Ex-Polizeichef: „Ich war fassungslos“ – es hieß, Nancy Pelosi würde die Nationalgarde „niemals zulassen“

Steven Sund sagte vor einem Ausschuss des US-Repräsentantenhauses aus, dass seine Bitte um Hilfe am 3. Januar von den Zuständigen im Repräsentantenhaus und im Senat abgelehnt wurden – drei Tage vor dem bekannten Kapitolsturm in Washington.
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Der ehemalige Leiter der US-Kapitolpolizei, Steven Sund, sagt während einer Anhörung im US-Repräsentantenhaus zu den Anschlägen vom 6. Januar auf dem Capitol Hill am 19. September 2023 in Washington, D.C. aus.Foto: Drew Angerer/Getty Images
Von 24. September 2023

Bei einer Anhörung vor einem Verwaltungsausschuss im US-Repräsentantenhaus am 19. September brachte die Aussage des damaligen Chefs der Kapitolspolizei, Steven Sund, neue Details zum 6. Januar-Ereignis in Washington, D.C. hervor. An dem besagten Tag im Jahr 2021 fand die entscheidende Auszählung der Wahlmännerstimmen für die Präsidentschaftswahlen statt.

Unterstützer des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump demonstrierten vor dem Gebäude, nachdem Unregelmäßigkeiten bei dem Ablauf der Wahl festgestellt worden waren. Während die überwiegenden Teilnehmer der Demonstration friedlich waren, drangen vereinzelte Demonstranten in das Kapitol ein. Der Vorfall wird Trump als Aufhetzung und Anstiftung zum Aufruhr angelastet und von Medien vielfach als Kapitolsturm bezeichnet. In zwei Bundesstaaten ist er in diesem Zusammenhang angeklagt.

Warum wurde der Einsatz der Nationalgarde abgelehnt?

Unklar blieb bisher, weshalb nicht die Nationalgarde zur Sicherung des Geländes angefordert worden war. Die Aussage des ehemaligen Polizeichefs, der zwei Tage nach dem Vorfall zum Rücktritt gedrängt worden war, brachte nun Antworten auf diese Frage.

Entgegen der bisherigen Annahme hatte Sund drei Tage vor dem Ereignis den Sergeant-at-Arms (Verantwortlicher für die Versammlungsordnung) des US-Repräsentantenhauses, Paul Irving, um Unterstützung durch die Nationalgarde gebeten. Irving habe das jedoch mit den Worten: Die damalige Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, würde dem „niemals zustimmen“, abgelehnt.

Die Genehmigung von Irving und Michael Stenger sei unerlässlich gewesen, da sie mehrheitlich im Capitol Police Board die US-Kapitolspolizei beaufsichtigen und alle derartigen Anträge genehmigen müssen. Sunds Ansicht nach hätte der Einsatz der Nationalgarde am 6. Januar einen „entscheidenden Schachzug“ bedeutet.

Gespräch zwischen Sund und Irving

„Ich ging um 09:24 Uhr morgens wieder in sein [Irvings] Büro […] und sagte sofort: ‚Hey, ich würde gerne die Nationalgarde zu meiner Unterstützung hinzuziehen, damit sie mir an der Absperrung helfen. Denn wenn wir eine gemeinsame Kongresssitzung haben, brauchen wir eine Menge unseres Personals im Inneren‘“, sagte Sund aus.

„Als ich ihn fragte, war seine sofortige erste Antwort: ‚Ich weiß es nicht. Mir gefällt das von der Optik her nicht‘“, so Sund. „Und seine zweite Antwort war: ‚Außerdem sprechen die Geheimdienstinformationen nicht dafür.‘“

Irving habe ihm gesagt, er solle mit Stenger über die Idee sprechen, was er dann rund zwei Stunden später bei einem Treffen tat.

Stengers Reaktion war eher ablehnend: „Wissen Sie, lassen Sie sich etwas anderes einfallen“, soll er laut Sund gesagt haben.

Stenger schlug ihm vor, sich an das Pentagon zu wenden, um herauszufinden, wie schnell die Garde in einem Notfall reagieren könnte.

