Finnischer EU-Vorsitz: Keine Brexit-Einigung mit London in Sicht

Nach Ansicht des finnischen EU-Vorsitzes Antti Rinne ist keine Einigung mit Großbritannien in Sicht, um einen ungeregelten Brexit noch zu verhindern.
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Antti Rinne, Vorsitzender der finnischen Sozialdemokraten,sieht keine Chancen für einen geregelten Brexit.Foto: Heikki Saukkomaa/Lehtikuva/dpa
Epoch Times6. September 2019

Nach Ansicht des finnischen EU-Vorsitzes ist keine Einigung mit Großbritannien in Sicht, um einen ungeregelten Brexit noch zu verhindern. Er hoffe, dass „Chaos“ verhindert werden könne, „aber das scheint jetzt nicht möglich“, sagte Regierungschef Antti Rinne am Freitag in Helsinki.

Wir wissen nicht was dort passiert. Es scheint sehr offensichtlich, dass wir keinen Brexit mit einer Vereinbarung bekommen.“

Rinne äußerte sich nach einem Treffen mit EU-Parlamentspräsident David Sassoli und den Vorsitzenden der Parlamentsfraktionen in der finnischen Hauptstadt. Sassoli sagte, die EU wolle das mit London ausgehandelte Austrittsabkommen „verteidigen“. Es sei „der bestmögliche Deal“. Die EU sei aber offen für Vorschläge aus London.

Der neue britische Premierminister Boris Johnson will das Abkommen wieder aufschnüren und insbesondere die umstrittene Auffanglösung zur Grenze zu Nordirland daraus wieder streichen. Rinne bekräftigte am Freitag die EU-Position, dass die anderen Mitgliedstaaten das Austrittsabkommen nicht nochmals aufmachen würden.

Nach einer turbulenten Woche im britischen Brexit-Drama steht Premierminister Boris Johnson ohne Parlamentsmehrheit da. Auch Neuwahlen konnte er bisher nicht durchsetzen. Bis zum geplanten EU-Austritt am 31. Oktober sind nun weiter viele Szenarien möglich:

Vorgezogene Neuwahlen

Für eine vorgezogene Neuwahl ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament erforderlich. Am Mittwoch scheiterte Johnson mit einem Antrag auf Neuwahlen am 15. Oktober, weil sich die Labour-Partei enthielt. Die Opposition fordert, zuerst einen Gesetzentwurf durchs Parlament zu bringen, der eine Brexit-Verschiebung bis zum 31. Januar vorsieht, sollte es bis zum 19. Oktober keine Einigung mit der EU auf ein Abkommen geben.

Um doch noch Neuwahlen durchzusetzen, gab die Regierung am Donnerstag ihren Widerstand gegen das Gesetz auf. Es soll nun am Montag in Kraft treten. Noch am selben Tag will Johnson erneut über Neuwahlen abstimmen lassen.

Ob Labour Johnsons Neuwahl-Plan dann unterstützt, ist aber nicht sicher. Die Opposition könnte auch auf einen späteren Wahltermin pochen, etwa im November. Viele Labour-Abgeordnete wollen abwarten, bis Johnson die Brexit-Verschiebung in Brüssel beantragt hat – auch weil sie auf eine Schwächung des Brexit-Hardliners hoffen.

Wenn sich Labour weiter querstellt, hat Johnson aber noch andere Optionen, um Neuwahlen erzwingen: Er könnte etwa ein Misstrauensvotum gegen seine eigene Regierung ansetzen oder das Gesetz zur Ansetzung von Neuwahlen ändern. Dafür wäre im Parlament nur eine einfache Mehrheit erforderlich.

Brexit ohne Abkommen

Der am Mittwoch vom Unterhaus verabschiedete Gesetzentwurf macht einen EU-Austritt ohne Abkommen zwar unwahrscheinlicher, ganz ausgeschlossen ist ein No-Deal-Brexit aber nicht.

Das Gesetz setzt der Regierung eine Frist bis zum 19. Oktober. Wenn das Parlament bis zu diesem Datum kein Abkommen mit der EU abgesegnet hat, muss die Regierung in Brüssel beantragen, das Austrittsdatum auf den 31. Januar zu verschieben.

Als Ausnahme wird in dem Entwurf die Möglichkeit genannt, dass das Parlament einem No-Deal-Brexit zustimmt – dies ist aber äußerst unwahrscheinlich, weil die Mehrheit der derzeitigen Abgeordneten dagegen ist. Johnson setzt aber darauf, bei Neuwahlen eine neue Parlamentsmehrheit für einen harten Brexit zu bekommen.

Wenn es keine Neuwahlen gibt, will Johnson unter keinen Umständen eine weitere Brexit-Verschiebung beantragen. Auch die Staats- und Regierungschefs der anderen 27 EU-Mitgliedstaaten müssten einem erneuten Aufschub zustimmen – theoretisch können sie ihn auch ablehnen.

Brexit mit Abkommen

Johnson fordert eine Neuverhandlung des von seiner Vorgängerin Theresa May ausgehandelten Austrittsabkommens. Er will vor allem erreichen, dass die EU auf die sogenannte Backstop-Regelung zu Nordirland verzichtet, die Großbritannien auch nach dem Brexit bis auf weiteres in einer Zollunion mit der EU halten würde. Die EU will am Backstop festhalten und wirft London vor, bisher keinen belastbaren Alternativplan vorgelegt zu haben.

Johnson spekuliert nun auf den EU-Gipfel am 17. und 18. Oktober. Er setzt darauf, die EU mit der Aussicht auf einen unmittelbar bevorstehenden harten Brexit zu Kompromissen zu zwingen. Auch eine erneute Abstimmung über Mays Abkommen, das im britischen Parlament bereits drei Mal durchgefallen ist, gilt als möglich.

Brexit-Verschiebung

Der in dieser Woche vorgelegte Gesetzentwurf sieht eine Verschiebung bis zum 31. Januar vor. Falls bis dahin immer noch kein Abkommen zu Stande gekommen ist, sieht das Gesetz weitere Verlängerungen vor. Johnson sieht darin die Gefahr, dass der Brexit „um Jahre“ hinausgezögert wird.

Brexit-Absage

Dieses Szenario gilt als das unwahrscheinlichste, ganz ausgeschlossen ist es aber nicht: Oppositionsführer Jeremy Corbyn hat im Falle eines Labour-Wahlsiegs ein zweites Referendum versprochen. (afp/sua)



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