Korruptions- oder Machtkampf?

Ex-Parteichef von Shanghai wurde in Korruptionsskandal zu 18 Jahren Haft verurteilt
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Von 18. April 2008

Korruption auf hoher Ebene kostete den ehemaligen Parteichef von Shanghai am vergangenen Freitag Posten, Ansehen und die Freiheit. Wegen Korruption hat ein chinesisches Gericht am vergangenen Freitag Chen Liangyu, Parteisekretär in Shanghai von Oktober 2002 bis September 2006, zu 18 Jahren Haft verurteilt. Chen wurde vom Volksgericht Nummer zwei in Tianjin wegen „Annahme von Bestechungsgeldern und Machtmissbrauchs“ schuldig gesprochen. Die staatlichen chinesischen Medien lobten in diesem Urteil „den Fortschritt in der Rechtsstaatlichkeit Chinas“, Hongkonger Medien bezeichnen die Korruptionsbekämpfung dagegen als Show und sprechen von Cliquenwirtschaft.

Gegen die Korruption ein Exempel statuieren

„Einer verurteilt, eine Gruppe eingeschüchtert, die Massen belehrt“. Mit diesem für Chinas Propaganda typischen Slogan beschrieb die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua die gesellschaftliche Wirkung des Urteils gegen den früheren Parteichef und Zögling von Jiang Zemin.

„In vielen Korruptionsfällen der Vergangenheit konnten sich die Beamten darauf verlassen, zu den Mächtigen zu gehören. Dass nun mit Chen ein hochrangiger Beamter verurteilt wurde, soll ein Exempel statuieren“, so der Kommentar von Xinhua. Nach dem Urteil gegen Chen werde die Antikorruptionskampagne in eine neue Phase eintreten, berichtet das Parteiorgan weiter. Die Verurteilung mache „die unwiderlegbare Entschlossenheit der Partei gegen die Korruption und den festen Willen der strengen Regierung der Partei deutlich“. Xinhua bezeichnete das Urteil zudem als Widerspiegelung des Fortschrittes in der Rechtsstaatlichkeit Chinas. Während des Prozedere sei man von der Ermittlung bis zum Gerichtsprozess, von der Strafzumessung bis zum Fällen des Urteils den chinesischen Gesetzen gefolgt.

Hongkonger Medien halten Korruptionsbekämpfung für eine Farce

Bereits zwei Tage vor dem Urteilsspruch sollen laut Hongkonger Presse die staatlichen chinesischen Medien angefangen haben, die öffentliche Stimmung für ein mildes Urteil gegen Chen vorzubereiten. Am Mittwoch kommentierte die Hongkonger Zeitung „Apple Daily“, dass in der letzten Zeit viele staatliche chinesische Medien berichtet hätten, wie ehrlich Chen Liangyu seine Schuld bekannt habe. Dabei seien jedoch einige schwere Straftaten, die noch vor zwei Jahren im Untersuchungsbericht der Disziplinkommission der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) aufgelistet waren, bei Gericht nicht mehr erwähnt worden.

Laut dem chinesischen Strafgesetz hätte im Fall von Chen eine Freiheitsstrafe von über zehn Jahren bis hin zur Todesstrafe verhängt und das private Vermögen beschlagnahmt werden können. Wie der Chefredakteur des prominenten Hongkonger politischen Magazins OPEN, Jin Zhong, im chinesisch-sprachigen Fernsehsender NTDTV sagte, handelt es sich bei 18 Jahren Haft offensichtlich um eine sehr milde Strafe. Die riesige Geldsumme von einer Milliarde Yuan (100 Millionen Euro) hätte im Fall von Chen ein strengeres Urteil gerechtfertigt. Das Magazin OPEN hat sich schon zuvor jahrelang mit dem Fall von Chen Liangyu beschäftigt. Chen soll enge Verbindungen zu Zhou Zhengyi, einem der reichsten Geschäftsmänner Shanghais und bekannt für einen Immobilienskandal, gehabt haben.

Im Vergleich milde bestraft

„Die Todesstrafe wäre in diesem Fall auch gerechtfertigt. Zhou Zhengyi wurde damals auch zu mild bestraft“, so Jin Zhong. Nach dem Grund für das milde Urteil gegen Chen befragt, wies Jin auf die Person und die Clique hin, die hinter Chen stehe: „Er wird von Jiang Zemin und dessen Familie gestützt. Jiang war früher Staatspräsident und sein Sohn Jiang Mianheng gehört zu der Clique von Chen in Shanghai. Um die noch mächtigeren Personen in der KPCh zu schützen, müssen sie die Leute, die von ihnen geduldet und unterstützt wurden, mild verurteilen.“

Laut Jin ist Jiang Zemin zwar nicht mehr an der Macht, aber es gäbe immer noch seinen Einfluss in der Partei. Der Fall von Chen beweise, dass die Korruption schon in jeder Zelle der KPCh sitze. Die Bekämpfung der Korruption sei nur eine Show für die Weltöffentlichkeit und für die empörte chinesische Bevölkerung. Zur wahren Bekämpfung der Korruption sei die KPCh gar nicht fähig.

Die Geschichte

Schon im September 2006 wurde führenden Stadtpolitikern und Geschäftsleuten in Schanghai vorgeworfen, Finanzmittel aus einem städtischen Pensionsfonds unerlaubt in Immobilien- und andere Projekte investiert zu haben. Chen wurde damals im Rahmen einer Kampagne zur Korruptionsbekämpfung abgesetzt und auch seiner Ämter als Mitglied des Politbüros enthoben. Er war der ranghöchste Parteifunktionär seit mehr als einem Jahrzehnt, der sein Amt verlor. Beobachter werteten damals den Sturz Chens auch als ein Zeichen, dass die Position von Präsident Hu Jintao geststärkt werden sollte. Chen gehörte zu den Gefolgsleuten von Hus Vorgänger Jiang Zemin, dessen Entmachtung immer noch nicht abgeschlossen schien.

Medienkontrolle im Fall Chen

Am 26. September 2006 erließ das Propagandaministerium der KPCh eine dringende Mitteilung an alle Medien: „Die Berichterstattung in den chinesischen Medien über den Fall Chen Liangyu hat sich streng nach den Meldungen von Xinhua zu richten. Ungenehmigte Kommentare, die zu Empörung in der Bevölkerung führen könnten, dürfen nicht veröffentlicht werden. Alle Medien müssen die Berichterstattungslinien der Partei einhalten.“

Text erschienen in Epoch Times Deutschland Nr. 16/08




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