Hauptverdächtige im EU-Skandal Katar-Gate stimmt für strengere Ethikregeln

Eva Kaili hat erstmals nach ihrer Haft wieder an einer Sitzung des EU-Parlaments teilgenommen. Dort stimmte sie ausgerechnet für strengere Ethikregeln, die durch den Korruptionsskandal, in den sie maßgeblich verwickelt ist, auf den Plan gekommen sind. Die Ermittlungen gegen die ehemalige Vize-Präsidentin der EU-Kommission weiten sich aus.
Die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Eva Kaili, in Brüssel.
Eva Kaili, ehemalige Vize-Präsidentin der EU-Kommission.Foto: Eric Vidal/European Parliament/dpa
Von 18. Juli 2023


Ausgerechnet die beiden Hauptverdächtigen des EU-Korruptionsskandals Katar-Gate, Eva Kaili (44) und Marc Tarabella (60), sprachen sich am Mittwoch im EU-Parlament für strengere Ethikregeln aus. Für viele überraschend sind sie letzte Woche in Straßburg zu einer Sitzung aufgetaucht, in der der Vorschlag der EU-Kommission unter der Leitung von Ursula von der Leyen (64) zur Aufstellung eines EU-Ethikgremiums verhandelt wurde.

Erste Abstimmung nach Haft: Katar-Gate – Hauptverdächtige für mehr Ethik

Nach ihrer Entlassung aus der Haft im April und dem nachfolgenden Hausarrest war es für die griechische Abgeordnete Eva Kaili die erste Sitzung, an der sie teilnahm. Marc Tarabella war bereits vorher wieder im EU-Parlament anwesend.

Eva Kaili besitzt, obwohl die Staatsanwaltschaft gegen sie ermittelt, nach wie vor die vollen Arbeitsrechte einer Abgeordneten. Sie und Tarabella haben mit weiteren 363 EU-Abgeordneten (von 705 gewählten Abgeordneten) gegen den Entwurf für ein Ethikgremium gestimmt, da dieser nach ihrem Dafürhalten nicht weit genug gehe. Der Vorschlag sei “unbefriedigend und nicht ehrgeizig genug”, wie “Politico” berichtete.

Zahnloser Tiger: Korruptionseindämmung via Selbstverpflichtung

Das Ethik-Gremium, wie es von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgeschlagen wurde, habe nicht die Befugnis, eigene Untersuchungen einzuleiten oder Sanktionen zu verhängen – und ist damit quasi ein zahnloser Tiger.

Bei den Plänen der EU geht es um die Festlegung von Grundanforderungen für EU-Politiker in Bezug auf die Angabe von Vermögenswerten, die Offenlegung von Reisen Dritter und die Beschränkung von Nebenjobs. Dem würde eine Selbstverpflichtung jeder Institution einschließlich des Parlaments folgen, wie sie die Regeln intern durchsetzen will. Die Idee zu einem unabhängigen Ethik-Gremium wurde erst angestoßen durch den Korruptionsskandal von Katar-Gate.

EU-Skandal: Illegale Lobbyarbeit und Bestechungsgelder

Eva Kaili, die ehemalige Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments (eine von 14), wurde im vergangenen Dezember 2022 verhaftet und wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Korruption und Geldwäsche angeklagt. Im Fokus der Ermittlungen steht ein Schmiergeldsystem von Bestechungsgeldern aus Katar und Marokko, um die politischen Entscheidungen des Europäischen Parlament zu beeinflussen.

Anklagen gegen sechs Personen in Belgien und Italien, darunter drei amtierende EU-Abgeordnete, waren vorläufiges Resultat der Ermittlungen. Im Raum stehen ausländische Einmischung und illegale Lobbyarbeit.

Nach Kailis Entlassung aus dem Gefängnis am 14. April und dem nachfolgenden Hausarrest mit Handfessel haben die 44-Jährige und ihre Anwälte, die lautstark auf die Unschuldsvermutung pochen, Kailis Rückkehr in die Politik versucht zu ebnen. Jetzt befindet sie sich inzwischen zwar wieder auf freiem Fuß, es wird aber weiterhin gegen sie und andere Verdächtige ermittelt.

So auch in Kailis Heimat Griechenland. Griechische und belgische Behörden haben ihre Untersuchungen gegen die mutmaßlich korrupte Ex-Vizepräsidentin ausgeweitet und kürzlich drei Häuser in Athen durchsucht, die im Zusammenhang mit Kaili stehen.

Weitere Ermittlungen: Noch lange nicht das Ende der Fahnenstange

Dieser aktuelle Stand scheint aber nur die Spitze des Eisbergs zu sein: Denn abgesehen von Katar-Gate dürften der Griechin zukünftig noch weitere Ermittlungen Kopfzerbrechen bereiten:

Details über ein separates strafrechtliches Ermittlungsverfahren wurden vor Kurzem bekannt, wie „Politico“ berichtet. Es geht um angeblich betrügerische Zahlungen an vier ehemalige Assistenten im Europäischen Parlament im Zeitraum von 2014 bis 2020.

Demnach wird gegen Kaili wegen dreier potenzieller betrügerischer Handlungen ermittelt: Erstens, ob sie das Parlament über den Aufenthaltsort und die Arbeitstätigkeit ihrer Assistenten getäuscht hat. Zweitens, ob sie einen Teil ihrer Erstattungen für „gefälschte“ Arbeitsreisen, die sie organisiert hat, angenommen hat. Drittens, ob sie Schmiergelder von einem Teil der Gehälter angenommen hat.

Das geht aus einem Schreiben der Europäischen Staatsanwaltschaft (EPPO) an Parlamentspräsidentin Roberta Metsola hervor, auf dessen Vorlage sich „Politico“ beruft.

Aufhebung der Immunität der EU-Abgeordneten?

Kaili kämpft derzeit gegen den Antrag der Staatsanwaltschaft, ihre Immunität aufzuheben – ein Privileg, das EU-Abgeordneten zusteht. Die EU-Staatsanwaltschaft, die in dem Zusammenhang wegen strafrechtlich relevantem Betrug mit EU-Geldern ermittelt, betont, dass die Untersuchung auf einer soliden Grundlage stehe. „Die laufenden Ermittlungen beziehen sich auf den dringenden Verdacht von wiederholtem Betrug und/oder anderen schwerwiegenden Unregelmäßigkeiten“, zitiert „Politico“ aus dem Brief der Europäischen Chefanklägerin Laura Kövesi, der bereits im Dezember an das Europäische Parlament geschickt wurde.



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion