Nigeria: Ein „stilles Gemetzel“ – Religiöse Kämpfe zwischen Christen und Muslimen

In Nigeria herrschen religiöse Spannungen zwischen muslimischen Hirten und christlichen Bauern. Der 30-jährige Konflikt steht vor einem Wendepunkt, da die christliche Gemeinde immer mehr in die Offensive geht.
Titelbild
Archivbild 2019: Ein nigerianischer Polizeibeamter patrouilliert durch ein Gebiet mit zerstörten und niedergebrannten Häusern nach einem Fulani-Angriff im Bauerndorf Adara in Angwan Aku im Bundesstaat Kaduna, Nigeria.Foto: LUIS TATO/AFP via Getty Images
Von 24. August 2021

In Nordwest- und Zentralnigeria kommt es seit Jahren zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen muslimischen nomadischen Viehhirten und christlichen Bauern. Dabei geht es vor allem um die Kontrolle von Ressourcen, Wasser und Land. In Nigeria sind laut Schätzungen mehr als die Hälfte der Einheimischen Muslime und etwa 45 Prozent Christen.

Die christlichen Gemeinden sprechen von Völkermord und fordern von der nigerianischen Regierung seit Jahren, vor den Angriffen im Süden von Kaduna geschützt zu werden. Das Ziel ist sie zu zwingen, ihren Glauben aufzugeben oder ihr Land den bewaffneten muslimischen Hirten zu übergeben.

„Einige der angegriffenen Dörfer wurden in den letzten sechs Jahren mindestens dreimal angegriffen“, erzählt Jonathan Asake, Vorsitzender der Südlichen Kaduna-Volksunion (SOKAPU), der Epoch Times. Die Massengräber bestätigen seine Aussage. „Nicht eine einzige Kirche oder Schule steht noch. Nicht ein einziger Hirte wurde in all den Jahren festgenommen“, beklagt er.

Über 1.000 Kinder entführt

Die Regierung in Nigeria rührt sich nicht und hört auch nicht zu, so Asake. So haben im Mai die nigerianischen Behörden die Entführung von 128 Kindern der Bethel Baptist High School in Kaduna „bewaffneten Banditen“ zugeschrieben, die Lösegeld erpressen wollen. Und das, obwohl vergleichbare Entführungen im Norden Nigerias  zunächst von der Dschihadistengruppe „Boko Haram“ und später von ihrem Ableger „Islamischer Staat – Westafrikanische Provinz“ (Islamic State West Africa Province) verübt wurden.

Die Entführer forderten ein Lösegeld von einer Million Naira (etwa 2.000 Euro) pro Kind. Anfang August wurden 28 Schüler freigelassen, nachdem sie das Geld erhalten hatten. Sechs Schüler konnten vor den Angreifern fliehen, während 87 Schüler – einige erst 11 Jahre alt – immer noch gefangen gehalten werden.

Der Angriff auf die Bethel Baptist High School war die zehnte Massenentführung von Schülern seit Dezember im Nordwesten Nigerias. Der UNO zufolge wurden in diesem Jahr rund 1.000 Kinder entführt. Die meisten wurden nach Verhandlungen oder Lösegeldzahlungen freigelassen, genau wie in Kaduna, aber Hunderte werden immer noch in Wäldern festgehalten. In manchen Fällen sterben die Kinder.

Viele Eltern sorgen sich um die Sicherheit der „erwachsenen Mädchen“ unter den entführten Schülern. Sie befürchten, dass sie von den Entführern missbraucht werden, berichtet „France24“.

„Wir fühlen uns von der Regierung und den Nigerianern im Stich gelassen. Jeder schweigt über unsere Kinder. Die Regierung scheint es nicht zu kümmern“, sagt Mohammed, besorgter Vater einer 18-jährigen Tochter, die entführt wurde.

Die Gewalt ist nur eine der Herausforderungen für das bevölkerungsreichste Land Afrikas mit 200 Millionen Einwohnern. Im Nordosten kämpft Nigeria seit mittlerweile zwölf Jahren gegen einen dschihadistischen Aufstand, im Nordwesten gegen Entführerbanden und im Südosten gegen separatistische Aufstände.

Neben Massenentführungen wurden in den letzten Jahren Hunderte Dörfer verwüstet. Die Sicherheitskräfte des Landes sind unterbesetzt. Es gibt weniger als 350.000 Polizisten. 

Die Christen wehren sich

Nun scheinen die Christen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen zu wollen. Zwei jüngste Angriffe von Christen auf Muslime markieren eine neue Entwicklung in den anhaltenden Unruhen in Nigeria.

Am 16. August kam es zu einem Angriff auf eine Buskolonne von 90 Muslimen in der Hauptstadt des nigerianischen Bundesstaates Jos, bei dem mindestens 22 Menschen getötet wurden. Die Muslime waren Pilger und auf der Rückfahrt von einem islamischen Fest. Mit ihren Bussen gerieten sie in eine Gruppe christlicher Jugendlicher, die gegen Attacken in der Region demonstrierten, berichtet „apa“. Die Jugendlichen griffen die Pilger an, weil sie sie wahrscheinlich für Extremisten gehalten hätten, schreiben afrikanische Medien.

