Massenproteste in Hongkong: Stadtregierung will Auslieferungen nach Festlandchina erlauben

Zehntausende Menschen protestierten am Sonntag in Hongkong, nachdem die Stadtregierung ankündigte, künftig Auslieferungen nach China zu erlauben - trotz der dort weit verbreiteten Todesstrafe.
Epoch Times28. April 2019

Zehntausende Menschen sind am Sonntag in Hongkong gegen Regierungspläne auf die Straße gegangen, Auslieferungen auf das chinesische Festland zu erlauben. Der Protest war der größte, den die Stadt seit Jahren gesehen hatte.

Er wurde zusätzlich befeuert durch die am Mittwoch verhängten Haftstrafen gegen vier Mitglieder der Hongkonger Demokratiebewegung.

Einige Demonstranten waren in Uniformen erschienen, wie sie die Polizei in China trägt. „Präsident Xi Jinping, keine legalisierte Entführung Hongkonger Bürger nach China“, stand auf einem Plakat.

In Sprechchören forderten die Demonstranten den Rücktritt der Peking-freundlichen Verwaltungschefin Carrie Lam. Viele von ihnen trugen Regenschirme – das Zeichen der Protestbewegung, bei der 2014 zehntausende Menschen mehr Demokratie und freie Wahlen in Hongkong gefordert hatten.

Stadt kündigte an, künftig Auslieferungen nach China, Macao und Taiwan zu erlauben

Die 20-jährige Studentin Zoe Yuen war mit ihrer Mutter zum Protestmarsch gekommen. „Wir können der nächsten Generation sagen, dass wir vielleicht nicht bekommen, was wir wollen“, sagte sie, „aber immerhin haben wir Widerstand geleistet“. Nach Polizeiangaben nahmen 22.000 Menschen an der Demonstration teil – das wäre die höchste Zahl seit den Protesten im Jahr 2014. Die Schätzung der Veranstalter dürfte deutlich höher liegen.

Gegen die Pläne gibt es bereits seit längerem Proteste. Bisher hatte Hongkong von Auslieferungen aufs Festland Abstand genommen, weil das Justizsystem dort wenig transparent und die Verhängung der Todesstrafe weit verbreitet ist. Anfang des Jahres hatte die Stadtregierung jedoch angekündigt, künftig Auslieferungen nach Festlandchina, Macau und Taiwan zu erlauben.

Hongkong, 28. April 2019 – ein Blick von oben auf die Demonstranten. Foto: Anthony Kwan/Getty Images

Peking mischt sich zunehmend in Hongkongs Angelegenheiten ein

Hongkongs früherer britischer Generalgouverneur sagte, Gesellschaften, die an den Rechtsstaat glaubten, träfen keine solchen Abkommen mit denen, die das nicht täten. Unternehmer und Juristen in Hongkong fürchten, dass die Stadt ihre Position als internationales Finanzzentrum riskiert, wenn Anwohner eine Auslieferung an die chinesischen Behörden fürchten müssen.

Erst am Mittwoch waren vier prominente Vertreter der Regenschirm-Bewegung zu Haftstrafen von bis zu 16 Monaten verurteilt worden – ein harter Schlag für die Demokratiebewegung und ein zusätzlicher Ansporn für die Demonstranten am Sonntag. Die 61-jährige Buchhalterin Fanly Leung sagte der Nachrichtenagentur AFP, die verhängten Haftstrafen hätten ihr das Herz gebrochen. „Das sind Professoren, hoch gebildete Menschen, die einen Beitrag zur Gesellschaft liefern“, sagte Leung. Es sei nicht richtig, sie ins Gefängnis zu stecken.

Die frühere britische Kronkolonie Hongkong war 1997 an China zurückgeben worden. Unter der Formel „Ein Land, zwei Systeme“ sagte Peking ihr für 50 Jahre weitreichende innere Autonomie zu. In Hongkong gelten daher Grundrechte, die den Bürgern der Volksrepublik vorenthalten werden, etwa Meinungs- und Pressefreiheit. Die Opposition wirft Peking jedoch vor, sich zunehmend in Hongkongs Angelegenheiten einzumischen und damit die Autonomievereinbarungen zu verletzen. (afp)



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