„Also rief ich [Armeegeneral] William Walker um 18:14 Uhr an diesem Abend an“, erzählte Sund. „Er sagte mir, dass sie 125 Leute haben, die bei einem COVID-Einsatz helfen. Sobald er die Genehmigung des Verteidigungsministers hätte, könnte er sie relativ schnell umverteilen und rüberschicken.“

„Ich war fassungslos“

Sund wurde vom Ausschussvorsitzenden Barry Loudermilk gefragt, ob Irving Stenger darüber informiert haben könnte, dass Sund die Nationalgarde anfordern wollte, was dieser bejahte.

Während eines Mittagstreffens am 8. April 2021 fragte Sund ihn: „Herr Stenger, Sie haben mir diese Antwort ziemlich schnell gegeben, damit ich General Walker anrufen kann.“ Stenger habe ihm dann erzählt, dass Paul Irving ihn vorher angerufen hatte und sagte: „Sund kam hierher, um nach der Nationalgarde zu fragen, und bat um die Nationalgarde. Wir müssen uns einen anderen Plan einfallen lassen. Pelosi wird sich niemals darauf einlassen.“

„Ich war fassungslos, als er das sagte“, erklärte Sund Loudermilk.

Stenger war vom damaligen republikanischen Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, in sein Amt berufen worden. Am 27. Juni 2022 verstarb er nach längerer Krankheit und kann daher nicht befragt werden.

Der von Pelosi ernannte Irving, der aber auch unter republikanischen Sprechern des Repräsentantenhauses diente, konnte für eine Stellungnahme nicht erreicht werden. Loudermilk zufolge soll er aber vor dem Ausschuss aussagen.

Trump macht Pelosi verantwortlich

Bei einem Auftritt in der NBC-Sendung „Meet the Press“ sagte Ex-Präsident Trump: „Ich habe dem Bürgermeister von Washington, D.C. und Nancy Pelosi, beiden, 10.000 Menschen angeboten […] und sie haben es rundweg abgelehnt.“

„Der Polizeipräsident der Kapitolspolizei […] sagte, er wolle es. Und Nancy Pelosi wollte es nicht akzeptieren. Sie ist für den 6. Januar verantwortlich.“

Trumps ehemaliger Berater Kash Patel bestätigte das der Epoch Times im Juli 2022. Demnach habe Trump die Entsendung von bis zu 20.000 Soldaten der Nationalgarde einige Tage vor dem 6. Januar genehmigt. Das Angebot über die Truppen sei von der Bürgermeisterin von Washington, D.C., Muriel Bowser, und von Pelosi abgelehnt worden.

Nach dem Posse-Comitatus-Gesetz von 1878 darf das US-Militär im Inland nicht zur Durchsetzung von Gesetzen oder zur Aufrechterhaltung der Ordnung eingesetzt werden. Teilzeit-Bürgersoldaten dürfen nur unter bestimmten Bedingungen eingesetzt werden. Damit die Garde eingesetzt werden kann, müssten laut dem Obersten Gerichtshof zwei Dinge passieren, sagte Patel, Host von „Kash’s Corner“ von EpochTV.

Erstens müsse der Präsident der Vereinigten Staaten den Einsatz der Nationalgarde genehmigen, nicht anordnen. Zweitens müsste das jeweilige Staatsoberhaupt – also der Gouverneur oder in diesem Fall Bürgermeisterin Bowser, weil es sich um Washington, D.C. handelt, – die Nationalgarde anfordern oder eben auch die Strafverfolgungsbehörden.

Die Polizei eilte zu Hilfe

Nachdem Sunds Ansuchen um die Hilfe der Nationalgarde abgelehnt wurde, kontaktierte er das Metropolitan Police Department (MPD) und bat es, Beamte in der Nähe des Kapitols zu postieren, falls es zu Gewaltausschreitungen komme.

Als Sund am 6. Januar um 12:55 Uhr Hilfe vom MPD anforderte, „war das MPD innerhalb von Minuten vor Ort und unterstützte meine Beamten dabei, die Stellung zu halten und den Einbruch in das Gebäude zu verzögern“, sagte Sund vor dem Ausschuss.

„Die Entscheidung, sich an das MPD zu wenden, erwies sich als entscheidend für den Schutz der Kongressmitglieder Minuten nach dem Beginn des Angriffs.“

Um 12:53 Uhr, fünf Minuten nachdem eine Menschenmenge die erste Polizeilinie in der Nähe des Friedensdenkmals an der Westfront des Kapitols durchbrochen hatte, rief Sund nach eigenen Angaben Irving an und bat erneut darum, die Nationalgarde zum Kapitol zu schicken.

