Minderwertiger Impfstoff für Kinder: China vertuscht den Skandal – Opfer erzürnt „diesmal vergeben wir nicht“

Die Internetzensur in China schlägt wieder zu. Kommentare der wütenden Opfer der wiederkehrenden Skandale werden gelöscht.
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Ein Kleinkind erhält eine Impfung im Krankenhaus in Rongan im südlichen China. 23. Juli 2018.Foto: -/AFP/Getty Images
Von 25. Juli 2018

Chinas Zensurabteilung arbeitet auf Hochtouren, nachdem ein weiterer inländischer Impfstoffskandal für Aufruhr gesorgt hat – vor allem, weil sich Details über eine offensichtliche Vertuschung durch das betroffene chinesische Pharmaunternehmen und eine damit einhergehende Kontrolle durch die chinesischen Behörden ergeben haben.

Nach dem Verkauf von minderwertigem Impfstoff für kleine Kinder gab Changsheng Biotechnology am 19. Juli auf seiner Website bekannt, dass seine hundertprozentige Tochtergesellschaft Changchun Changsheng Biotechnology für den Verkauf von minderwertigem und unzulässigem Impfstoff für kleine Kinder bestraft worden sei. Das Biotech-Unternehmen aus Changchun City war von der Jilin Food and Drug Administration für die Herstellung und den Verkauf von minderwertigen Dosen des DTap-Impfstoffs bestraft worden – ein Kombinationsimpfstoff für kleine Kinder, um Immunität gegen Diphtherie, Keuchhusten und Tetanus zu entwickeln. So ein Bericht der staatlichen National Business Daily vom 21. Juli.

Insgesamt wurden 253.330 fehlerhafte Dosen von der Verwaltung bei zufälligen Stichproben entdeckt. Die meisten der fehlerhaften Dosen – ungefähr 252.600 – sind bereits verkauft und zum Zentrum für Krankheitskontrolle und -prävention in Shandong versendet worden.

Die Nahrungsmittel- und Medikamentenaufsicht (FDA) der Provinz Jilin beschlagnahmte die restlichen 186 Dosen des minderwertigen DTap-Impfstoffs, der sich noch im Besitz von Changchun Changsheng befand. Außerdem wurde das Unternehmen mit einer Geldstrafe von 430.000 Yuan belegt.

Erst letzte Woche, am 17. Juli, wurde festgestellt, dass Changchun Changsheng bei der Herstellung des Vero-Zell-Tollwutimpfstoffs Herstellungsdaten gefälscht hat. Die GMP-Zertifizierung (Good Manufacturing Practice) wurde daraufhin von der Jilin FDA widerrufen.

215.000 Kinder bereits geimpft

Es stellte sich heraus, dass die FDA von Shandong seit etwa 10 Monaten über die minderwertigen Impfstoffe von Changchun Changsheng informiert waren. Trotzdem machte sie keine öffentliche Ankündigung. So heißt es in einer weit verbreiteten Kopie eines offiziellen Dokuments die Shandong FDA, das auf Sina Weibo, Chinas Äquivalent zu Twitter, durchgesickert war.

Zusätzlich wies das Dokument die städtischen FDA-Büros in der Provinz Shandong an, die minderwertigen Impfstoffe zurückzurufen, und gleichzeitig die öffentliche Meinung „genau zu beobachten“, ein Euphemismus für Zensur. Das Dokument ist mit den Worten „nicht zu veröffentlichen“ gekennzeichnet.

Am 23. Juli gab das Zentrum für Krankheitskontrolle und -prävention in Shandong bekannt, dass es bereits im November 2017 anfing die minderwertigen Dosen heimlich zurückzurufen. Bis dahin waren bereits 247.359 Dosen der minderwertigen 252.600 verwendet worden. Mehr als 215.000 Kinder wurden mit dem minderwertigen Impfstoff geimpft.

Es ist unklar, ob andere Bereiche vom Rest der Lieferung des minderwertigen DTap-Impfstoffs durch Changsheng betroffen waren.

In der Erklärung heißt es weiter, dass die chinesischen Behörden bei den Kindern, die mit dem Impfstoff geimpft wurden, keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen festgestellt haben.

Online-Zensur

Viele chinesische Netzbürger ließen ihre Frustration und ihre Wut über die Behörden und Changchun Changsheng seitdem bei Weibo – dem chinesischen Pendant für Facebook – aus. Sie ließen den betroffenen Kindern und ihren Familien Trost zukommen.

Allerdings sind viele Online-Kommentare inzwischen entfernt worden, so berichten Free Weibo und Weiboscope – beides Internetseiten, die die Zensur in Chinas sozialen Medien beobachten.

