Exil-Tibeter in der Schweiz beklagen erhöhten Druck aus China – Nachrichtendienst bestätigt Beeinflussung

Tibetische Organisationen in der Schweiz beklagen, dass sie durch die chinesische Regierung zunehmend überwacht und systematisch eingeschüchtert werden.
Titelbild
Ein tibetischer Aktivist während eines Protestes gegen den Besuch des chinesischen Premierministers Li Keqiang 2013 in der Schweiz.Foto: FABRICE COFFRINI/AFP/Getty Images
Epoch Times17. Juli 2019

In zwei Briefen an den Schweizer Bundespräsidenten kritisieren tibetische Organisationen, dass „die Anstrengungen der chinesischen Regierung, ihren politischen Einfluss weltweit auszuweiten, in der Schweiz deutlich spürbar sind“, berichtet „NZZ-Online“.

Die tibetische Exilgemeinschaft in der Schweiz würde durch die chinesische Regierung zunehmend überwacht und systematisch eingeschüchtert werden, heißt es weiter. Diese Einschüchterungen seien vor allem an Kundgebungen spürbar. Aber auch auf digitalem Weg würde zunehmend eine Kontrolle stattfinden, erklären die Exil-Tibeter.

Unterdrückung nach dem Vorbild der Kulturrevolution in Tibet. Tibetische Mönche nach der Verhaftung durch chinesische Sicherheitskräfte. Foto: Chinesisches Militär-Forum

Unterzeichnet sind die Briefe, von den Präsidenten und Präsidentinnen der drei wichtigsten Tibet-Organisationen in der Schweiz, wie die „NZZ-Online“ berichtet. Das schweizer Außenministerium – Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) – hat angekündigt, sich mit Vertretern der Tibeter zu einem Gespräch zu treffen.

Schweizer Behörden bestätigen Druck auf Exil-Tibeter

Das China Druck auf die tibetische Exilgemeinschaft ausübt bestätigen auch offizielle Stellen. So erklärte Isabelle Graber, Sprecherin des Nachrichtendienstes des Schweizer Bundes, dass das „selbstbewusste und fordernde“ Verhalten Chinas, unter anderem in Bezug auf die tibetische Exilgemeinschaft in der Schweiz, spürbar sei. Offizielle Empfänge des Dalai Lama würden von China in keiner Weise mehr geduldet und mit verschiedenen Maßnahmen rückwirkend geahndet, zitiert die Zeitung die Sprecherin. Zudem versuchten die chinesischen Behörden, durch Interventionen bei den Regierungen der jeweiligen Länder Demonstrationen von Tibetern frühzeitig zu unterbinden.

Mehrere Tibeter wurden von der Polizei verletzt. Foto: Screenshot von der Webseite rfa.org

Verteidigungsministerin Viola Amherd, zu deren Departement der Nachrichtendienst gehört, sagte im März in Bezug auf die exiltibetische Gemeinschaft in der Schweiz:

Die Überwachung von im Exil lebenden Gemeinschaften in der Schweiz verletzt die Souveränität sowie die demokratischen Werte der Schweiz. Der Nachrichtendienst verfolgt diese Aktivitäten sehr genau.“

Tibeter in der Schweiz berichteten davon, dass sie in der Öffentlichkeit von chinesisch aussehenden Personen fotografiert würden, wie zum Beispiel Mönch Golog Jigme Gyatso. Oder das Termine zwischen schweizer Abgeordneten und tibetischen Aktivisten kurzfristig abgesagt wurden, wobei vermutet wird, dass von chinesischer Seite Einfluss genommen wurde.

Politiker wurden bedrängt, sich nicht mit dem Dalai Lama zu treffen

Deutlich wurde der Druck aus China auch, als der Dalai Lama, das geistige Oberhaupt der Tibeter, im September 2018 die Schweiz besuchte. In Winterthur und Bülach wurde der Dalai Lama damals von zahlreichen Politikern begrüßt, wie beispielsweise dem Zürcher Regierungsrat Mario Fehr (sp.) und dem Winterthurer Stadtpräsidenten Michael Künzle (cvp.). Die NZZ berichtete unter Berufung auf eine anonyme Quelle, dass chinesische Vertreter vor diesen Treffen mehrere dieser Politiker kontaktiert und ihnen dringend davon abgeraten hätten, den Dalai Lama offiziell zu begrüßen. Die Quelle bezeichnete das Vorgehen der Kommunistischen Partei Chinas als „Einschüchterungsversuch“.

