Guterres: „Menschheit ist zur Massenvernichtungswaffe geworden.“

UN-Generalsekretär hat vor Beginn der Biodiversitätskonferenz COP15 multinationalen Konzernen vorgeworfen, die Ökosysteme der Welt zu „Spielbällen des Profits" zu machen. Derweil werden Tibeter oft mit dem Argument „Klima- und Artenschutz“ von ihrem Land vertrieben.
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António Guterres vergleicht die Menschheit mit Massenvernichtungswaffen.Foto: Getty Images/Andrej Ivanov
Von 7. Dezember 2022


António Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen, hat vor Beginn der UN-Biodiversitätskonferenz COP15 multinationalen Konzernen vorgeworfen, die Ökosysteme der Welt zu „Spielbällen des Profits“ zu machen.

„Mit unserem grenzenlosen Appetit auf unkontrolliertes und ungleiches Wirtschaftswachstum ist die Menschheit zu einer Massenvernichtungswaffe geworden“, sagte er laut Nachrichtenagentur AFP im kanadischen Montréal. Die Konferenz (7. bis 19. Dezember) sei „unsere Chance, diese Orgie der Zerstörung zu stoppen“.

Delegierte aus 196 Ländern

Inger Andersen, Exekutivdirektorin des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP), rief alle COP15-Teilnehmer eindringlich zum Handeln auf. Es sei „Zeit für jeden, einen Schritt nach vorn zu machen, das wird jetzt entscheidend“, sagte die Dänin. In dem Zusammenhang forderte sie „mutige“ Maßnahmen. An der Konferenz nehmen Delegierte aus 196 Ländern teil.

Die Konferenz-Präsidentschaft hat China inne. Ziel ist der Abschluss einer globalen Vereinbarung, um dem Artensterben bis 2050 wirksam Einhalt zu gebieten. Dabei will die Bundesregierung bis 2030 mindestens 30 Prozent der Fläche an Land und im Meer unter Schutz zu stellen.

Das erhoffte Artenschutzabkommen, das Umweltorganisationen in seiner Bedeutung mit dem Pariser Klimaschutzabkommen vergleichen, soll aber noch weitere Vorgaben enthalten. Es geht unter anderem um die Renaturierung zerstörter Ökosysteme, weniger Pestizideinsatz und weniger Plastikmüll.

Wie beim Klimaschutz sollen alle Staaten auch für den Schutz der Biodiversität nationale Strategie- und Aktionspläne (NBSAP) vorlegen. Diese sollen dann auf Grundlage der Berichte des Weltbiodiversitätsrats (IPBES) regelmäßig nachgebessert werden.

Es gibt noch zahlreiche Streitpunkte

Doch nach drei Jahren zäher Zwischenverhandlungen zur Vorbereitung der COP15 bleibt eine Einigung ungewiss. So gibt es noch etliche Streitpunkte, so AFP weiter. Die drei zusätzlichen Verhandlungstage, die vom 3. bis 5. Dezember in Montréal stattfanden, stuften viele Umweltorganisationen und Beobachter als enttäuschend und sogar besorgniserregend ein.

Die Teilnehmer hätten nur wenige konkrete Fortschritte erzielt. „Wir haben nur noch wenige Tage, um entschieden zu handeln“, betonte UNEP-Chefin Andersen. Und daher sei es „absolut wichtig, dass alle Verhandlungsführer erkennen, dass wir uns auf der Zielgeraden befinden“.

Einer der größten Streitpunkte ist die Reduzierung von Pestiziden und Düngemitteln in der Landwirtschaft. Auch bei der Unterstützung armer Länder beim Naturschutz durch Zahlungen reicher Länder gehen die Meinungen auseinander.

Tibeter oft mit Argument „Klima- und Artenschutz“ vertrieben

Angesichts der chinesischen Präsidentschaft erinnert Tibet an die Bedeutung des Landes beim Naturschutz und weist auf die Unterdrückung durch das kommunistische Nachbarland hin. Während die chinesische Regierung weiterhin in großem Umfang in Ökosystem und Natur Tibets eingreife – etwa durch Mega-Staudämme und Bergbau – würden Tibeter massenhaft von ihrem angestammten Land vertrieben und umgesiedelt. Oftmals begründeten die Chinesen ihre Aktivitäten mit Hinweis auf Klima- und Artenschutz.

„In Wahrheit gehen durch die von oben verordneten Maßnahmen Wissen tibetischer Nomaden und Bauern verloren, das für den Schutz von Artenvielfalt und Umwelt unschätzbar wertvoll ist“, heißt es in einer Mitteilung der International Campaign for Tibet (ICT).

Wer sich dagegen wehre, werde rücksichtslos verfolgt. Die Organisation hat im Juni dieses Jahres mit einem umfangreichen Bericht auf die Verfolgung tibetischer Umweltschützer aufmerksam gemacht.

Peking dürfe „keine Politik über die Köpfe der Tibeterinnen und Tibeter hinweg machen und auch noch unwidersprochen als nachhaltige Entwicklung verkaufen“, fordert ICT-Geschäftsführer Kai Müller. Daher solle sich die internationale Gemeinschaft „mit Nachdruck“ für die Rechte der Tibeter und anderer lokaler Gemeinschaften einsetzen.

1,8 Millionen Nomaden zwangsangesiedelt

Seit den 1980er-Jahren hätten mehrere Maßnahmen der chinesischen Regierung in das Ökosystem eingegriffen und die Auswirkungen des Klimawandels in Tibet verschärft. Dazu zählten die Privatisierung und Einzäunung von Weideland und die Zwangsansiedlung von mindestens 1,8 Millionen Nomaden. Hinzu käme die Verstädterung und Zuwanderung in Verbindung mit verstärkten Bergbau- und Infrastrukturprojekten.

Der im Juni 2022 veröffentlichte ICT-Bericht dokumentiert insgesamt 50 Fälle tibetischer Umweltverteidiger, die seit 2008 verfolgt wurden. Wegen ihrer Aktivitäten hätten sie lange Haftstrafen erhalten und seien häufig gefoltert und misshandelt worden.



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