Kreml wirft Kiew Nutzung von Getreide-Seekorridor für militärische Zwecke vor

Nach fast einem Jahr ist das Abkommen zum Export von Getreide aus der Ukraine über das Schwarze Meer am Montagabend ausgelaufen. Die festgelegte Frist endete um 23.00 Uhr MESZ. Moskau ließ sich ein Hintertürchen für eine Fortsetzung offen.
Titelbild
Kräne im Getreideterminal des Hafens von Odessa, Ukraine am 10. April 2023. Von hier verschiffte die Ukraine Weizen im Rahmen des Getreideabkommens mit Russland.Foto: Bo Amstrup/Ritzau Scanpix/AFP via Getty Images
Epoch Times18. Juli 2023

Nach dem Auslaufen des Abkommens zur Ausfuhr von ukrainischem Getreide hat der Kreml schwere Vorwürfe gegen Kiew erhoben und zugleich vor „Sicherheitsrisiken“ bei einem neuen Getreideabkommen unter Ausschluss Russlands gewarnt. Es sei „kein Geheimnis mehr für irgendwen“ und „eine offensichtliche Tatsache“, dass die Ukraine den Seekorridor für den Getreideexport „für militärische Zwecke“ nutze, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Dienstag in Moskau.

Der Sprecher des russischen Staatschefs Wladimir Putin warnte die Ukraine davor, nach dem Auslaufen des Getreideabkommens ihren Export über das Schwarze Meer fortzusetzen. „Ohne angemessene Sicherheitsgarantien entstehen hier bestimmte Risiken“, sagte Peskow. Wenn in der Zukunft eine Vereinbarung „ohne Russland formalisiert“ werde, „dann sollten diese Risiken berücksichtigt werden“.

Nach fast einem Jahr ist das Abkommen zum Export von Getreide aus der Ukraine über das Schwarze Meer ausgelaufen. Die festgelegte Frist endete am Montag um 23.00 Uhr MESZ. Zuvor hatte Russland die Vereinbarung für vorläufig beendet erklärt – und damit empörte Reaktionen ausgelöst.

Das Abkommen sei „de facto beendet“, hatte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Montag gesagt. Russland wolle die Einigung aber „sofort“ wieder aufleben lassen, sobald die Abmachungen gegenüber der russischen Seite eingehalten würden.

Einen Tag nach dem Auslaufen des Getreideabkommens hat Russland auch die Sicherheitsgarantien für ukrainische Getreideexporte aufgehoben. Dies bedeute, dass es im Nordwesten des Schwarzen Meeres wieder „eine temporär gefährliche Zone“ gebe, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow nach Angaben seines Ministeriums am Dienstag in einem Telefonat mit seinem türkischen Kollegen Hakan Fidan. Das Koordinierungszentrum zur Umsetzung des Getreideabkommens erklärte Russland für aufgelöst.

US-Außenminister Blinken: Moskau nutzt „Lebensmittel als Waffen“

Das im Juli 2022 in Istanbul unterschriebene Getreideabkommen wurde bereits zweimal verlängert, zuletzt bis zum 17. Juli. Die Übereinkunft ermöglichte es der Ukraine, über das Schwarze Meer Getreide zu exportieren. Im zurückliegenden Jahr wurden so fast 33 Millionen Tonnen Getreide aus ukrainischen Häfen ausgeführt.

Die Nichtverlängerung des Abkommens durch Moskau zeige, „dass Russland sich nicht verantwortlich fühlt für ein gutes Miteinander in der Welt“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Brüssel. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) verurteilte die russische Ablehnung ebenfalls scharf. Putin setze „in seinem brutalen Angriffskrieg“ gegen die Ukraine „erneut Hunger als Waffe gegen die ganze Welt“ ein, sagte sie in New York.

US-Außenminister Antony Blinken sprach von einem „skrupellosen“ Vorgehen. Die Entscheidung Moskaus, „Lebensmittel als Waffen“ zu nutzen, werde die Lieferung von Lebensmitteln an Orte, die sie dringend benötigen, erschweren und zu höheren Preisen führen. Auch EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen verurteilte das „zynische“ Vorgehen Russlands „aufs Schärfste“.

Kiew allerdings will auch ohne das Abkommen mit Moskau seine Getreideexporte aufrecht erhalten. „Auch ohne die Russische Föderation muss alles dafür getan werden, dass wir diesen Schwarzmeerkorridor weiter nutzen können“, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in Onlinediensten.

Die Ukraine, die UNO und die Türkei könnten gemeinsam den Betrieb des Lebensmittelkorridors und die Kontrolle der Schiffe sicherstellen, erklärte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. „Wir sind von Unternehmen angesprochen worden, die Schiffe besitzen. Sie haben gesagt, dass sie bereit sind, die Transporte fortzusetzen“, fügte er hinzu.

(afp/red)



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