„Es geht um Leben und Tod“

Dieser soll geantwortet haben: „Lassen Sie mich die verantwortlichen Stellen kontaktieren, und ich melde mich bei Ihnen“, sagte Sund. „Es dauerte 71 Minuten, bis die Genehmigung endlich kam. Seine Anfrage machte er um 12:58 Uhr und um 14:09 Uhr erhielt er die Genehmigung für die Nationalgarde. Sund sagte, er habe es so verstanden, dass Irving die Zustimmung von Pelosi benötigte.

Während dieser 71-minütigen Wartezeit rief Sund nach eigenen Angaben elfmal beim Sergeant-at-Arms an – „alle paar Minuten –, um herauszufinden, wo zum Teufel meine Genehmigung für die Nationalgarde war“.

Zwanzig Minuten bevor er die Genehmigung für die Hilfe der Garde erhielt, rief Sund nach eigenen Angaben das Pentagon an.

„Ich konnte nicht länger warten. Ich hatte so lange auf die Genehmigung durch das Board der Kapitolpolizei gewartet, sowohl von Irving als auch von Stenger“, sagte Sund. „Um 13:51 Uhr rief ich William Walker an, ohne überhaupt eine Vollmacht zu haben, und sagte: ‚Bitte […] schicken Sie mir alles, was Sie haben. Es geht um Leben und Tod.‘“

Sund sagte aus, dass er vom Pentagon keine Unterstützung erhielt, selbst nachdem er die Genehmigung erhalten hatte, Truppen der Garde anzufordern.

„Nachdem ich die Genehmigung erhalten hatte, die Nationalgarde anzufordern, musste ich die Beamten des Pentagons anflehen, uns Hilfe zu schicken“, sagte Sund. „Wiederholt wurde mir die Hilfe von Armeegeneralleutnant [Walter] Piatt mit der Begründung verweigert, dass die Nationalgarde auf dem Capitol Hill ein schlechtes Bild abgäbe.

Nationalgarde kam, als alles vorbei war

Die Nationalgarde von Washington, von denen viele in Sichtweite des Kapitols standen, und die sich als „Wächter des Kapitols“ bezeichnen, traf erst gegen 18:00 Uhr ein, nachdem die Ausschreitungen beendet und das Gelände des Kapitols gesichert waren.

Sund sagte, er habe um 13:51 Uhr das National „Capitol Region Mutual Aid Agreement“ aktiviert. „Meine Anrufe bei meinen Partner-Polizeibehörden führten dazu, dass Hunderte Polizeibeamte aus der gesamten National-Capital-Region und sogar aus New Jersey zu Hilfe kamen“, sagte er.

Die Staatspolizei von New Jersey traf vor der Nationalgarde von Washington, D.C. am Kapitol ein, sagte er.

Der republikanische Abgeordnete und Vorsitzende des Verwaltungsausschusses des Repräsentantenhauses, Bryan Steil, sagte, Irving habe zuvor ausgesagt, dass er seine Zustimmung gegeben habe, als Sund ihn am 6. Januar das erste Mal wegen der Gardetruppen angerufen habe.

„Das ist falsch“, sagte Sund. „Als ich um 12:58 Uhr das erste Mal anrief, sagte ich ganz klar: ‚Wir brauchen die Garde jetzt.‘ Ich glaube, wir sagten: ‚Ich glaube, wir kriegen den Hintern versohlt.‘“

Sunds Verärgerung über das Versäumnis, die Nationalgarde rechtzeitig zum Kapitol zu schicken, war bei der Anhörung noch deutlich zu spüren. Er beschrieb die Situation als „unvertretbar“ und „unbegreiflich“.

„Die Nationalgarde, die nur zwei Meilen von unserem Hauptquartier entfernt ist, saß da und wartete darauf, dass die Abendcrew eintrifft“, sagte Sund aus. „Während das Pentagon immer noch Ressourcen schickte, um die Häuser der Generäle zu schützen, schickte man mir niemanden, um meinen Männern und Frauen zu helfen.“

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: National Guard Refused on Jan. 6 Because ‚Pelosi Would Never Go for It‘: Former Capitol Police Chief. (deutsche Bearbeitung nh)



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