmen, um Budapest entgegenzukommen. Ungarn hat keinen Anschluss ans Meer und wird daher nicht per Schiff beliefert. Auch die Slowakei und Tschechien werden vor allem über die Druschba-Pipeline mit russischem Öl versorgt.
Sollte keine Einigung erreicht werden, könnte auch das gesamte Sanktionspaket verschoben werden. Vor allem mit Blick auf Selenskyjs Gipfelteilnahme warnte ein EU-Diplomat jedoch, dass ein Scheitern der geplanten Sanktionsvereinbarung der „Elefant im Raum“ sein würde.
EU-Beamte sprachen von „technischen“ Schwierigkeiten in den Verhandlungen, nicht von politischen Differenzen zwischen Ungarns Regierungschef Viktor Orban und seinen EU-Partnern.
Finanzhilfe für die Ukraine, Sanktionen gegen Moskau
Das geplante neue Strafpaket gegen Moskau umfasst außerdem Sanktionen gegen weitere Kreml-nahe Persönlichkeiten, darunter das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kirill, und die ehemalige Turnerin Alina Kabajewa, der enge Verbindungen zu Wladimir Putin nachgesagt werden. Auch der Ausschluss von drei russischen Banken aus dem internationalen Finanzsystem Swift, darunter mit der Sberbank das größte Kreditinstitut des Landes, liegt auf dem Tisch.
Nach AFP-Informationen wollen die Staats- und Regierungschefs auch den Vorschlag von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für weitere Finanzhilfen für die Ukraine unterstützen. „Die Europäische Union ist bereit, der Ukraine im Jahr 2022 eine neue außerordentliche Makrofinanzhilfe von bis zu neun Milliarden Euro zu gewähren“, heißt es in einem Entwurf der Gipfelerklärung. Der Ruf nach einem Waffenstillstand in der Ukraine, wie Bundeskanzler Olaf Scholz ihn wiederholt geäußert hatte, ist in dem Entwurf nicht enthalten. (afp/dl)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion