Ist Demokratie ansteckend?

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Die Zedern Revolution in Beirut: Der Ruf nach Demokratie, Souveränität und Unabhängigkeit könnte ansteckend sein, meinen arabische Intellektuelle.Foto: Getty Images
Von 26. April 2005

Die Medienübertragungen von der „Macht des Volkes“ im Libanon

könnten Auswirkungen auf den mittleren Osten haben

Die Zedern Revolution öffnete der Demokratie im Libanon die Tore. Darüber hinaus könnte sich der Wunsch nach Demokratie und einem gewaltlosen Machtwechsel angeregt durch die Medienübertragung aus dem Libanon auch auf andere Länder im Mittleren Osten ausdehnen; das jedenfalls ist die Ansicht arabischer Intellektueller.

So meinte etwa der Analytiker und ehemalige Autor für die New York Times, Youssef Ibrahim, es wäre ein offenes Geheimnis, dass Millionen von Bürgern in der normalen arabischen Bevölkerung die Drohungen des US Präsidenten George Bush gegen Syrien begrüßen würden, sollte sich die syrische Armee nicht aus dem Libanon zurückziehen. Aber er ergänzt: „Es bedeutet nicht eine Liebesbezeugung für Bush in der arabischen Welt, es ist vielmehr ein Feiern der eigenen Freiheit einer exponentiell wachsenden Anzahl von Arabern“. Ibrahim sagte auch, dass dieser Ruf nach Grundrechten schon lange geäußert werde, das beste Beispiel wären die Kanäle von Satelliten TV, die die Wörter von Dissidenten verbreiten.

Gerade die moderne Technologie ist der Hauptfaktor um alle Arten von Nachrichten und Ansichten in Echtzeit zu verbreiten: Live im Fernsehen oder Radio, über Webseiten, Mobiltelefone, SMS und viele andere Kanäle. Obwohl oftmals erfolgreich, versuchten die arabischen Zensoren letztlich vergeblich Nachrichtenquellen zu blockieren. Die Kreativität der Interessierten fand Wege sie zu umgehen.

So wurden auch die Wahlen im Irak und in Palästina, obwohl als von den Gegnern gefälscht bezeichnet, von Millionen Arabern gesehen. Sie selbst leben in Ländern, wo die einzige Wahl manchmal nur darin besteht Stimmzettel abzugeben um das existierende Regime oder dessen Abkömmling aufrechtzuerhalten. So wurde beispielsweise der syrische Präsident, Baschar al Assad im Jahr 2000 mit 97,29% gewählt, oder der ägyptische Präsident Muhammad Husni Mubarak, der seit Beginn der Präsidentschaft 1981 in jedem Referendum mit mehr als 90% im Amt bestätigt.

Der Ruf nach Demokratie, Souveränität und Unabhängigkeit könnte ansteckend sein.

„Aber es wäre naiv die eiternden Wunden zu ignorieren, wie beispielsweise den Konflikt zwischen Israel und Palästina“ meint Magda Abu-Fadil, Direktorin des Instituts für Journalismus, an der Libanesisch Amerikanischen Universität in Beirut. Dieser Konflikt wäre schon seit fast sechs Jahrzehnten im Mittelpunkt der arabischen Psyche. Ebenso wie die anhaltenden Unruhen im Irak, die im arabischen Raum auch sehr oft in den Medien erwähnt werden.

Die Vorgänge im Libanon selbst wurden von arabischer Seite teilweise sogar als Bedrohung bewertet. Fouzi El Asmar von der Al Riyadh, einer Zeitung Saudiarabiens, sieht darin in erster Linie regionale, strategische Auswirkungen: der Libanon könne verwendet werden, um weitere amerikanische und israelische Ziele gegen die arabischen Interessen durchzusetzen. Er meint, wie viele andere arabische Kritiker auch, das wahre Ziel hinter dem Ausschalten der syrischen Präsenz läge darin, die Hisbollah zu neutralisieren.

Die Hisbollah wird von israelischer Seite als terroristische Organisation gesehen, die libanesische Seite dagegen erklärt sie zu Freiheitskämpfern. Es wäre nur der Hisbollah zu verdanken, dass sich Israel im Jahr 2000 aus dem südlichen Teil des Libanons zurückgezogen hätte. Die Hisbollah bildete unter der syrischen Besatzung des Libanons eine Art „Staat im Staat“ Sie erhielt von syrischer und iranischer Seite starke Unterstützung und galt als der einzige verbliebene Trumpf von Damaskus bei zukünftigen Friedensverhandlungen mit Israel.

Macht des Volkes

Nach dem Attentat auf den Führer der libanesischen Opposition und ehemaligen Premier, Rafik Hariri, am 14 Februar 2005, kam es durch den Schneeballeffekt zu einer Welle von Demonstrationen gegen die bis dahin im Land stationierte syrische Besatzung. Syrien war 1976 wegen des Bürgerkrieges zwischen muslimisch palästinensischen und christlich maronitischen Gruppen im Libanon einmarschiert.

Wegen des größtenteils gewaltfreien Verlaufes der Demonstrationen der Oppositionellen im März dieses Jahres, wurde die Bewegung in Anlehnung an die Flagge des Libanon als „Zedern Revolution“ bezeichnet. Nach internationalen Beobachtungen hat mehr als eine Million an den antisyrischen Protesten teilgenommen. Inoffiziellen Angaben aus dem libanesischen Militär zufolge lag die Anzahl bei zwei Millionen Demonstranten, was gleichbedeutend mit 50 % der Libanesen wäre.

Die libanesische Opposition möchte einen vollständigen Abzug der syrischen Truppen sowie die Entfernung des libanesischen Geheimdienstes und der syrischer Strohmänner. Sie verlangt eine internationale Untersuchung des Attentates auf Hariri. Teilgruppen in der Opposition gingen mittlerweile sogar soweit, dass sie auch den Rücktritt des prosyrischen Präsidenten Emile Lahoud verlangen.

Im Mai dieses Jahres sollen unabhängige Wahlen stattfinden, bei denen die unterschiedlichen Oppositionsgruppen aus Drusen, Christen und Moslems als eine gemeinsame Oppositionspartei gegen die noch bestehende pro syrische Regierung antreten möchten.



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