Keine Lösung im Streit um die Verteilung von Migranten in Europa in Sicht

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Migranten, die von einem NGO-Schiff aus dem Mittelmeer aufgenommen wurden.Foto: -/AFP/Getty Images
Epoch Times18. Juli 2019

Seit Jahren streitet die EU über die Aufnahme von Migranten, die über das Mittelmeer illegal einreisen. Ankunftsländer wie Italien oder Malta sehen sich alleine gelassen.

Deutschland und Frankreich haben beim EU-Innenministertreffen in Helsinki nun einen Vorschlag für einen auf einige Monate begrenzten „Notfallmechanismus“ für die Verteilung der Menschen unterbreitet. Doch solche Pläne für eine „Koalition der Aufnahmewilligen“ sind in den vergangenen Jahren schon mehrfach gescheitert.

Warum ist die Verteilung der Migranten so schwierig?

Nach EU-Recht müssen Migranten ihren Asylantrag in dem Land stellen, in dem sie als erstes europäischen Boden betreten. Dies führte in der „Flüchtlingskrise“ zu einer massiven Überlastung der Hauptankunftsländer Italien und Griechenland.

Eine EU-weite Umverteilung scheiterte insbesondere am Widerstand osteuropäischer Staaten. Sie lehnen eine Aufnahme von Migranten kategorisch ab und warnen vor einer „Sogwirkung“, wenn die EU Kontingente für die Aufnahme von Migranten beschließt.

Weshalb ist die Flüchtlingsfrage wieder auf der Tagesordnung?

Italien verweigert Schiffen mit Migranten inzwischen die Einfahrt in seine Häfen, solange nicht geklärt ist, welche anderen Staaten die Menschen aufnehmen. Die Schiffe können deshalb tage- oder wochenlang vor der Küste liegen.

Für Schlagzeilen sorgte Ende Juni der Fall der deutschen Kapitänin Carola Rackete des Hilfsschiffes „Sea-Watch 3“. Sie wurde in Italien vorübergehend festgenommen, weil sie trotz Verbots in den Hafen von Lampedusa einfuhr, um 40 Migranten an Land zu bringen.

Was haben Deutschland und Frankreich jetzt vorgeschlagen?

Berlin und Paris wollen einen „vorübergehenden Solidaritätsmechanismus“. Er soll sicherstellen, dass in Italien und Malta Migranten „schneller und würdig“ an Land gebracht werden.

Dabei soll sich eine Gruppe von EU-Staaten vorab zur Aufnahme ankommender Migranten bereit erklären – jedoch nur zeitlich befristet bis Oktober.

Im Gespräch sind sechs bis elf Länder. Über eine eine solche „Koalition der Aufnahmewilligen“ wird schon seit 2016 immer wieder diskutiert – bisher ohne Ergebnis.

Warum ist Italien dagegen?

Innenminister Matteo Salvini wies den deutsch-französischen Vorstoß umgehend zurück. Italien besteht darauf, dass auch andere Mittelmeerländer wie Frankreich ihre Häfen für Schiffe mit Migranten an Bord öffnen.

Zudem verlangt Rom, dass alle ankommenden Migranten auf andere Länder verteilt werden – egal ob sie asylberechtigt sind oder nicht. Dies lehnen viele mögliche Aufnahmeländer ab.

Ist das wirklich ein Problem?

EU-Diplomaten zufolge haben in der Regel nur 30 Prozent der Migranten Aussicht auf Asyl. Die restlichen 70 Prozent müssten in ihre Heimatländer zurückgebracht werden.

Dies ist oft schwierig, weil diese die Rücknahme verweigern oder die Herkunft der Migranten wegen fehlender Papiere nicht eindeutig geklärt werden kann. Italien und andere mögliche Aufnahmeländer müssen deshalb damit rechnen, die Migranten über längere Zeit zu beherbergen.

Aber die Ankunftszahlen sind doch eigentlich niedrig?

Ja. In diesem Jahr kamen in Italien laut dem UNHCR lediglich rund 3200 Migranten an. Im Gesamtjahr 2018 waren es noch mehr als 23.000 und 2017 fast 120.000.

In der EU wächst jedoch die Sorge, dass die Zahlen wegen der wiederaufgeflammten Kämpfe in Libyen schnell wieder steigen könnten.

„Wir beobachten eine Zunahme der Überfahrten“, sagte ein EU-Vertreter. Grund könne sein, „dass die libysche Küstenwache weniger aktiv“ sei

Kann die EU die Flüchtlingsaufnahme nicht erzwingen?

Das haben Deutschland und Frankreich bereits 2015 versucht. Per Mehrheitsbeschluss entschieden die EU-Innenminister auf Druck von Berlin und Paris damals, über zwei Jahre 120.000 Migranten auf alle EU-Länder zu verteilen.

Länder wie Ungarn oder Polen weigerten sich aber und nahmen nicht einen einzigen Migranten auf. Letztlich wurden insgesamt nur 31.000 Menschen umverteilt. Die Verteilungsfrage ist auch Hauptgrund dafür, dass die geplante EU-Asylreform seit Jahren nicht vorangeht. (afp)



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