„Niemand in Russland denkt an den Einsatz von Atomwaffen“

In Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine stehen neue Verhandlungen beider Länder an. Der Kreml tritt Spekulationen zum Einsatz von Atomwaffen entgegen. Die Entwicklungen im Überblick.
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Wladimir Putin spricht bei einer Pressekonferenz per Video zu Medienvertretern, Kremlsprecher Dmitri Peskow hört zu.Foto: SERGEI KARPUKHIN/POOL/AFP via Getty Images
Epoch Times29. März 2022


Rund viereinhalb Wochen nach der russischen Invasion in die Ukraine haben sich Delegationen aus der Ukraine und Russland zu einer neuen Verhandlungsrunde in Istanbul getroffen.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan begrüßte die Verhandler im Dolmabahce-Büro des Präsidenten. Danach wollten die beiden Delegationen zu Gesprächen zusammenkommen. Es sei in den Händen beider Seiten, die „Tragödie“ zu beenden, sagte Erdogan. Von einem sofortigen Waffenstillstand würden alle profitieren.

Die Unterhändler aus der Ukraine und aus Russland haben sich bereits dreimal im Grenzgebiet von Belarus getroffen. Danach wurden die Gespräche in Videoschalten abgehalten.

Erdogan, der gute Beziehungen zu Kiew und Moskau unterhält, hatte sich gestern optimistisch gezeigt. Die Verhandlungen zwischen der ukrainischen und der russischen Delegation gestalten sich aber äußerst schwierig. Kiew will einen Abzug der russischen Truppen und Sicherheitsgarantien. Moskau fordert einen Nato-Verzicht der Ukraine sowie eine Anerkennung der abtrünnigen ostukrainischen Separatistengebiete als eigene Staaten und der 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim als Teil Russlands.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba gab als Minimalziel für die Verhandlungen in Istanbul eine Verbesserung der humanitären Lage in von russischen Truppen belagerten Städten wie dem schwer zerstörten Mariupol aus. Wunschziel sei ein stabiler Waffenstillstand.

Selenskyj: Lage „sehr schwierig“

Derweil gehen die Kämpfe der Ukraine und Russland um viele ukrainische Städte weiter. Präsident Wolodymyr Selenskyj spricht von einer angespannten Lage, trotz mancher militärischer Erfolge der Ukrainer. Selenskyj zufolge wurden die russischen Einheiten aus der wochenlang umkämpften Stadt Irpin bei Kiew zurückgeschlagen. Die Kämpfe dauerten jedoch dort und auch in anderen Landesteilen weiter an. Russische Truppen hielten den Norden des Kiewer Gebiets unter ihrer Kontrolle, verfügten über Ressourcen und Kräfte.

Sie versuchten, zerschlagene Einheiten wieder aufzubauen. Auch in den Gebieten Tschernihiw, Sumy, Charkiw, Donbass und im Süden der Ukraine bleibe die Lage „sehr schwierig“. Selenskyj forderte erneut schärfere Sanktionen gegen Russland wegen des vor über einem Monat begonnenen Krieges.

Die ukrainischen Streitkräfte versuchen nach eigenen Angaben an mehreren Orten, Angriffe russischer Einheiten abzuwehren. Man sei dabei, den russischen Vormarsch auf die Großstadt Slowjansk im Gebiet Donezk im Südosten des Landes sowie auf die rund eine Autostunde entfernte Kleinstadt Barwinkowe im Gebiet Charkiw zu stoppen, heißt es im Lagebericht des ukrainischen Generalstabs, der auf Facebook veröffentlicht wurde.

Kreml: Keine Pläne für Atomwaffen-Einsatz

Kremlsprecher Dmitri Peskow trat derweil Spekulationen entgegen, Moskau könne im Ukraine-Krieg Atomwaffen einsetzen. „Niemand in Russland denkt an den Einsatz oder auch nur an die Idee eines Einsatzes von Atomwaffen“, sagte er in einem Interview mit dem US-Fernsehsender PBS. Russland würde nur im Falle einer „Bedrohung der Existenz des Staates“ zum Atomwaffenarsenal greifen.

Die staatliche Existenz Russlands und die Ereignisse in der Ukraine hätten „nichts miteinander zu tun“. Die Sorge im Westen über mögliche Atomwaffenpläne Moskaus war gestiegen, als Putin zum Auftakt des Kriegs eine erhöhte Alarmbereitschaft der russischen Nuklearstreitkräfte anordnete.

Keine Schäden an Nuklearmaterial in Charkiw

Bei kürzlichem Beschuss hat eine nukleare Forschungseinrichtung in der ostukrainischen Stadt Charkiw zwar Schäden erlitten, ihre geringe Menge an Nuklearmaterial aber ist intakt geblieben. Das teilte der Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, am Montagabend unter Berufung auf Informationen der ukrainischen Atomaufsichtsbehörde mit.

Halbe Million Ukrainer seit Kriegsbeginn zurückgekehrt

Seit Beginn des russischen Angriffskrieges sind nach Angaben der ukrainischen Grenzpolizei rund 510.000 Menschen aus dem Ausland zurückgekehrt. Allein in der vergangenen Woche seien es 110.000 Menschen gewesen, sagte ein Sprecher der Behörde der Tageszeitung „Welt“.

Acht von zehn Einreisenden seien Männer. Die meisten kämen aus Polen. Vor Beginn des Krieges lebten rund 44 Millionen Menschen in der Ukraine. Rund 3,9 Millionen Menschen sind nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerkes UNHCR ins Ausland geflüchtet. (dpa/red)



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