Laut der Datenbank von Free Weibo wurden viele Online-Beiträge mit dem Stichwort „Impfstoff“ von den chinesischen Behörden ab dem 21. Juli gelöscht. In einem der gelöschten Beiträge schrieb Na Xiaofang: „Beiträge werden schnell gelöscht. Die Leute, die für das Löschen von Beiträgen zuständig sind, haben wahrscheinlich keine Kinder. Wenn sie Kinder haben, werden sie wahrscheinlich nicht mit diesen Impfstoffen geimpft“. Der Post spiegelt die öffentliche Meinung wider, nach der chinesische Beamte eine Sonderbehandlung erhalten und normalerweise vor solchen Gesundheitsängsten geschützt sind.

Ein weiterer gestrichener Beitrag: „Bitte lassen Sie die Hauptverantwortlichen der CFDA und der Jilin Food and Drug Administration zurücktreten, wenn diese Leute noch ein wenig politischen Scham in sich tragen“.

Im Falle einer sozialen Krise ordnet das chinesische Regime gewöhnlich eine Informationssperre an, einschließlich Online-Zensur und Verbreitung falscher Nachrichten – wie etwa während des Melaminskandals 2008, als festgestellt wurde, dass chinesische Milch und Säuglingsanfangsnahrung mit dem chemischen Melamin verunreinigt war.

Deshalb flüchten Internetnutzer auf die Internetpräsenz der amerikanischen Botschaft, auf der chinesische Behörden nicht zensieren dürfen.

„Die Regierung (KPCh) ist nicht glaubwürdig. Wie schrecklich es [Impfstoff-Skandal] ist. Es gibt nur Unterdrückung. Wenn der Vulkan aktiv ist, wie lange kann man ihn unterdrücken?”, schreibt ein chinesischer Netzbürger auf der Weibo-Präsenz der US-Botschaft. „Nur die USA kann uns retten! Ich bitte Sie, bitte retten Sie die chinesischen Kinder.“

In dem Artikel „Der gefälschte Impfstoff, diesmal vergeben wir nicht, akzeptieren keine Entschuldigung…. geben keine Chance!“, der im Internet verbreitet wurde, heißt es:

“Denken Sie nicht, dass das nur ein einfacher Vorfall ist. Sie hat die Grundlinie der Menschheit und die moralischen Maßstäbe durchbrochen. Alle Gesetze wurden mit Füßen getreten und alle öffentlichen und guten Werte verletzt.“

Und: ”Entschuldige dich nicht, dem Teufel soll kein Mitgefühl gegeben und nicht vergeben werden.“

Anhaltendes Problem

China wird immer wieder von Skandalen wegen verunreinigter Medikamente oder Lebensmitteln heimgesucht. Behörden sind oft untätig oder in Korruption verwickelt.

Vom 6. bis 22. Dezember 2013 starben sieben Neugeborene nach der Impfung mit einem Hepatitis-B-Impfstoff. Die chinesischen Behörden stellten später fest, dass die Todesfälle durch ein „unerwünschtes Ereignis nach der Impfung“ (AEFI) verursacht wurden – was bedeutet, dass die Kinder eine ruhende Krankheit hatten, die durch den Impfstoff ausgelöst wurde. Die drei chinesischen Pharmaunternehmen wurden nicht zur Rechenschaft gezogen, so ein Bericht der staatlichen Zeitung The Paper vom 22. Juli.

Das Fehlen harter Strafen für die Hersteller sei schuld an den immer wiederkehrenden Skandalen, heißt es in dem Bericht.

Eltern, die eine finanzielle Entschädigung und Rechtsbehelfe für ihre betroffenen Kinder fordern, werden oft von der Polizei schikaniert und inhaftiert.

Auch im diesmaligen Skandal sind die Täter schon länger in Korruption verwickelt. Obwohl Changsheng Biotechnology und Changchun Changsheng von 2001 bis 2017 an mehr als 10 Bestechungsfällen beteiligt waren, haben die Unternehmen ohne große Eingriffe weitergearbeitet.

Wu Yuhai, ein Verkäufer, der für Changchun Changsheng arbeitet, hat Wang Feng, einem ehemaligen Direktor des Zentrums für Seuchenprävention, Bestechungsgelder gegeben, so heißt es in einem Bericht von The Paper. Für den Kauf von 13.600 Dosen Windpocken-Impfstoff von Juni 2010 bis März 2013, hat Wu 63 Cent pro Dosis an Wang gegeben.

Wu hat Wang auch für den Kauf von Tollwutimpfungen bestochen. Für jede abgenommene Dosis gab er ihm 2,52 Euro. Insgesamt hat Wang 4.800 Dosen von Tollwutimpfstoffen von Juni bis September 2015 gekauft.

Wang wurde für seine Bestechungsgelder am 18. Juli zu acht Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Es ist nicht bekannt, ob Wu bestraft wurde.

Das Original erschien in der amerikanischen Epoch Times (deutsche Bearbeitung von yz/tp).

Originalartikel: Online Censorship in Full Swing as Vaccine Recall Scandal Erupts in China



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