Grüne: Deutschland für Öl-Embargo gegen Russland

Noch vor einigen Wochen hätte Deutschland einen sofortigen Öl-Lieferstopp nicht durchstehen können - laut Bundesaußenministerin Baerbock sei man jetzt darauf "vorbereitet". Wie steht es um die anderen EU-Länder, und was bedeutet das für Unternehmen und Verbraucher?
Anlagen auf dem Industriegelände der PCK-Raffinerie GmbH.
Anlagen auf dem Industriegelände der PCK-Raffinerie GmbH.Foto: Patrick Pleul/dpa
Epoch Times2. Mai 2022


Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat bekräftigt, dass Deutschland ein Öl-Embargo gegen Russland befürwortet.

Man sei jetzt darauf „vorbereitet“, auch mehrere Jahre ohne russisches Öl auszukommen, sagte die Grünen-Politikerin in der ARD. Hintergrund seien neue Lieferverträge. Vor einigen Wochen noch hätte man einen sofortigen Lieferstopp nicht durchstehen können, sagte Baerbock weiter.

Der Anteil russischen Öls am deutschen Ölverbrauch ist seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine binnen weniger Wochen von 35 auf 12 Prozent gesunken. Das geht aus dem neuen Fortschrittsbericht Energiesicherheit der Bundesregierung hervor. Mit einem deutschen Ja zu einem Öl-Embargo wächst der Druck auf die verbliebenen EU-Mitgliedsländer, die in der Diskussion zuletzt noch als Bremser galten.

„Andere Länder sind noch nicht so weit“

Innerhalb der EU gibt es nach Darstellung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck noch keine Einigung über ein Öl-Embargo gegen Russland. Wie Baerbock ist auch Habeck der Meinung, dass Deutschland ein Öl-Embargo tragen könne. „Andere Länder sind noch nicht so weit“, sagte der Grünen-Politiker nach einem Treffen mit Verbänden der mittelständischen Wirtschaft. Die Energieminister der EU-Staaten kommen heute in Brüssel zu Beratungen zusammen.

Habeck sagte, auch an Deutschland würde ein Embargo nicht spurlos vorbeigehen. Es werde hohe Preissprünge geben. Die Verbraucher in Deutschland müssen sich auf dauerhaft hohe Energiepreise einstellen. „Wir werden weiter mit höheren Preisen rechnen müssen“, sagte Habeck. Der Staat könne nicht alle Energiepreissteigerungen auffangen, weder für Firmen noch für Verbraucher. „Das ist die bittere und die harte Wahrheit.“

Die Bundesregierung habe verschiedene Hilfsprogramme aufgelegt, die Liquidität sichern und Unternehmen im Markt halten sollen. „Sie können aber, und diese harte Botschaft kann ich niemandem ersparen, sie können nicht verhindern, dass die Preise weitergegeben werden.“ Dies müsse die Volkswirtschaft tragen. „Anders kommen wir durch diese Zeit nicht durch“, sagte Habeck.

Nach Angaben von Habeck könne die Umstellung auch zeitliche Ausfälle bedeuten, sagte Habeck unter Verweis auf die Raffinerie in Schwedt, die vom russischen Staatskonzern Rosneft kontrolliert wird. Aber ein Embargo bedeute nicht mehr, dass Deutschland in eine „Ölkrise“ rutsche.

Budapest droht mit Veto

Derweil droht Ungarn, Sanktionen der Europäischen Union gegen russische Öl- und Gasimporte mit einem Veto zu verhindern. Der ungarische Kanzleramtsminister Gergely Gulyas sagte gestern Abend im regierungsnahen Fernsehsender Hir TV: „Um es klar und deutlich zu sagen: Wir werden Sanktionen (in Hinblick auf Öl- und Gaslieferungen) niemals unterstützen.“ In der EU ist für solche Sanktionen grundsätzlich die Zustimmung aller Mitgliedsstaaten erforderlich.

Gyulas sagte dazu: „Da man sie nur einstimmig beschließen kann, hat es keinen Sinn, wenn die Europäische Kommission Sanktionen vorschlägt, die die derzeitigen ungarischen Importe einschränken würden.“ Derzeit könne niemand die russischen Öl- und Gaslieferungen ersetzen. Für eine Umstellung bräuchte es fünf Jahre und „Unmengen von Geld“. Die Kommission gebe Ungarn aber nicht nur kein Geld, sondern halte es zurück.

Gulyas spielte auf Finanzhilfen aus dem Corona-Wiederaufbaufonds an, die die EU-Kommission bislang nicht ausbezahlt, weil sie Bedenken wegen der rechtmäßigen Verwendung hat. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban benutzt nach Ansicht von Kritikern EU-Mittel dazu, um Oligarchen zu begünstigen. Zugleich hat Orban die Abhängigkeit seines Landes von russischen Energieimporten verstärkt. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs trug Ungarn alle bisherigen EU-Sanktionen gegen Moskau mit, lehnt eigene Waffenlieferungen aber strikt ab. (dpa/mf)



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