Nach Abkommen mit Tunesien: EU kündigt weitere Deals gegen irreguläre Migration an

Nach dem Mitte Juli abgeschlossenen Abkommen mit Tunesien strebt die EU eine weitere Vereinbarung zur Verhinderung irregulärer Migration an. Dies kündigte Kommissionspräsidentin von der Leyen in Bayreuth an.
Mark Rutte, Ursula von der Leyen, Kais Saied, Präsident von Tunesien und Giorgia Meloni im Präsidentenpalast in Karthago.
Mark Rutte, Ursula von der Leyen, Kais Saied, Präsident von Tunesien und Giorgia Meloni im Präsidentenpalast in Karthago.Foto: Uncredited/Tunisian Presidency/AP/dpa
Von 28. Juli 2023

Am 16. Juli haben die EU und Tunesien eine Absichtserklärung zur Verhinderung sogenannter irregulärer Migration über das Mittelmeer unterzeichnet. Dieser Vereinbarung sollen noch weitere folgen. Dies kündigte die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, zu Beginn der Woche in Bayreuth an. Dort hatte sie eine gemeinsame Pressekonferenz mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder gegeben.

EU-Kommissionspräsidentin lobt Zusammenarbeit mit Westbalkan-Ländern

Wie „n-tv“ berichtet, will von der Leyen weitere Abkommen mit möglichen Partnerländern aushandeln. Zu diesem Zweck müsse man „enger mit den Herkunftsländern und den Transitländern zusammenarbeiten“.

Vorbild sei dabei die Zusammenarbeit mit den Ländern des westlichen Balkans. Diese habe einen Rückgang irregulärer Einreisen in die EU um 25 Prozent während der vergangenen sechs Monate bewirkt. Die Balkanroute hatte sich im Laufe der vergangenen Jahre neben dem Mittelmeer als Hauptroute für Fluchtbewegungen etabliert.

Von der Leyen machte keine präzise Aussage darüber, mit welchen Ländern man als Nächstes über vergleichbare Vereinbarungen verhandeln möchte. Sie stellte jedoch fest, dass mit einer schärferen Kontrolle der Balkanroute die Migration über das Mittelmeer wieder zugenommen hat.

Meloni will Geberkonferenz mit 20 Staaten initiieren

Um der Entwicklung gegenzusteuern, müsse man mehr in die Stabilisierung der Wirtschaft von Herkunfts- und Transitländern investieren. Zudem müsse man gemeinsam mit diesen „die organisierte Kriminalität der Schleuser und Schlepper bekämpfen“.

Wenige Tage nach der Vereinbarung mit Tunesien fand auch ein Migrationsgipfel in Rom statt. Zu diesem hatte Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni eingeladen. Dabei haben sich Vertreter von knapp 20 Ländern darauf geeinigt, einen gemeinsamen Fonds aufzulegen. Dieser solle Maßnahmen zur Regulierung von Migration auf den Weg bringen.

Meloni sprach nach dem Gipfel davon, dass der Fonds der Finanzierung von Investitionsprojekten und der Unterstützung von Grenzkontrollen dienen soll. Eine Geberkonferenz sei geplant, und die Vereinigten Arabischen Emirate hätten bereits 100 Millionen Euro zugesagt.

Von den EU-Ländern hatten unter anderem Griechenland und Malta an dem Gipfel teilgenommen. Dazu kamen Vertreter unter anderem von Ägypten, Libyen, Äthiopien, Jordanien, Algerien, der Türkei, Saudi-Arabien und aus den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Abkommen bringt Tunesien 900 Millionen Euro aus Brüssel ein

Mit Tunesien hatte sich die EU auf eine „Partnerschaft zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität“ geeinigt. Insgesamt soll das nordafrikanische Land 900 Millionen Euro erhalten. Ein erheblicher Teil davon sei für Wirtschaftsförderung, Digitalisierung und erneuerbare Energien gedacht. Zudem soll Tunesien an das Studentenaustauschprogramm „Erasmus“ angebunden werden.

Mindestens 105 Millionen Euro sind, wie die „Tagesschau“ meldete, allerdings für die Bekämpfung der irregulären Immigration vorgesehen. Gemeinsam mit der EU werde das Land „unsere Koordinierung bei Such- und Rettungseinsätzen verstärken“, erklärte von der Leyen.

Zudem wolle man „beim Grenzschutz, bei Rückführungen und bei der Bekämpfung der Grundursachen“ zusammenarbeiten. Dies „unter voller Achtung des internationalen Rechts“, wie die Kommissionspräsidentin hinzufügte.

HRW bescheinigt Tunesien schwere Menschenrechtsverletzungen gegen Migranten

Kritiker des Abkommens weisen nämlich darauf hin, dass dies im Fall Tunesiens nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit darstelle. Just am Tag der Unterzeichnung des Abkommens war bekannt geworden, dass Tunesien mindestens 80 Migranten ohne Wasser und Nahrung in der Wüste ausgesetzt habe.

Dies sei nicht der erste Vorfall dieser Art gewesen, heißt es vonseiten der Organisation „Human Rights Watch“ (HRW). Die Vereinigung hat „schwere Misshandlungen“ afrikanischer Migranten durch tunesische Sicherheitskräfte dokumentiert. Wie „n-tv“ berichtet, reichten die Vorwürfe von Gewalt über Folter, Massenvertreibung und Zwangsräumungen bis hin zum Diebstahl von Geld und Wertsachen.

Der 2022 durch einen Putsch an die Macht gekommene Präsident Kais Saied beschuldigte Migranten im Februar sogar, Teil einer „kriminellen Verschwörung“ zu sein. In Brüssel hält man die jüngste Vereinbarung mit Tunesien dennoch für eine „Blaupause für Abkommen mit weiteren Ländern in Afrika“.



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