FPÖ-Chef Hofer bietet Kurz Koalition an – und würde dafür auch auf Kickl verzichten
Ursprünglich hatte der Bundesobmann der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), Norbert Hofer, nach dem schlechten Abschneiden seiner Partei bei der Nationalratswahl am 27. September erklärt, „keinen Auftrag des Wählers für eine Regierungspartei“ für die FPÖ zu sehen. Er wolle, erklärte er damals in einem Gespräch mit der „Neuen Kronen Zeitung“, die Partei auf den Gang in die Opposition vorbereiten.
Nur für einen Extremfall wollte er sich vorbehalten, von diesem Kurs abzuweichen – nämlich dann, wenn es der ÖVP unter Sebastian Kurz bis zum Frühjahr 2020 nicht gelungen sein sollte, eine Regierung zu bilden:
Sollten im Mai tatsächlich noch keine Regierung und wir kurz vor einer Staatskrise stehen, ist die Situation neu zu bewerten und zu besprechen. Aber das ist sehr unwahrscheinlich.“
„Österreicher waren sehr zufrieden mit der türkis-blauen Regierung“
Mai ist es zwar noch nicht, aber eine Föhnwetterlage sorgt in weiten Teilen Österreichs schon jetzt für deutlich zweistellige Temperaturen. Für Hofer offenbar Grund genug, mit einem verlockenden Angebot an die Bürgerlich-Konservativen in die gerade in der Intensivphase befindlichen schwarz-grünen Koalitionsverhandlungen zu grätschen.
In einem am Dienstag gesendeten Interview bei oe24.tv erklärte der FPÖ-Chef, vor zwei Wochen ein persönliches Vieraugengespräch mit Sebastian Kurz geführt zu haben. Darin habe er dem ÖVP-Chef signalisiert, für eine Fortsetzung der türkis-blauen Koalition zur Verfügung zu stehen, sollten die derzeit laufenden Koalitionsverhandlungen zu keinem Ergebnis führen:
Ich habe Sebastian Kurz in einem persönlichen Gespräch vor zwei Wochen gesagt, dass die FPÖ für eine Koalition zur Verfügung steht, wenn die Gespräche mit den Grünen scheitern.“
Regierungsverhandlungen könnten in diesem Fall sehr schnell abgeschlossen werden, meint Hofer: „Für Österreich wäre es am besten, das Regierungsprogramm, das wir gemeinsam mit Sebastian Kurz erarbeitet haben, abzuarbeiten und vielleicht noch ein paar Dinge dazuzunehmen. Die Österreicher waren sehr zufrieden mit dieser Regierung. Jetzt sieht das Bild völlig anders aus.“
Hofer muss keine Abspaltung mehr im Nationalrat befürchten
Einer Neuauflage von türkis-blau standen neben den Turbulenzen in der FPÖ selbst auch die Vorbehalte der ÖVP entgegen, noch einmal Herbert Kickl als Innenminister zu akzeptieren. Die FPÖ hatte im Wahlkampf deutlich gemacht, auf dieser Personalie zu bestehen, und auch der Parteivorstand hatte nach der Nationalratswahl für Kickl als Klubobmann im Parlament votiert.
Nun scheint Hofer jedoch bereit zu sein, auf einen Ministerposten für Kickl zu verzichten, um eine mögliche Koalition zu ermöglichen. Zumindest erklärte er, nicht um jeden Preis auf einem solchen zu bestehen. Gegenüber oe24 erklärte er:
Das wird eine Frage der Gespräche sein. Man wird sich zusammensetzen müssen und Dinge besprechen müssen.“
Am 4. Oktober 2019 schrieb die Epoch Times, dass ein solcher Schritt vonseiten Hofers zu schweren Verwerfungen in der Partei bis hin zu einer Palastrevolte führen könnte. Allerdings sei das Risiko einer massenhaften Abspaltung von FPÖ-Abgeordneten für Hofer kalkulierbar, da ein neuer Parlamentsklub aus „abtrünnigen“ Abgeordneten mit allen Rechten nur binnen eines Monats nach der konstituierenden Sitzung des neu gewählten Nationalrats erfolgen könne.