Unterdrückung nach dem Vorbild der Kulturrevolution in Tibet. Tibeter werden von chinesischen Sicherheitskräfte gebeugt weggebracht. Foto: Chinesisches online Militär-Forum

Die NZZ berichtet zudem über einen Tibeter – der mittlerweile einen schweizer Pass besitzt – der aussagte, dass die chinesische Botschaft über zahlreiche Tibeter in der Schweiz ganz genau Bescheid wisse. Diese Person vermutet, dass die Botschaft ein Netzwerk von Spitzeln in der Schweiz aufgebaut hat. Die Überwachungen fänden aber zunehmend auch im digitalen Raum statt, so Angela Mattli von der Gesellschaft für bedrohte Völker.

Die Taktik ist demnach eindeutig: durch Überwachungen, Schikanen und Repressionen soll Druck erzeugt werden. Doch dieser Druck soll nicht nur die Tibeter, die im Exil leben treffen, sondern auch potenzielle Unterstützer, Sympathisanten und Menschen, die sich für die Rechte der Tibeter einsetzen wollen.

Chinesische Botschaft weist Vorwürfe zurück

Laut Vertretern der chinesischen Botschaft in Bern, seien die Vorwürfe „erfunden“ und würden jeder Grundlage entbehren. Der chinesische Botschafter Geng Wenbing schrieb jedoch im April in einem Gastbeitrag in der „Weltwoche“:

Unter dem Schutz des Vaterlandes wird sich Tibet schneller und besser entwickeln.“

Womit er darauf anspielte, dass Tibet weiterhin der vollständigen Kontrolle der Kommunistischen Partei Chinas unterliegen soll.

Zurzeit stellen in der Schweiz pro Monat zwischen 15 und 25 Tibeter ein Asylgesuch. Rund 15 Prozent von ihnen werden gemäß Asylstatistik als Flüchtlinge anerkannt, rund 65 Prozent erhalten eine vorläufige Aufnahme. Rund 20 Prozent von ihnen werden aus der Schweiz ausgewiesen. Bei ihnen soll es sich hauptsächlich um tibetische Asylsuchende handeln, von denen das Staatssekretariat für Migration glaubt, sie seien nicht aus China, sondern aus Indien oder Nepal in die Schweiz geflüchtet, schreibt die NZZ.

Schweiz arbeitet eng mit China zusammen

Auf der anderen Seite arbeitet die Schweiz eng mit China zusammen. Trotz Gesprächen auf höchsten Ebenen zwischen den USA und der Schweiz, in Bezug auf die umstrittene 5G-Technik und die damit verbundenen Sicherheitsbedenken, wird in der Schweiz auf chinesische Huawei-Technik gesetzt. So liefert Huawei dem zweitgrößten Mobilfunkkonzern „Sunrise“ die Technologie für sein superschnelles 5G-Netz. „Swisscom“ als größter schweizer Telekommunikationskonzern lässt sich durch Huawei Bestandteile für das Festnetz liefern.

Der schweizer Bund verweist darauf, dass ein rechtlicher Einfluss auf die Telekommunikation gesetzlich nicht gegeben ist. Gemäss dem Fernmeldegesetz steht es den Telekomkonzernen frei, mit wem sie beispielsweise beim Aufbau des 5G-Mobilfunknetzes zusammenarbeiten. Es heißt seitens des Bundesamtes für Kommunikation, dass die Mobilfunkfirmen für die Integrität und Sicherheit ihrer Netze verantwortlich sind.

Dem chinesischen Konzern Huawei wird von verschiedenen Seiten eine Nähe zur Regierung in Peking bescheinigt. Mehrere Länder haben dadurch Bedenken, dass der Konzern mit chinesischen Behörden zusammenarbeitet und die eigenen technischen Möglichkeiten für Spionageaktivitäten nutzen oder zur Verfügung stellen könnte. Huawei dementiert die Staatsnähe und weist alle Sicherheitseinwände zurück.

