Mit Kochtöpfen gegen Impfzwang und Beugehaft – Dänen wollen geplantes Epidemiegesetz kippen

In Dänemark wird seit mehreren Wochen gegen ein geplantes Epidemiegesetz protestiert, das der Regierung permanent weitreichende Befugnisse im Pandemie-Fall sichern soll. Darunter wären potenziell auch Impfzwang und Beugehaft – gestützt auf das „Vorsorgeprinzip“.
Von 17. November 2020

Seit mehr als einer Woche protestieren Bürger in mehreren Städten Dänemarks gegen ein geplantes neues Epidemiegesetz, zu dem in der Vorwoche eine parlamentarische Anhörung stattfand.

Ähnlich wie in Deutschland, wo am Mittwoch das Dritte Bevölkerungsschutzgesetz durch den Bundestag gehen soll, verfolgt das geplante Gesetz den Zweck, der Regierung erweiterte Befugnisse einzuräumen, Maßnahmen zur Bekämpfung von Pandemien wie COVID-19 in Kraft zu setzen. Wie in Deutschland befürchten Kritiker, dass damit zentrale Grundrechte ausgehöhlt werden.

Gesetz soll bestehende Notstandsbestimmungen ersetzen

Das Gesetz soll ein bereits im April in Kraft gesetztes Notstandsgesetz ersetzen und die auf seiner Grundlage ergangenen Exekutivmaßnahmen für die Zukunft als grundsätzliche Handlungsoptionen im Seuchenfall verankern.

Zu diesen Maßnahmen gehören, wie „The Local“ aufzählt, neben dem Recht zur Inkraftsetzung von Quarantänebestimmungen auch das Recht, Bürgern den Zutritt zu öffentlichen Einrichtungen von Behörden bis hin zu Schulen zu unterbinden, ebenso jenen zu Supermärkten, Geschäften, Pflegeheimen und Krankenhäusern oder zum öffentlichen Transportwesen.

Nach dem Ende der Anhörung ist der aktuelle Entwurf noch Gegenstand der öffentlichen Diskussion, sodass die Endfassung, die im Parlament zur Abstimmung kommt, noch von dessen Inhalten abweichen kann.

Künftig freie Bahn für Zwangsbehandlungen in Dänemark?

Einige der geplanten Bestimmungen haben in Teilen der Bevölkerung die Alarmglocken schrillen lassen. So ist vorgesehen, dass in bestimmten Fällen, mit gefährlichen Krankheiten infizierte Menschen, zwangsweise einer medizinischen Untersuchung, stationärer Behandlung, Medikation und Isolation unterzogen werden können.

Außerdem ermächtigt das neue Gesetz die nationale dänische Gesundheitsbehörde, Gruppen von Menschen zu definieren, die Zwangsimpfungen unterzogen werden müssen, mit der Begründung eine gefährliche Krankheit einzudämmen oder zu eliminieren. Unter bestimmten Voraussetzungen dürfte die Polizei sogar psychischen Zwang durch Beugehaft anwenden, um die Impfung durchzusetzen.

Die Entscheidung darüber, wann eine Seuche gefährlich genug ist, um das Epidemiegesetz in Kraft zu setzen, soll letzten Endes beim Gesundheitsminister liegen. Dieser habe zwar eine Beraterkommission zur Seite, sei an deren Empfehlungen jedoch nicht gebunden.

„Vorsorgeprinzip“ als Grundlage für Impfzwang und Massenkeulung von Nerzen?

Was ebenfalls auf scharfe Kritik stößt, ist die starke Betonung des „Vorsorgeprinzips“, auf das künftig weitreichende Entscheidungen gestützt werden könnten – auch wenn es noch keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu der Frage gäbe.

Ein Beispiel dafür ist die jüngst angekündigte Keulung mehrerer Millionen von Nerzen in Dänemark mit der Begründung, eine Mutation des Coronavirus in diesen Tieren könnte künftig neue Gefahren für die Allgemeinheit schaffen. Derzeit läuft eine Testreihe, die der Frage nachgeht, ob dieses Risiko ernst zu nehmen ist.