Diese Frist ist nun vorbei, Abgeordnete, die wie die Wiener Ex-FPÖ-Landtagsabgeordneten, die dort „Die Allianz für Österreich“ (DAÖ) gegründet hatten, den Klub verlassen, könnten für den Rest der Legislaturperiode nur als „wilde“ Abgeordnete im Parlament verbleiben.
Hat Kickl sich beim Strache-Rauswurf verspekuliert?
Ein Machtkampf zwischen Hofer und Kickl wäre im Moment so ziemlich das Letzte, was die FPÖ, die in Umfragen mittlerweile auf 14 Prozent zurückgefallen ist, derzeit brauchen könnte. Tendenzen in diese Richtung hatten sich bereits nach der Wahl gezeigt. Während Hofer sich zur Opposition bekannte, aber eine Hintertür zu einem möglichen Regierungseintritt offenhalten wollte, stünde Kickl für einen harten und prononcierten Oppositionskurs.
Dass die FPÖ ihren Ex-Chef Heinz-Christian Strache mit ausdrücklicher Billigung Kickls aus der Partei ausgeschlossen hatte, hat der Position des früheren Innenministers jedoch geschadet. Strache, der Hofer jüngst vorgeworfen hatte, einen Wahlkampf nach dem Motto „Wer will mich?“ [Anspielung auf den Namen der bekannten Tierecke im ORF der 1980er und 1990er Jahre; d. Red.] geführt zu haben, nur um sich nach der Wahl vor Regierungsverhandlungen zu drücken, wäre ein möglicher Verbündeter in einem solchen Machtkampf gegen Hofer gewesen.
Straches Anhängerschaft in der FPÖ ist immer noch groß – und Kickl scheint darauf gebaut zu haben, dass diese im Falle eines Ausschlusses des Ex-Chefs die neuen Realitäten in der Partei am Ende akzeptieren und ihn selbst als neuen Hoffnungsträger betrachten würde.
Die Mehrheit seiner Getreuen würde Kickl – wie schon seit 2005 – zwar bereitwillig als „rechte Hand“ Straches akzeptieren, aber nicht als Ersatz für diesen. Entsprechend neigen die Strache-Fans eher dazu, abzuwarten, ob der frühere Vizekanzler ein eigenes Projekt ins Leben ruft, als sich für Kickl in einem möglichen innerparteilichen Machtkampf mit Hofer in die Bresche zu werfen.
Baron: Strache würde einer „gut aufgestellten“ DAÖ zur Verfügung stehen
Unterdessen erklärte der Klubchef der DAÖ, Karl Baron, gegenüber dem „Standard“, er rechne damit, Strache als Spitzenkandidat für die Wien-Wahl 2020 gewinnen zu können. „Die Chancen stehen sehr gut“, meinte Baron vor Journalisten am Mittwoch vor Beginn eines Sonder-Landtags.
Dass Strache in der Vorwoche erklärt hatte, für ein Engagement in der DAÖ derzeit nicht zur Verfügung zu stehen, hält Baron für keine endgültige Absage. „Wir haben noch keine Büroräumlichkeiten, noch nicht einmal eine Homepage. Es ist klar, dass er jetzt einmal abwiegt“, meinte Baron, dass Strache nur für ein Projekt zur Verfügung stehe, das professionell und nachhaltig aufgezogen sei: „Das muss sitzen.“
Sollte es dazu kommen, würden voraussichtlich auch noch weitere Wiener FPÖ-Abgeordnete überwechseln. „Ich gehe davon aus, dass die Hälfte des Klubs mit der Entscheidung, Strache vor die Tür zu setzen, nicht zufrieden ist“, erklärt Baron. Vor Weihnachten werde allerdings „nichts mehr passieren“.
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