Ibiza-Affäre: Erster Strafprozess gegen Österreichs Ex-Vizekanzler Strache begonnen

Österreichs früherer Vizekanzler Heinz-Christian Strache steht seit Dienstag wegen Bestechlichkeit in Wien vor Gericht. Es ist das erste Strafverfahren gegen den ehemaligen Parteichef der FPÖ infolge der sogenannten Ibiza-Affäre.
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Strafverfahren gegen Österreichs früheren Vizekanzler Heinz-Christian Strache am 6. Juli 2021.Foto: HERBERT NEUBAUER/APA/AFP via Getty Images
Epoch Times6. Juli 2021

Rund zwei Jahre nach der „Ibiza-Affäre“ hat am Dienstag in Wien der erste Strafprozess gegen Österreichs früheren Vizekanzler Heinz-Christian Strache begonnen. Der langjährige frühere Parteichef der Freiheitlichen Partei Österreich (FPÖ) ist der Bestechlichkeit angeklagt; er soll gegen eine Parteispende und weitere private Vergünstigungen zugunsten einer Privatklinik Einfluss auf ein Gesetz genommen haben. Der Betreiber der Klinik, Walter Grubmüller, muss sich wegen Bestechung verantworten. Beide plädierten auf „nicht schuldig“.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 52-Jährigen vor, sich gegen eine Parteispende von 10.000 Euro und eine Urlaubseinladung dafür eingesetzt zu haben, dass Grubmüllers auf Schönheitschirurgie spezialisierte Klinik in einen Fonds aufgenommen wurde, der eine direkte Abrechnung von Leistungen mit den Sozialversicherungen ermöglicht.

Er soll zuvor von Grubmüller auf dessen Yacht und zu einem Urlaub in dessen Ferienhaus auf der griechischen Insel Korfu eingeladen worden sein. Strache drohen bis zu fünf Jahre Haft.

Gesetzgebung zugunsten des Klinikbetreibers

In einem von den Ermittlern entdeckten SMS-Austausch fragte Strache den Klinikbetreiber ganz offen, „welche Gesetzesänderung“ er sich wünsche, damit sein auf Schönheitschirurgie spezialisiertes Etablissement „endlich fair behandelt“ werde. Daraufhin kündigte der Klinikbetreiber an, der FPÖ-Zentrale einen Textentwurf vorzulegen.

Zu dem Zeitpunkt verhandelte Strache mit der konservativen ÖVP über ein Regierungsbündnis. In der ab Dezember 2017 regierenden türkis-blauen Koalitionsregierung unter Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) übernahm die FPÖ dann die Leitung des Gesundheitsministeriums.

Kurz darauf wurde die Gesetzgebung geändert, sodass die Klinik die Genehmigung der Sozialversicherung erhalten konnte. Nach Expertenschätzungen hatte sie damit Anspruch auf öffentliche Mittel in Höhe von 2,2 Millionen Euro pro Jahr.

„Schwerwiegende Straftat“

Oberstaatsanwältin Silvia Thaller sprach in ihrem Eröffnungsplädoyer von einer „schwerwiegenden Straftat“. Keineswegs handle es sich um eine „zu vernachlässigende Form von Freunderlwirtschaft“. Aus den Handy-Chats, Zeugenaussagen und weiteren Ermittlungsergebnissen sei „klar ableitbar“, dass die Spende „nicht aus altruistischen Motiven“ an die FPÖ gegangen sei, sondern mit „Amtsgeschäften von Heinz-Christian Strache“ in Verbindung stehe.

Strache sei es „um geldwerte Vorteile für sich, seine Ehefrau und die Partei“ gegangen, sagte Thaller. Sie warf dem langjährigen FPÖ-Chef vor, damit „die vom Strafrecht gezogenen Grenzen überschritten“ zu haben. Der Prozess soll am Freitag enden.

Es ist das erste Strafverfahren gegen Strache infolge der sogenannten Ibiza-Affäre. Der Skandal hatte im Mai 2019 ein politisches Erdbeben in Österreich ausgelöst, zum Bruch der türkis-blauen Koalition sowie zu vorgezogenen Neuwahlen geführt.

Hintergrund war ein heimlich auf Ibiza gedrehtes Video, das zeigt, wie Strache vor der Parlamentswahl 2017 einer vermeintlichen russischen Oligarchen-Nichte politische Themen besprach.

Ein weiteres Strafverfahren

Bei den Ermittlungen wurde Straches Handy beschlagnahmt. Aus seinem SMS-Verlauf ging dann hervor, dass er sich für die Aufnahme der Klinik in den Fonds eingesetzt hatte.

Strache, der im Dezember 2019 aus der FPÖ ausgeschlossen worden war, hatte im vergangenen Jahr vergeblich versucht, für das Amt des Bürgermeisters von Wien zu kandidieren. Seine Liste erhielt nur drei Prozent der Stimmen.

Gegen den 52-Jährigen läuft zudem ein weiteres Strafverfahren: Er soll mehr als eine halbe Million Euro Parteigelder veruntreut haben, um mit dem Geld seinen luxuriösen Lebensstil zu finanzieren.

Seit der Ibiza-Affäre wurden in Österreich gegen mehrere Politiker Ermittlungen eingeleitet – auch gegen Kanzler Kurz wegen möglicher Falschaussage vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss des Parlaments. (afp/dl)



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