Wenige Tage zuvor, am 7. August, griffen bewaffnete Mitglieder eines christlichen Stammes eine muslimische nigerianische Stadt namens Zangon Kataf an, wobei neun Menschen starben und mehrere Häuser niedergebrannt wurden. 

Zangon Kataf ist eine kleine, ausschließlich muslimische Gemeinde mit rund 5.000 Einwohnern, etwa 500 Häusern, einer Grundschule, einem Gymnasium und einem Postamt. Sie ist umgeben von christlichen Atyap-Bauerngemeinden mit schätzungsweise 300.000 Einwohnern. Sie liegt etwa 160 Kilometer südlich der Stadt Kaduna.

Die Fehden zwischen dem christlichen Bauernstamm der Atyap und den Stämmen der Hausa und Fulani, die mehrheitlich muslimisch sind und zum Teil halbnomadisch leben, haben in diesem Teil von Nigeria eine 30-jährige Geschichte. 

Vor dem Angriff am 7. August war das christliche Volk der Atyap monatelang gezwungen gewesen, seine Häuser zu verlassen, da bewaffnete islamische Banden ihre Dörfer mit Gewehren unter Beschuss nahmen. Daher sei der Angriff eine Vergeltungsmaßnahme gegen muslimische Einwohner gewesen, sagt Bayaro Ibrahim, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit des Miyetti Allah Rinderzüchterverbandes von Nigeria in Kaduna.

Polizeisprecher Mohammed Jalige bestätigte den Vorfall in Zangon Kataf und fügte hinzu, dass sich unter den Opfern auch ein 9-jähriges Kind befand. Die tatsächliche Zahl der Toten konnte er jedoch nicht bestätigen, die Polizei habe Gespräche mit beiden Parteien aufgenommen, sagte er gegenüber der Epoch Times.

Muslimische Stadt unter Schutz der Regierung

Die Stadt Zangon Kataf wird rund um die Uhr von Soldaten und bewaffneten Polizisten bewacht. „Der nigerianische Präsident Mohammadi Buhari und der Gouverneur von Kaduna, Nasir El-Rufai,  gehören beide dem muslimischen Fulani-Stamm an“, erzählt ein pensionierter Offizier der nigerianischen Armee der Epoch Times. „Deswegen sorgen sie dafür, dass dort, wo Muslime in der Minderheit sind, ein Höchstmaß an Sicherheit gewährleistet wird“. Der Mann bat darum, seine Identität aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen nicht preiszugeben.

Der Angriff sei ein deutliches Signal, dass „Krieg in die Stadt Zangon Kataf gebracht wurde und niemand weiß, was als Nächstes kommt“, sagte er. „In der Stadt herrscht Panik, da sie zum ersten Mal von Terror heimgesucht wurde.“

Nura Bako, ein muslimischer Gemeindevorsteher aus Zangon Kataf, gab im Namen der Gemeinde eine Erklärung ab, in der er die Atyap-Miliz der Invasion beschuldigte und die Verhaftung und strafrechtliche Verfolgung der Führung des Atyap-Landes forderte. Zudem forderte er die Gründung eines islamischen Emirats, das die mehrheitlich christliche Bevölkerung um Zangon Kataf herum regieren soll.

Jonathan Asake von der SOKAPU beschuldigte die muslimischen Nordnigerianer, dass sie Söldner zur Massentötung, Zerstörung von Farmen, Dörfern, Kirchen und Schulen einsetzen.

Eine jüngst stattfindende Mordwelle an Christen begann bereits im Juli 2020. Sie dauerte mehr als fünf Monate. 100 Menschen wurden getötet, 18 Dörfer geplündert, so Asake. Die SOKAPU machte bewaffnete Hirten für die Gewalt verantwortlich.

Audu Bayero, Sprecher des Rinderzüchterverbandes von Nigeria, widersprach dieser Behauptung. Die Hirten hätten lediglich  Vergeltungsmaßnahmen ergriffen, nachdem ihre Mitglieder von den christlichen Atyap angegriffen worden seien.

Vom Frieden zum regionalen Krieg

Das Internationale Komitee für Nigeria hat im Juli 2020 davor gewarnt, dass die Gewalt gegen Christen in Nigeria ein „stilles Gemetzel“ sei, weil es keine gerechte Durchsetzung des Rechts gebe.

„Wo noch vor Jahren Unstimmigkeiten zwischen Fulani-Hirten und christlichen Bauern friedlich gelöst werden konnten, herrscht nun Bürgerkrieg“, erklärte Kyle Abts, Mitbegründer des Internationalen Komitees für Nigeria.

„Die Christen haben sich immer für Frieden eingesetzt, auch nachdem sie in den vergangenen Jahren von der Region Zangon Kataf von radikalen Muslimen angegriffen worden waren. Seit 2015 attackieren die militanten Fulani die von Präsident Buhari und Gouverneur El-Rufai vorangetriebenen Narrative von Hirten gegen Bauern, um christliche Bauern in der gesamten Region systematisch zu diffamieren.“

Abts bezeichnet den Angriff in Zangon Kataf als einen „Durchbruch gegen ausländische Unruhestifter, bei denen es sich hauptsächlich um militante Fulani handelt“. Die einheimischen Christen seien seit längerer Zeit gewalttätigen Angriffen ausgesetzt gewesen und „glauben nicht mehr, dass der Präsident oder der Gouverneur in der Lage ist, sie zu schützen“, so Abts. 



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