Orban: Es gibt einen Unterschied zwischen „Migranten“ und „Flüchtlingen“
Mit offenen Armen nehmen viele osteuropäische Länder die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine auf. Länder wie Bulgarien oder die Republik Moldau, die seit Jahren massiv von Abwanderung betroffen sind, sehen in den Flüchtlingen auch willkommene Arbeitskräfte. Viele Ukrainer seien gut qualifiziert und könnten den Mangel an Fachkräften lindern, sagt Sieglinde Rosenberger von der Universität Wien. Sie und andere Experten befürchten aber, dass die Willkommenskultur enden könnte, wenn die Integration nicht gelingt.
Rund 2,5 Millionen Menschen sind nach Angaben der UNO bereits aus der Ukraine geflohen, mehr als die Hälfte von ihnen nach Polen. Zehntausende weitere flohen nach Moldau, Bulgarien, Ungarn und Rumänien.
Moldau, das zwischen der Ukraine und Rumänien liegt und selbst nur 2,6 Millionen Einwohner hat, hat bereits um Hilfe bei der Versorgung der rund 100.000 Kriegsflüchtlinge dort gebeten. „Wir werden Hilfe brauchen, um mit diesem Zustrom fertig zu werden, und zwar schnell“, sagte Ministerpräsidentin Natalia Gawrilita bei einem Treffen mit US-Außenminister Antony Blinken vor wenigen Tagen.
Baerbock zu Besuch in Chisinau
Bundesaußenministerin Baerbock (Grüne) sagte der ehemaligen Sowjetrepublik bei einem Besuch in Chisinau am Samstag umfassende Hilfen zu. In einem ersten Schritt werde Deutschland 2500 Ukrainer direkt aufnehmen, sagte Baerbock bei einem Treffen mit ihrem moldauischen Kollegen Nicu Popescu. Die EU habe als Soforthilfen für Moldau bereits fünf Millionen Euro bereitgestellt, hinzu kämen drei Millionen Euro von Deutschland.
Bulgarien, das ärmste Land der EU, hat etwa 20.000 Menschen aus der Ukraine aufgenommen. Sollte die russische Armee die Stadt Odessa am Schwarzen Meer erobern, dürften es noch erheblich mehr werden.
Bulgariens Bevölkerung ist seit der Wende von fast neun Millionen auf 6,5 Millionen geschrumpft. Viele Menschen wanderten aus, um anderswo in Europa zu arbeiten. Nun herrscht ein riesiger Fachkräftemangel – und viele Ukrainer sind „intelligent, gebildet und hochqualifiziert“, wie Ministerpräsident Kiril Petkow sagte.
Der bulgarische Arbeitgeberverband erklärte, seine Mitglieder könnten bis zu 200.000 Ukrainer beschäftigen. Besonders gefragt sind demnach Menschen, die bulgarischer Herkunft sind oder zumindest Bulgarisch sprechen. Vor allem die IT-, Textil-, Bau- und Tourismusbranche wollen zehntausende Menschen einstellen.
„Flüchtlinge können jede Hilfe bekommen“
Auch Ungarn, das ebenfalls mit Arbeitskräftemangel zu kämpfen hat, nimmt die Ukrainer gerne auf. Ministerpräsident Viktor Orban sagte, es gebe einen Unterschied zwischen Migranten aus Afrika oder dem Nahen Osten und „Flüchtlingen“ aus der Ukraine. „Flüchtlinge können jede Hilfe bekommen“, versprach er.
Ob die Ukrainer in Moldau, Bulgarien und Ungarn bleiben werden, ist aber ungewiss. Viele ziehen in andere europäische Länder weiter, wo sie Verwandte haben oder bessere Chancen sehen.
Einige Experten bezweifeln zudem, dass die wirtschaftsschwachen osteuropäischen Länder den Ansturm bewältigen können. Auch in Polen, wo die Hilfsbereitschaft bisher riesig ist, könnte die Herausforderung zur Überforderung werden. Unter den Flüchtlingen sind viele Kinder und alte Menschen, die gar nicht arbeiten können.
Der Migrationsexperte Brad Blitz vom University College in London befürchtet, dass es „ein Problem“ werden könnte, die große Zahl von Ukrainern in Europa zu integrieren. Die eigentliche „Zerreißprobe“ stehe noch bevor. (afp/red)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion