Mindestlöhne nützen Arbeitgebern

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Bauarbeiter auch im Osten erhalten nun Mindestlöhne und damit mehr Euro am Monatsende auf dem Lohnzettel.Foto: AP Photo/Sven Kaestner
Epoch Times12. Dezember 2011

Jeder kennt die Parole: „Mindestlöhne gefährden Arbeitsplätze„. Jetzt bewies das Bundesarbeitsministerium erneut durch Gutachten in acht Branchen, dass dies ein Irrtum ist. Die kürzlich veröffentlichten Gutachten wurden vom Ministerium zu den Auswirkungen von Mindestlöhnen für acht der zehn Branchen erarbeitet, in denen aktuell in Deutschland Lohnuntergrenzen gelten.

Keine einzige Stelle wurde wegen gestiegener Personalkosten durch Mindestlöhne abgebaut. Im Gegenteil, die Analysen, an denen das Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE) mitgewirkt hat, zeigen, dass die meisten Unternehmen Lohnuntergrenzen positiv gegenüber stehen, weil Mindestlöhne für einen fairen Wettbewerb sorgen und damit auch die Chancen des Unternehmens am Markt.

Vier Jahre Mindestlöhne

Als eines von sechs beauftragten Instituten hatte das IAQ zwei Branchen genauer unter die Lupe genommen: die Gebäudereinigung, in der seit langem ein Mindestlohn gezahlt wird. Seit dem 1. Juli 2007 gilt er auch nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz und beträgt zurzeit 7 Euro (Ost) bzw. 8,55 Euro (West); und die Wäschereien, für die seit Oktober 2009 entsprechende Regelungen greifen. Hier gibt es aktuell mindestens 6,75 Euro (Ost) und 7,80 Euro (West) Mindestlohn pro Stunde.

Haben nun Umsätze, Beschäftigtenzahlen und Arbeitsumfang unter den Mindestlöhnen gelitten? Diese Frage beantworten die Wissenschaftler mit einem klaren „Nein, in keinem Fall“. Vor allem für die Gebäudereiniger haben sich die letzten Jahre, durch Mindestlöhne, fast durchgängig positiv entwickelt. Wie Berechnungen des IAQ beim Vergleich mit Reinigungskräften etwa in Kommunen oder Krankenhäusern ergaben, hat sich die Beschäftigungsentwicklung in der Branche durch die höheren Löhne nicht verschlechtert. Auch der Abgleich mit Beschäftigtengruppen ohne Mindestlohn – wie (bis zum 1. Juni 2011) im Wach- und Sicherheitsgewerbe sowie in der getränkegeprägten Gastronomie, dazu zählen Discos, Kneipen oder Bars – ergab keine nennenswerten Unterschiede.

Mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte

Die IAQ-Forscher stellten bei den Gebäudereinigern durch die Mindestlöhne allerdings Verschiebungen von Minijobs hin zu sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen fest. „Dies liegt vermutlich an den effektiveren Kontrollen und Sanktionen, die die Zollämter im Kampf gegen Schwarzarbeit vornehmen. Denn in der Vergangenheit wurden geringfügig Beschäftigte nicht immer nach den Tarifverträgen entlohnt, obwohl diese bereits seit langem allgemeinverbindlich sind“, erklärt IAQ-Direktor Prof. Dr. Gerhard Bosch. Weite Teile der Branche zahlen den Servicekräften in der Unterhaltsreinigung nur die Mindestlöhne. Ohne gesetzliche Untergrenze wäre der Stundenlohn etwa 1 Euro niedriger, schätzen die Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter.

Etwas anders verhält es sich bei den Wäschereien. Hier gelten Mindestlöhne ausschließlich für Betriebe, die mehr als 80 Prozent ihres Umsatzes im Objektkundengeschäft erzielen, also Wäschereien, die für Hotels, Krankenhäuser oder die Industrie waschen. Eine repräsentative Befragung ergab, dass etwa 40 Prozent der Wäschereien mit zirka 85 Prozent der Beschäftigten unter die Mindestlohn-Regelungen fallen. Jede Dritte dieser Firmen musste wegen der Regelungen Löhne erhöhen. In Ostdeutschland waren es sogar zwei Drittel der Unternehmen. Doch zu Stellenstreichungen haben die Mindestlöhne nicht geführt, fanden die Wissenschaftler heraus. „Die Betriebe berichteten überwiegend von positiven oder neutralen Wettbewerbswirkungen. Auch hat sich wohl das Image der Branche durch die Mindestlöhne verbessert, was ihnen die Personalrekrutierung erleichtert“, sagt Dr. Claudia Weinkopf, die stellvertretende IAQ-Leiterin.

Bosch und Weinkopf warnen allerdings davor, allein auf branchenbezogene ‚Lohnuntergrenzen zu setzen. Sie fanden, das reiche nicht aus. Um Dumpinglöhne in Deutschland zu verhindern, sei – wie in den meisten europäischen Ländern üblich – auch eine gesetzliche Mindestbezahlung für alle Beschäftigten notwendig. Diese Mindestlöhne dürfen in keiner Branche unterschritten werden. Es stehe jedoch weiterhin jedem frei, übertariflich zu bezahlen oder gleich höhere Tariflöhne zu vereinbaren. Diese können über das Arbeitnehmer-Entsendegesetz dann auch als branchenbezogene Mindestlöhne für allgemeinverbindlich erklärt werden. (sfr / UDE)

 

 



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