Großbritannien: Langer Arm von Peking reicht ins Parlament – zwei Festnahmen

Für Irritationen hat die Verhaftung zweier mutmaßlicher Spione für die Kommunistische Partei Chinas (KPC) in Großbritannien gesorgt. Einer davon hatte als wissenschaftlicher Mitarbeiter eines Abgeordneten versucht, die britische China-Politik zu beeinflussen.
Das britische Parlamentsgebäude (Houses of Parliament), der Palace of Westminster, und der Big Ben (Elizabeth Tower) sind hinter der Westminster Bridge zu sehen.
Das britische Parlamentsgebäude (Houses of Parliament), der Palace of Westminster und der Big Ben (Elizabeth Tower) sind hinter der Westminster Bridge zu sehen.Foto: Christian Charisius/dpa
Von 11. September 2023

In Großbritannien ist ein wissenschaftlicher Mitarbeiter des Parlaments verhaftet worden, der im Verdacht steht, für Chinas KP-Regime spioniert zu haben. Dies geht aus einem Bericht der „Times“ hervor. Der britische Staatsangehörige soll seine Mitarbeit bei einem nicht genannten Abgeordneten genutzt haben, um Kontakt zu Kollegen zu knüpfen. In weiterer Folge habe er versucht, Mitglieder KP-kritischer Abgeordnetengruppen zu diskreditieren und Einfluss auf Großbritanniens China-Politik zu nehmen.

Zwei Personen bereits im März kurzzeitig verhaftet

Wie die englischsprachige Epoch Times berichtet, werde gegen insgesamt zwei Personen in diesem Zusammenhang ermittelt. Beide seien bereits am 13. März kurzzeitig verhaftet und gegen Kaution freigelassen worden.

Der Endzwanziger habe in China studiert und gearbeitet. Später habe er Verbindungen zu hochrangigen konservativen Abgeordneten mit hoher Sicherheitsfreigabe aufgebaut. Über diese soll er versucht haben, Großbritanniens China-Politik KP-freundlicher zu gestalten. Im Augenblick seiner Verhaftung soll er sich an einer Adresse in Edinburgh befunden haben.

Gemeinsam mit einem weiteren Mann Mitte 30 droht ihm nun eine Anklage nach dem Abschnitt 1 des Official Secrets Act von 1911. Dies teilte die Metropolitan Police mit. Sein mutmaßlicher Mitwisser hielt sich im Augenblick der Verhaftung in einem Wohnhaus in Oxfordshire auf. Die Beamten haben nach Angaben der Metropolitan Police auch eine Adresse im Osten Londons durchsucht. Die Beschuldigten sind mittlerweile wieder auf freiem Fuß – vorerst bis zu einem Termin Anfang Oktober.

Nachdem die Fälle bekannt geworden sind, erklärte Premierminister Rishi Sunak auf dem Gipfeltreffen der G20 in Neu-Delhi, dass er gegenüber dem chinesischen Premier Li Qiang „eine Reihe von Bedenken“ geäußert habe, darunter auch seine „sehr starke Besorgnis über jegliche Einmischung in die parlamentarische Demokratie [Großbritanniens], die natürlich inakzeptabel ist“.

Chinas Einflussagent soll mit Ausschussvorsitzenden auf Tuchfühlung gegangen sein

Unter den Abgeordneten, zu denen der wissenschaftliche Mitarbeiter Kontakt aufgebaut haben soll, waren unter anderem zwei Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten. Einer von ihnen war der heutige Sicherheitsminister Tom Tugendhat, die andere dessen Nachfolgerin Alicia Kearns. Diese leitet heute den Auswärtigen Ausschuss.

Der Verdächtige habe mit den Politikern vorwiegend in Fragen der Außenpolitik zusammengearbeitet – und dabei insbesondere bezüglich der Beziehungen zum KP-Regime in Peking. Ermittler gehen davon aus, dass dieses den Mann als „Schläfer“ rekrutiert haben könnte, während er sich in China aufhielt. Später habe man ihn nach Großbritannien zurückgeschickt mit dem Ziel, außenpolitische Entscheidungsträger zu infiltrieren.

Der mutmaßliche Einflussagent habe dabei vor allem versucht, die Inter-Parliamentary Alliance on China (IPAC) zu diskreditieren. Diese internationale Gruppe KP-kritischer Abgeordneter hatte Ian Duncan Smith gegründet. Sie strebt eine härtere Politik gegenüber dem Regime in Peking an.

Verdächtiger soll KP-kritische Gruppe ins Zwielicht gerückt haben

Aus deren Umfeld heißt es, der Verdächtige habe sich „regelmäßig über den Mangel an Nuancen unter den chinaskeptischen Abgeordneten beschwert“. Er habe „ziemlich sicher“ erreicht, dass „Hinterbänkler von China-Falken zu Vertretern einer apathischen Position geworden“ seien.

Auch dem Gründer und geschäftsführenden Direktor von IPAC, Luke de Pulford, war der wissenschaftliche Mitarbeiter unangenehm aufgefallen. Er habe „schon lange den Verdacht gehabt, dass etwas nicht stimmt“. Ein „feindseliger Forscher“ habe „immer wieder versucht, IPAC-Abgeordnete zu verleumden und sie als extrem in der China-Politik einzustufen“.

Die Ermittlungen in der Angelegenheit dauern noch an. Mit der Durchführung betraut sind Beamte des Anti-Terrorismus-Kommandos der Metropolitan Police. Diese sind auch für Ermittlungen wegen mutmaßlicher Verstöße gegen das Gesetz über Staatsgeheimnisse und Spionage zuständig.

Chinas KP betreibt in Großbritannien Einflusspolitik auf mehreren Ebenen

Die britische Regierung bemüht sich in ihrer Politik gegenüber China um eine enge Abstimmung mit den Verbündeten des Landes. Dies zeigte sich beispielsweise, als die Regierung in London 2020 den USA bezüglich des Ausschlusses des KP-nahen Huawei-Konzerns aus dem 5G-Netz folgte.

Peking bemüht sich in unterschiedlicher Form, in Großbritannien seinen Einfluss auf die Politik auszubauen. Erst im Vorjahr hatten Geheimdienste vor Bestrebungen des KP-Regimes gewarnt, Agenten auf Abgeordnete anzusetzen. Auch im akademischen Bereich und der Forschung versucht China, an Know-how zu gelangen oder seine Interessen durchzusetzen. Vor einem knappen Jahr hat Großbritannien deshalb die Tätigkeit der Konfuzius-Institute an britischen Hochschulen untersagt.

In einigen Fällen geht das Regime auch direkt gegen Kritiker vor. So gab es deswegen erst im Vorjahr diplomatische Verwicklungen. Mutmaßliche Mitarbeiter des chinesischen Konsulats hatten am Rande einer Kundgebung für Hongkongs Demokratiebewegung einen Demonstranten verprügelt.



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion