„Insight“: Wie Interpol an der Prävention von Straftaten mit KI und Big Data arbeitet

Interpol arbeitet an einer revolutionären Plattform namens „Insight“. Diese soll mithilfe von Big-Data-Analysen und Künstlicher Intelligenz sogar in der Lage sein, eines Tages Straftaten vorherzusagen. Die innovative Technologie wirft auch ethische Fragen und Datenschutzbedenken auf.
Titelbild
Eingangshalle der Interpol-Zentrale in Lyon, Zentralfrankreich.Foto: Laurent Cipriani/AP/dpa
Von 6. Oktober 2023

Wird das „Pre Crime“-System aus dem US-Spielfilm „Minority Report“ schon bald ein reales Pendant erhalten? Fakt ist, dass der auf internationale kriminalpolizeiliche Zusammenarbeit ausgerichtete Verein Interpol derzeit an einer Plattform namens „Insight“ arbeitet. Diese soll mittels Big-Data-Analysen funktionieren – und idealerweise Straftaten „schon erkennen, bevor sie passieren“. Dies schreibt der Fachdienst „heise.de“.

Interpol will auch auf Daten aus sozialen Medien zurückgreifen

Die Plattform soll „sicher, intelligent und skalierbar“ sein, schreibt der Informationsdienst. Das System soll große Datenmengen aus unterschiedlichsten Quellen in unterschiedlichen Formaten effizient verarbeiten können.

Interpol selbst nennt in diesem Zusammenhang strukturierte und unstrukturierte Daten etwa aus Datenbanken, Hinweisen und Aussendungen, freiem Text, Polizeiberichten, 24-Stunden-Nachrichten und Anhängen. Aber auch soziale Medien sollen als Datenquellen fungieren, die ein Erkennen von Mustern ermöglichen.

Das System soll es möglich machen, „versteckte Zusammenhänge, Kriminalitätsmuster und Trends schneller zu erkennen“. Um die wachsenden Mengen und Arten von Daten zu bewältigen, die in heutiger Zeit bei Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden anfallen, sollen auch Künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen zum Einsatz kommen.

NLP und NER unter den eingesetzten Technologien

Zudem verwendet „Insight“ nach Angaben von Interpol auch moderne Technologien und Analysetechniken. Zu diesen gehören beispielsweise Natural Language Processing (NLP) und Named Entity Recognition (NER). Diese sollen dabei helfen, versteckte Verbindungen, Kriminalitätsmuster und Trends schneller zu erkennen.

NLP ist ein Teilbereich von Informatik und KI, der sich mit der Verarbeitung von menschlicher Sprache durch Computer beschäftigt. Ziel von NLP ist es, Computern die Fähigkeit zu geben, Text und gesprochene Sprache auf dieselbe Art und Weise zu verstehen wie Menschen. In Bots wie ChatGPT kommt diese Technologie ebenso zum Einsatz wie beispielsweise bei sprachgesteuerten GPS-Systemen.

NER wiederum ist ein Bereich der Computerlinguistik mit KI-Bezug. Dabei liegt der Schwerpunkt bei der Identifikation und Klassifikation von Eigennamen in Texten. Das Ziel von NER ist es, automatisch Informationen aus unstrukturierten Texten zu extrahieren – etwa Namen von Personen, Organisationen oder Orten. Auch hier geht es um das „Verstehen“ von Text- und Sprachdaten sowie der dahinter stehenden Absichten und Gefühle des Autors.

Interpol will relevante Tendenzen aufgrund „vorhersagender Analysen“ erkennen

Im Idealfall will Interpol auf diese Weise in der Lage sein, aufgrund „fortgeschrittener und vorhersagender Analysen“ auch Entwicklungen oder Ereignisse zu prognostizieren. Dies könnte bis hin zum Erahnen von Radikalisierungstendenzen, Terrorvorbereitungen oder künftigen Straftaten gehen. Allerdings ist das System bei weitem noch nicht vollständig entwickelt und es wird möglicherweise noch einige Zeit dauern, bis es vollständig einsatzbereit ist.

Das Projekt „Insight“ wird in zwei Phasen durchgeführt. In der ersten Phase von 2020 bis 2022 wurde eine Mindestplattform bereitgestellt, die eine verbesserte Vernetzung von Datenquellen, Ausgaben und Erkenntnissen ermöglicht. In der derzeit stattfindenden zweiten Phase, die noch bis 2024 dauern soll, wird die Plattform erweitert, um tiefere Analysefähigkeiten zu bieten.

Dies beinhaltet die Einbindung zusätzlicher Quellen und Arten von Daten sowie eine erweiterte geografische Analyse. Allerdings sollen auch Dashboards zur Überwachung von Leistungskennzahlen sowie Maßnahmen zum ethischen Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Verarbeitung großer Datensätze zur Verwendung gelangen.

VeRa als intelligentes Netzwerkanalysetool bereits in Bayern im Einsatz

Die Anzahl der 2018 verfügbaren Datensätze von Interpol soll bis Ende 2022 von über 91 auf 125 Millionen gestiegen sein. Das 80 Millionen Euro teure Projekt I-Core zur Digitalisierung von Polizeiakten dürfte noch weitere Daten verfügbar machen.

Kritiker wittern jetzt schon eine potenzielle Katastrophe für den Datenschutz und eine mögliche Verletzung der Unschuldsvermutung. Im EU-Parlament gibt es bereits Bestrebungen, im Rahmen der geplanten KI-Verordnung ein Verbot von „Predictive Policing“ zu verankern.

Unterdessen verfügen auch heimische Polizeibehörden zunehmend über hochkomplexe und intelligente Analysesoftware-Systeme. Ein Beispiel dafür ist das verfahrensübergreifende Recherche- und Analysesystem (VeRA) des US-Konzerns Palantir. Zu dessen besonderen Stärken gehören Datenintegration und Netzwerkanalyse. Das System ist unter anderem bereits bei Bayerns Polizei im Einsatz.



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion