Ex-Außenministerin verlässt Österreich – und wirft Medien Mafia-Methoden vor

Die ehemalige Außenministerin Karin Kneissl hat Medienberichten zufolge Österreich verlassen. Grund seien „massive Anfeindungen“ gewesen. Die Ex-Politikerin hatte Medien im Zusammenhang mit der Inseratenaffäre Erpressung von „Schutzgeld“ vorgeworfen.
Titelbild
Karin Kneissl.Foto: YURI KADOBNOV/AFP via Getty Images
Von 14. Oktober 2021

Die von 2017 bis zum Bruch der türkis-blauen Koalition 2019 als Außenministerin amtierende Karin Kneissl hat Berichten der Presseagentur APA zufolge Österreich verlassen. Zugleich habe sie erklärt, wegen „massiver Anfeindungen“, denen sie ausgesetzt sei, „nichts mehr mit österreichischen Medien und der Politik zu tun haben“ zu wollen.

Kneissl war im Zuge der Inseratenaffäre, über die jüngst Bundeskanzler Sebastian Kurz gestürzt war, wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten.

Kneissl: „Mafiamethoden wie im Chicago der 1930er“

Die frühere Ministerin hatte bereits nach ihrem Ausscheiden aus der Politik erklärt, österreichische Politiker, insbesondere Minister und andere Verwaltungsspitzen, hätten das Schalten von Inseraten in Medien als „Schutzgeld“ betrachtet, um sich vor Medienkampagnen zu schützen.

Sie selbst hatte als eine ihrer ersten Amtshandlungen als Ministerin den Etat für Inserate, das zuvor etwa 1,8 Milliarden Euro betragen habe, um bis zu 80 Prozent gekürzt. In Medien und dabei vor allem jenen, die von der Einsparungsaktion am stärksten betroffen waren, sei sie daraufhin als „schräg, wirr, teils ahnungslos“ dargestellt worden.

Man habe ihr gleichzeitig geraten, zur Verbesserung ihres Images mehr Inserate zu schalten. Kneissl fühlte sich daraufhin an „Mafiamethoden der 1930er-Jahre in Chicago“ erinnert, „also entweder du zahlst oder wir fackeln den Laden ab – so ungefähr ist mir das vorgekommen“. Dazu sei sie nicht bereit gewesen.

Mitterlehner mit negativer Berichterstattung in „Österreich“ gedroht?

Die Darstellung Kneissls deckt sich unter anderem auch mit den Angaben des früheren ÖVP-Vorsitzenden Reinhold Mitterlehner.

Dieser hatte in seinem 2019 erschienenen Buch „Haltung“ von einem Besuch des Verlegers Wolfgang Fellner („Österreich“) geschrieben, in dem dieser ihm bereits 2009 in Mitterlehners Zeit als Wirtschaftsminister geraten haben soll, den Etat für Inserate zu erhöhen.

Bislang hätten seine Medien weder besonders positiv noch besonders negativ über seine Bilanz geschrieben, habe Fellner erklärt, was sich jedoch „gravierend“ ändern könne, sollte sein Ministerium nicht mehr bereit sein, Inserate zu schalten.

Ausführlicher Vermerk in WKStA-Akte

Wie das Portal „exxpress.at“ exklusiv berichtet, gibt es zu dieser Praxis im Zusammenhang mit der Schaltung von Inseraten einen Amtsvermerk, der Teil der derzeitigen Ermittlungsakten der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sei, die auch die Rolle von Ex-Kanzler Kurz und dessen engster Berater zum Gegenstand hätten.

Vor allem Fellner und dessen Tageszeitung „Österreich“ stünden derzeit im Visier der Ermittler, obwohl einiges darauf hindeutet, dass es auch zu anderen Publikationen – insbesondere aus dem Boulevardbereich – erhebliche Geldflüsse aus mehreren Ministerien in unterschiedlichen Regierungskabinetten gegeben habe.

Auch SPÖ-Altkanzler Christian Kern klagte über kampagnenartigen Journalismus vor allem aus der Fellner-Gruppe gegen seine Person, als er angekündigt hatte, das Inserate-Volumen von der Leserzahl abhängig zu machen – und jene bei „Österreich“ komplett streichen wollte.

Die grüne Wiener Umweltstadträtin Ulrike Sima will „mehr als 50 negative, spöttische und unsachliche Artikel […] im Zeitraum von Ende 2018 bis Anfang 2020“ gegen ihre Person gezählt haben, nachdem die „Wiener Linien“ ihr Inseratevolumen bei „Österreich“ nicht ausgeweitet hätten.

Strache eher zu Gefälligkeitsinseraten bereit als Kurz

Kneissl hatte auch bereits im Mai 2021 im „Ibiza-Untersuchungsausschuss“ erklärt, dass „der Zweck dieser Regierungsinserate […] sicher unter anderem“ – so habe sie es verstanden – gewesen wäre, „den guten Willen in der Berichterstattung zu kaufen“.

Auch der damalige FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache habe sie in der türkis-blauen Regierungszeit dazu gedrängt, das Inseratenbudget auszuschöpfen, um sich „den guten Willen zu erkaufen und negative Berichterstattung zu vermeiden“.

Auch in den Ministerratsvorbesprechungen sei das Thema „ein-, zweimal“ besprochen worden und Kneissl habe sich „Unmut eingehandelt“, als sie bei ihrer restriktiven Linie geblieben sei. Die entsprechenden Wünsche seien jedoch „stets von Strache, nicht von Kurz“ gekommen, so Kneissl vor dem U-Ausschuss. Die Fellner-Gruppe weist alle gegen sie erhobenen Vorwürfe zurück.

 



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