Mehr als eine halbe Million Menschen kehrten katholischer Kirche 2022 den Rücken

Rekordzahl bei Austritten alarmiert sowohl Kirchenvertreter als auch Experten, die eine düstere Zukunft prognostizieren. Auch die evangelische Kirche verliert im vergangenen Jahr 380.000 Mitglieder.
Ab heute beraten sich die katholischen Bischöfe Deutschlands in Dresden - es geht unter anderem um die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in ihrer Kirche.
Die deutschen Bischöfe dürften über die Massenaustritte aus der Katholischen Kirche nicht glücklich seinFoto: Friso Gentsch/dpa
Von 28. Juni 2023

Im vergangenen Jahr sind so viele Menschen aus der katholischen Kirche in Deutschland ausgetreten wie noch nie. Nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) kehrten 2022 insgesamt 522.821 Menschen der Kirche den Rücken.

Damit hat die Austrittswelle bei den Deutschen Katholiken einen weiteren Höchststand. Bisher war das Jahr 2021 Spitzenreiter gewesen. In diesem Jahr verließen 359.338 Menschen die Kirche.

Wie die Kirchenstatistik, die jährlich von der Deutschen Bischofskonferenz und den 27 Bistümern und Erzbistümern herausgegeben wird, weiter aufführt, machten Katholiken im letzten Jahr 24,8 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. 2021 lag der Anteil noch bei 26 Prozent.

„Die Katholische Kirche stirbt einen quälenden Tod“

Gegenüber „Zeit Online“ stellte der Kirchenrechtler Thomas Schüller eine düstere Prognose: „Die katholische Kirche stirbt einen quälenden Tod vor den Augen der gesellschaftlichen Öffentlichkeit.“

Dass die Austrittswelle 2021 nicht ihren Höchststand erreicht hat, deutete sich schon im vergangenen Jahr an. Nach der Vorstellung des Gutachtens zum Missbrauch im Erzbistum München und die im Nachgang ausgebrochene Diskussion um die Mitschuld des emeritierten Papstes Benedikt XVI. waren die Austrittszahlen schon damals gestiegen.

Weiter war die Diskussion um die Lügenvorwürfe gegen den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, die noch bis heute anhält, ein weiterer Punkt, der die Menschen zum Austritt trieb.

„Viele Ursachen spielen hierbei hinein, aber auch aktuelle Brandbeschleuniger wie die kardinale Tragödie in Köln, in deren Strudel alle Bistümer und selbst die evangelischen Landeskirchen mit hineingezogen werden“, sagte Kirchenrechtler Schüller.

Ehren- und Hauptamtliche sollen sich nicht entmutigen lassen

Für den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Limburgs Bischof Georg Bätzing, sind die Zahlen laut „Augsburger Allgemeine“ ein Weckruf. „Die Zahlen sind alarmierend. Wir können und wollen die Augen nicht vor dieser Entwicklung verschließen.“ Er warnte vor Resignation und appellierte an Ehren- und Hauptamtliche: „Lassen Sie sich nicht entmutigen.“

Wie die Zeitung weiter schreibt, verzeichnete vor allem das Erzbistum Köln mit 51.345 Menschen die meisten Kirchenaustritte von allen (Erz-)Bistümern in Deutschland. Dann folgen München und Freising mit 49.029 (2021: 35.323) und Freiburg mit 41.802 (2021: 30.043). Die Zahlen der Kirchenaustritte lassen sich daher, wie in den vergangenen Jahren auch, kaum seriös als Votum über die kirchenpolitischen Positionierungen – liberal oder katholisch-konservativ – der jeweiligen Bischöfe interpretieren.

Von den Massenaustritten ist nicht nur die Katholische Kirche betroffen. Auch die Evangelische Kirche hat laut „Zeit Online“ 2022 mit 380.000 Mitgliedern mehr Mitglieder verloren als ein Jahr zuvor.



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