Schweiz unterzeichnet mit China „Memorandum of Understanding“ zum Seidenstraßen-Projekt

Die Schweiz war eines der ersten westlichen Länder, die im Zuge der Belt-and-Road-Initiative, also dem neuen chinesischen „Seidenstraßen“-Projekt, ein „Memorandum of Understanding“ mit China unterzeichnete.

Ende April wurde die schweizer Delegation mit Bundespräsident Ueli Maurer im Rahmen des „Belt-and-Road-Forum“ in Peking von dem chinesischen Machthaber Xi Jinping mit militärischen Ehren empfangen, während beispielsweise die Österreicher – dessen alte Regierung ebenfalls viele Allianzen (auch beim neuen Seidenstraßen-Projekt) mit der kommunistischen Regierung in China auf den Weg gebracht hat – „nur“ einen offiziellen Besuch in der chinesischen Hauptstadt bekam.

Der chinesische Präsident Xi Jinping (C), (nebenan seine Frau Peng Liyuan) mit verschieden Staatsführern und Führungskräfte internationaler Organisationen posieren für eine Gruppenfoto bei einem Willkommensbankett für das Belt and Road Forum in Peking am 26. April 2019. Foto: JASON LEE/AFP/Getty Images

Hier sagte Bundespräsident Maurer in seiner kurzen Ansprache, dass er überzeugt sei, dass dieser Tag allen unvergessen in Erinnerung bleiben werde. Zudem betonte er die Gemeinsamkeiten wie Fleiss und Innovationskraft beider Völker. Die Gespräche mit Xi seien, so Maurer, „harmonisch“ verlaufen und man habe offene Fragen weitgehend geklärt, berichtet NZZ.

Im NZZ-Interview sagte Bundespräsident Maurer zur „Belt and Road“-Initiative, dass es wohl das grösste Investitionsprojekt unseres Jahrhunderts sei. Er sehe, dass durch dieses Projekt die Weltwirtschaft wachsen würde. „Wo Wohlstand entsteht, gibt es weniger Kriege“, so Mauerer.

„One Belt, One Road“-Initiative – Chinas Strategie zur Eroberung von Territorium

Kritiker sehen das neue Seidenstraßen-Projekt als eine Strategie zur Eroberung von Territorium, die als Globalisierung getarnt wird. Es gibt Seerouten, Landrouten und eine „Digitale Seidenstraße“, die eine weltweite Kommunikations-Infrastruktur beinhalten.

Dazu heißt es in der Artikelserie „Wie der Teufel die Welt beherrscht“:

„Das erste Ziel von ‚One Belt, One Road‘ (OBOR) ist es, die chinesischen Überkapazitäten durch den Aufbau von Basisinfrastruktur wie Eisenbahnen und Autobahnen in andere Länder zu exportieren. Diese Länder sind reich an Ressourcen und Energie. Indem sie ihnen beim Aufbau der Infrastruktur hilft, erreicht die KP China zwei sekundäre Ziele. Zum einen geht es darum, Wege zu öffnen, um die einheimischen Produkte kostengünstig nach Europa zu liefern. Zum anderen geht es darum, sich die strategischen Ressourcen der Länder, die an der ‚Neuen Seidenstraße‘ teilnehmen, zu sichern. Die KP China beabsichtigt ihre eigenen Exporte zu steigern. Sie beabsichtigt nicht, den Staaten entlang des „Belt and Road“ beim Aufbau einer eigenen verarbeitenden Industrie zu helfen – die KP China würde die chinesische Industrie nicht aufgeben. (…) Das eigentliche Ziel von „One Belt, One Road“ ist es jedoch, mit den wirtschaftlichen Mitteln als Wegbereiter die Kontrolle über die finanziellen und politischen Lebensadern anderer Länder zu erlangen und sie in ihrer globalen Strategie in Kolonien der KP China zu verwandeln. Zu den Begleiterscheinungen der OBOR-Programme gehört der Import aller bösartigen Aspekte des Kommunismus: Korruption, Schulden und totalitäre Repression. Das Projekt ist eine irreführende Falle, die seinen Nutzern keinen dauerhaften wirtschaftlichen Wohlstand bringen wird.“ (er)



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