Griechische Presse sieht Tsipras daheim in Bedrängnis

Brüssel/Athen (dpa) - Griechenlands Medien sehen nach der jüngsten Annäherung im Schuldenstreit Regierungschef Alexis Tsipras in Erklärungsnot. Die konservative Zeitung „Kathimerini“ erwartet einen „Crash-Test für die Regierung“…
Titelbild
Die Fahnen von Griechenland und der EU. Auch die Griechen sind bezüglich des richtigen politischen Kurses ihrer Führung uneins.Foto: Simela Pantzartzi/dpa
Epoch Times23. Juni 2015
Griechenlands Medien sehen nach der jüngsten Annäherung im Schuldenstreit Regierungschef Alexis Tsipras in Erklärungsnot. Die konservative Zeitung „Kathimerini“ erwartet einen „Crash-Test für die Regierung“.

Tsipras müsse jetzt seinem Parlament und seiner Partei erklären, warum er von seinen Wahlversprechen so sehr abweiche, schreibt das Blatt.

Nach dem EU-Sondergipfel am Montagabend in Brüssel zeigte sich die griechische Regierung optimistisch. „Die Zeichen deuten darauf hin, dass wir ganz nahe an eine Übereinkunft sind“, sagte Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis am Dienstagmorgen in Athen.

Die griechische Zeitung „Ta Nea“ kritisierte, dass noch immer kein Wort über die Umstrukturierung des Schuldenberges gefallen sei. Tsipras stehe vor einer Konfrontation mit seiner Partei Syriza. Der Ministerpräsident muss für seine einschneidenden Sparmaßnahmen eine Mehrheit im griechischen Parlament finden.

Beim EU-Sondergipfel waren sich Griechenland und seine Geldgeber nähergekommen, eine Einigung steht aber noch aus. Die Beteiligten hoffen, dass es in dieser Woche zu einem Durchbruch kommt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Montag in Brüssel, sie hoffe, dass das für Mittwochabend anberaumte weitere Treffen der Finanzminister der Eurogruppe Ergebnisse verkünden könne. Am Donnerstag und Freitag kommt dann der reguläre EU-Gipfel mit 28 Staats- und Regierungschefs zusammen.

Merkel erhöhte noch einmal den Druck auf die Regierung in Athen. Sie sah in den Brüsseler Verhandlungen zwar einen „gewissen Fortschritt“, „aber es ist auch klar geworden, dass noch sehr viel Arbeit zu leisten ist, und dass die Zeit dafür sehr kurz ist“.

Tsipras hatte praktisch in letzter Minute neue Vorschläge für harte Steuererhöhungen und Einsparungen vorgelegt. Die Maßnahmen sollen in den kommenden eineinhalb Jahren fünf Milliarden Euro einbringen. Tsipras sagte nach den Beratungen: „Unser Vorschlag ist akzeptiert worden als Basis für Gespräche.“ Notwendig sei ein umfassendes Programm, das Griechenland wirtschaftlich „lebensfähig“ mache.

Athen ist laut Regierungskreisen nun bereit, die Mehrwertsteuer im Bereich Tourismus zu erhöhen, die meisten Frührenten abzuschaffen und die Reichen im Land mit einer Sondersteuer zu belegen. Unternehmen, die 2014 mehr als 500 000 Euro Gewinn machten, sollen Sondergewinnsteuer zahlen. Eine Immobiliensteuer, die die linke Regierung eigentlich abschaffen wollte, soll bestehen bleiben. Die Regierung will die Rüstungsausgaben zudem um 200 Millionen Euro zusammenstreichen. Rentenkürzungen soll es aber nicht geben.

Der Grünen-Finanzexperte im Europaparlament, Sven Giegold, begrüßte den Fortschritt. „Das schlimmste Szenario wäre natürlich gewesen, dass die Verhandlungen gescheitert sind. Das wäre für Griechenland und für Europa die schlechteste Lösung gewesen“, sagte Giegold nach dem Gipfel in einem Interview des Deutschlandfunks. „Dass sich jetzt eine Vereinbarung abzeichnet, ist gut.“ Zugleich habe er die Sorge, dass die Sparmaßnahmen zu einem neuen Einbruch der griechischen Wirtschaftskraft führen.

(dpa)

Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion