Militärische Bedrohung oder Psycho-Trick? – Chinas Spionage-Ballon über Amerika

Wegen des Überflugs eines mutmaßlichen chinesischen Spionage-Ballons über die USA verschiebt US-Außenminister Antony Blinken eine geplante Reise nach Peking. Das gab ein US-Regierungsvertreter am Freitag in Washington bekannt. Solche Ballons habe es in den letzten Jahren schon einige gegeben. Aber diesmal sei es anders. Die Verweildauer über den USA ist länger. Warum?
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Das US-Pentagon in Washington, D. C. aus der Vogelperspektive.Foto: iStock
Von 3. Februar 2023

Das Militär der Vereinigten Staaten von Amerika meldet die Sichtung eines chinesischen Spionage-Ballons über dem Bundesstaat Montana im Norden des Landes. US-Brigadegeneral Pat Ryder, Pressesprecher des US-Verteidigungsministeriums, erklärte in einer Mitteilung des Pentagon am 2. Februar 2023: „Die Regierung der Vereinigten Staaten hat einen Überwachungsballon in großer Höhe entdeckt, der sich gerade über dem Festland der Vereinigten Staaten befindet und verfolgt ihn.

Derzeit fliege der Ballon „in einer Höhe weit über dem kommerziellen Luftverkehr“. Er stelle keine militärische oder physische Bedrohung für Menschen am Boden dar“, versichert das Militär. Ryder erklärte auch, dass derartige Fälle von Ballonaktivität in den letzten Jahren auch schon beobachtet worden seien. „Als der Ballon entdeckt wurde, handelte die US-Regierung sofort, um sich vor der Sammlung sensibler Informationen zu schützen.“ Was genau damit gemeint sei, wurde nicht mitgeteilt.

China gibt sich unwissend

Einem Bericht des „Wall Street Journal“ (WSJ) zufolge lehne China es ab, zu sagen, dass es einen Spionage-Ballon über die USA geschickt habe. „Die chinesische Seite sammelt und überprüft die Fakten“, sagte in einer Pressekonferenz die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, Mao Ning. Sie sagte auch, China habe nicht die Absicht, den Luftraum anderer Länder zu verletzen. Man hoffe, dass Peking und Washington das Thema ruhig und vorsichtig behandeln werden.

Dem Bericht nach passierte der Vorfall wenige Tage vor einer geplanten Reise des US-Außenministers Antony Blinken nach Peking. Darauf angesprochen, sagte Ning, sie habe dazu keine Informationen zu teilen. Sie betonte jedoch, dass „Spekulationen und Sensationen“ nicht hilfreich seien, das Problem richtig anzugehen, bevor man ein klares Verständnis der Fakten habe.

Wozu das Ganze?

Das WSJ verweist darauf, dass das Sichtungsgebiet des Ballons, Montana, die Heimat einer der nuklear bewaffneten Interkontinentalraketenbasen der USA sei. Einige US-Beamte und Militäranalysten fragten sich aber, was eine ballonbasierte Spionageplattform zu Pekings Geheimdienstoperationen beitrage. Denn: Chinas Flotte von Überwachungssatelliten werde ja laut Pentagon nur noch von den USA übertroffen.

Eine mögliche Antwort gab Lin Ying-yu, Experte für das chinesische Militär an der Tamkang-Universität in Taiwan. Lins Angaben zufolge würde der Ballon eher einen psychologischen Schock als eine militärische Bedrohung darstellen.

Das WSJ ergänzt dazu eine Ausführung zweier chinesischer Analysten aus dem Jahr 2021. Diese schrieben in einer chinesischen Militärzeitung: „In Zukunft könnten Ballonplattformen auch so beängstigend sein wie unsichtbare Killer, wie U-Boote in der Tiefsee.“ Ballons könnten lange Zeit am selben Ort verweilen, seien schwierig zu entdecken und kosteneffektiv.

„Es ist anders“

Bei einem kurzfristig einberufenen Pressetermin mit Brigadegeneral Ryder und einem nicht näher benannten hochrangigen Beamten des US-Verteidigungsministeriums erklärte der Pentagon-Pressesprecher, dass man „zuversichtlich“ sei, dass der Überwachungsballon China gehöre. Präsident Biden sei „informiert und nach militärischen Optionen gefragt“ worden. US-Verteidigungsminister Austin habe zudem hochrangige Führungskräfte des Ministeriums einberufen.

Den Angaben zufolge führe die Flugbahn des Ballons über „eine Reihe von sensiblen Stellen“ und er sei länger über dem US-Luftraum als ähnliche Objekte in den Jahren zuvor. „Derzeit beurteilen wir, dass dieser Ballon aus Sicht der Informationssammlung einen begrenzten Mehrwert hat.“ Es gehe nicht darüber hinaus, was China „wahrscheinlich durch Dinge wie Satelliten im erdnahen Orbit“ sammeln könne.

Dennoch unternehme man derzeit Schritte zum Schutz vor der „Sammlung sensibler Informationen durch ausländische Geheimdienste“. Genaueres dazu wurde jedoch nicht gesagt. Er meinte auch: „Wenn sich also das Risikoprofil, das ich zuvor beschrieben habe, ändert, haben wir Optionen, um mit diesem Ballon fertig zu werden.“

Der Verteidigungsbeamte erklärte, man habe China über mehrere Kanäle kontaktiert, sowohl über die chinesische Botschaft in Washington als auch über die US-Botschaft in Peking. „Wir haben ihnen mitgeteilt, wie ernst wir dieses Thema nehmen“, so der Beamte, der dazu erklärte, dass er an dieser Stelle jedoch nicht auf den Inhalt der Botschaft eingehen werde. „Aber wir haben deutlich gemacht, dass wir alles Notwendige tun werden, um unser Volk und unser Heimatland zu schützen.“

Eine Reporterin des „Wall Street Journal“ fragte den Verteidigungsbeamten, ob es einen Grund zu der Annahme gebe, „dass die Chinesen wollten, dass dies entdeckt wird?“ Der Beamte erklärte, dass er nicht spekulieren wolle. Sie solle das besser die chinesische Botschaft fragen. „Ich weiß nicht, warum sie getan haben, was sie getan haben. Ich werde sagen, dass es in der Vergangenheit nicht für längere Zeit über den kontinentalen Vereinigten Staaten herumlungerte. Es ist anders“, so der Beamte.

Vorerst kein Abschuss

Wie der Verteidigungsbeamte weiter erklärte, hätten sowohl Generalstabschef Mark Milley als auch der Kommandant des Nördlichen Kommandos der Vereinigten Staaten (NORTHCOM), General Glen D. VanHerck, dringend empfohlen, „keine kinetischen Maßnahmen zu ergreifen“ – den Ballon also nicht abzuschießen. Es sei zu befürchten, dass die Sicherheit von Menschen am Boden durch das mögliche Trümmerfeld gefährdet worden wäre. Die Größe des Ballons benannte der Beamte mit „beträchtlich“. Man habe ihn auch mit „bemannten Flugzeugen“ beobachtet. Bei NBC war von F-22-Jägern die Rede.

Der Verteidigungsbeamte erklärte dazu, dass man sich eine Abschuss-Option in dieser Höhe für einige dünn besiedelte Gebiete in Montana angesehen habe, das Risiko aber nicht weit genug reduzieren konnte, um es bei gutem Gewissen schließlich zu empfehlen.



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