Louise Holck vom „Dänischen Institut für Menschenrechte“, erklärte gegenüber „DR“:

Je stärker die Intervention in Rechte der Bürger eingreift, umso sicherer sollte man sich bezüglich ihrer Effektivität sein.“

Die NGO nimmt Anstoß an den erweiterten Auskunftsrechten der Behörden gegenüber Unternehmen und privaten Organisationen hinsichtlich der Bewegungsprofile mutmaßlicher Infizierter. Dies schaffe eine „Überwachungskultur, die in keiner Weise der Gesellschaft dient“.

Auch Camila Rathcke, Chefin der dänischen Ärztevereinigung, meint, eine derartige Machtfülle in den Händen der Regierung könne sich, vom Blickwinkel einzelner Patienten aus betrachtet, als „Grenzüberschreitung“ anfühlen.

Kritik von Unternehmen und Sportverbänden

Bedenken werden auch von Unternehmen geäußert, die sich als potenzielle Bittsteller sehen, weil aus dem Gesetzesentwurf keineswegs hervorgehe, ob und inwieweit sie im Fall weiterer Lockdownmaßnahmen überhaupt einen Anspruch auf Entschädigung für Verluste und Gewinnausfälle hätten. Gleiches gelte für Sportverbände, die über längere Zeit hinweg bereits ihre Zuschauerzahl auf maximal 500 beschränken mussten. Auch sie verlangen einen klaren Nachweis über Wirksamkeit und Angemessenheit von Maßnahmen, bevor solche verhängt werden.

Anders Beich, der Vorsitzende der Dänischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin, fordert eine ersatzlose Streichung des Passus über eine mögliche Zwangsimpfung. Für eine solche sei kein Grund erkennbar und allein die theoretische Möglichkeit, zu solchen Mitteln zu greifen, sei Wasser auf die Mühlen genereller Impfgegner.

JFK21 als dänische „Querdenken“-Bewegung

Solche stellen unter anderem das Rückgrat der neu gegründeten „Volkspartei – Erde, Freiheit und Wissen“ (JFK21). Flemming Blicher, ein Unterstützer der Partei hat vorübergehend sein Yoga-Studio und seine „Beratungsfirma über mobile Strahlung“ eingestellt, um sich dem Demonstrieren gegen die Corona-Maßnahmen zu widmen. Gegenüber „Altinget“ sagte er:

Wenn das Gesetz verabschiedet wird, befinden wir uns in einer echten Diktatur. Nicht mit einem Ablaufdatum, sondern für immer. Deshalb stehen wir hier, bis das Epidemiegesetz auf das zurückgesetzt wird, was es vor 2019 war, als der Gesundheitsminister keine diktatorischen Befugnisse hatte.“

Pflegerin Nina Kimbel, die ebenfalls seit zwei Wochen demonstriert, meint:

Ich möchte keine Kinder haben, wenn wir vor einer Zukunft stehen, in der wir gewaltsam geimpft werden müssen.“

Die Partei JFK21 sieht sich nach eigenen Angaben im Kampf gegen „bezahlte Wahrheit“ und wendet sich auch gegen 5G-Netze und WLAN an Schulen und Kindergärten. Ob sie von den verbreiteten Bedenken gegen die Corona-Politik profitieren kann, ist ungewiss.

„Information“: Epidemiegesetz ist „Gefahr für die Demokratie“

Pia Hardenberg nennt das geplante Gesetz in der Zeitung „Information“ eine „Gefahr für die Demokratie“:

„Allein das Konzept der ‚sozial kritischen Krankheit‘ lässt alle Warnleuchten angehen. Es ist unmöglich, dabei nicht an Diktaturen zu denken, in denen Intellektuelle nur aufgrund ihrer Einstellungen inhaftiert sind und in denen keine Redefreiheit besteht. Wie können wir die Demokratie schützen, wenn wir auf unbestimmte Zeit unter der Annahme eingesperrt sind, dass wir mit einer sozial kritischen Krankheit infiziert sind?“

Einzelne Protestbewegungen feiern als Erfolg ihrer Demonstrationen, dass die parlamentarischen Beratungen zu diesem Gesetz beendet wurden – zumindest behauptet das eine Dänin auf Twitter:




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