Flüchtlingskrise noch lange nicht vorbei – Tausende kommen jetzt über Marokko

Abertausende Afrikaner strömen weiter nach Europa. Schlepper-Netzwerke verdienen Millionen. Inzwischen soll es sogar ein "All-inklusive-Angebot" von Guinea über Marokko nach Spanien geben, für 4500 Euro.
Epoch Times22. November 2017

Als Italien auf eigene Faust einen Deal mit Libyen aushandelte, um die Flüchtlingsroute nach Europa zu schließen, dachte so mancher, das Problem mit afrikanischen Migranten habe sich erledigt. Weit gefehlt.

Afrikas Nordküste ist groß, und wenn irgendwo eine Tür zugeht, dann geht woanders wieder eine auf. So ist es jetzt offenbar in Marokko.

Dieses Jahr sind bereits dreimal so viele Migranten mit dem Boot nach Spanien gekommen, als letztes Jahr – fast 18.000. Es liegen nur 14 Kilometer zwischen Marokko und dem europäischen Festland.

Flüchtlingsdeal zwischen Marokko und Spanien wird „löchrig“

In den letzten zehn Jahren waren verhältnismäßig wenig Flüchtlinge illegal nach Spanien gekommen, da Madrid eine Art Flüchtlingsdeal mit Marokko geschlossen hatte. Seitdem waren marokkanische Sicherheitskräfte deutlich stärker gegen Schlepper vorgegangen.

In den letzten Jahren verlagerten die Schlepper die Fluchtroute gen Libyen und brachten fast 200.000 Menschen von dort nach Italien. Nach dem Sturz des libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi nutzten die Kriminellen das dort entstandene Machtvakuum.

Alfred Hackensberger schreibt in einem ausführlichen Bericht in der „WELT“, dass „Rom Geld und Hilfsgüter in Millionenhöhe an die libysche Regierung gegeben hat“. In den Deal seien „jene Milizen eingebunden, die früher am Menschenschmuggel verdienten“, weiß er.

Nun kämen kaum noch Migranten auf dieser Route, sie würden wohl auch von der Lage in Libyen selbst abgeschreckt werden, meint Hackensberger. „Das Land ist im Bürgerkrieg. Afrikaner werden dort als Sklaven gehalten, gefoltert und ermordet.“

Flüchtlingsansturm in Marokko war absehbar

Laut Hackensberger hätten Migrationsexperten den Anstieg der Flüchtlinge in Marokko schon erwartet.

Im Gespräch mit einem ehemaligen Flüchtling aus Kamerun, der in der marokkanischen Stadt Tanger hängen geblieben ist, und dort afrikanischen Migranten hilft, erfährt er, wie stark der Menschenhandel in Afrika floriert. Die enorm gestiegene Nachfrage nach einem Platz auf einem Boot nach Europa habe die Preise in die Höhe getrieben, erzählt er. Vor wenigen Monaten habe ein Platz noch 1000 Euro gekostet, inzwischen sind es 3000 Euro und mehr, sagt der Kameruner gegenüber Hackensberger.

Man könne mit mehreren hundert Flüchtlingen schon eine Million verdienen – „wer soll sich so etwas entgehen lassen“, meint der Kameruner. Durch die hohe Nachfrage an Überfahren würden auch höhere Schmiergelder bezahlt. Und wer könne es einem einfachen Soldaten verdenken, wenn er einmal für eine halbe Stunde seinen Posten verlasse, so der Afrikaner.

Ein Flüchtlingsdeal zwischen Spanien und Marokko halte dann eben nur so lange, wie auch Beamte und Behörden an der afrikanischen Küste sich daran halten würden, schreibt Hackensberger. In Marokko scheint der Flüchtlingsdeal mit Spanien aber gerade „löchrig“ zu werden.

„All-Inklusive“ von Guinea nach Spanien

Wie ihm der Kameruner weiter erzählt, könne man in Guinea auch ein Pauschalreisepaket für 4500 Euro buchen. Das „All-inklusive-Angebot“ enthalte einen Flug nach Casablanca, die Abholung vom Flughafen, Unterbringung in einem Privathaus und Überfahrt nach Spanien. Das sei die Luxusvariante. „Sobald die Flüchtlinge auf der iberischen Halbinsel angekommen sind, geben sie zu Hause Bescheid und das Geld wird bezahlt,“ so der ehemalige Flüchtling.

Hackensberger schreibt weiter, „dass ‚Pauschalreisen‘ quer über den Kontinent nur mit der Infrastruktur einer international agierenden Mafia möglich“ seien. Womöglich docke der Menschenschmuggel an bestehende Netze an – Guinea sei berüchtigt als Umschlagplatz für Kokain und Heroin aus Südamerika. „Von Guinea aus werden Drogen auch nach Europa geschmuggelt“.

Aber auch von Algerien aus sollen inzwischen Flüchtlingsboote auslaufen. Das erfuhr Hackensberger von einer Aktivistin der spanischen Hilfsorganisation Caminando Fronteras.

Bisher seien auf den Booten aber nur Algerier gewesen, was für sie bedeute, dass die Schmuggler diese Route für sich noch nicht erschlossen hätten.

(mcd)



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