„Null-COVID“-Festung fällt: Neuseeland schafft Corona-Maßnahmen ab

In Neuseeland, lange Zeit Eldorado für alle Anhänger einer kompromisslosen „No COVID“-Politik, sind seit Dienstag fast sämtliche Corona-Maßnahmen abgeschafft. Regierungschefin Ardern begründet den Schritt unter anderem mit deren Folgen für die psychische Gesundheit.
Jacinda Ardern, Premierministerin von Neuseeland, verkündet das Ende (fast) aller Corona-Maßnahmen.
Jacinda Ardern, Premierministerin von Neuseeland, verkündet das Ende (fast) aller Corona-Maßnahmen.Foto: Mark Mitchell/NZ HERALD POOL/dpa/dpa
Von 15. September 2022

Seit Dienstag (13.9.) sind in Neuseeland die meisten Corona-Maßnahmen weggefallen. Premierministerin Jacinda Ardern hatte am Tag zuvor das Auslaufen des sogenannten Ampel-Systems zu Mitternacht angekündigt, das die meisten bis dahin geltenden Beschränkungen beinhaltet hatte.

Wie das Portal „RNZ“ berichtet, werden im einstigen Vorzeigeland einer strengen „No COVID“-Politik nur noch Maskenpflichten in bestimmten Einrichtungen der Gesundheit und Pflege aufrechterhalten.

Weitergehende Maßnahmen bleiben freiwillig

Demgegenüber müssen sich Haushaltskontakte von Corona-Infizierten nicht mehr in Quarantäne begeben – nur Infizierte sind weiterhin verpflichtet, sich für die Dauer von sieben Tagen zu isolieren. Staatliche Impfvorgaben werden zum 26. September enden, auch jene für ankommende Reisende und Flugpersonal.

Bürger über 65 Jahre und Angehörige der Maori-Volksgruppe über 50 Jahre erhalten rezeptfreien Zugang zu antiviralen Medikamenten, wenn sie positiv auf Corona getestet wurden. Die Zahl der Infektionen und Krankenhausaufenthalte infolge von COVID-19 wird nicht mehr täglich, sondern nur noch wöchentlich mitgeteilt.

Auf privatrechtlicher Ebene, etwa in Einkaufszentren, Arztpraxen oder Büros, dürfen weiterhin Vorgaben bezüglich einer Maskenpflicht oder eines Impfnachweises gemacht werden, dies läge jedoch im Ermessen der Eigentümer, Geschäftsbetreiber oder Arbeitgeber. Dass es vom Staat aus keine einrichtungsbezogene Impfpflicht mehr gebe, sei auch dem Umstand geschuldet, dass der Personalbestand in Betreuungseinrichtungen unter anderem für Behinderte ohne eine solche Maßnahme besser aufrechterhalten werden könne.

„Tribut für die psychische Gesundheit“

Mit dem derzeitigen Ende des bisherigen Anti-Pandemie-Regimes, so verkündete Ardern, solle dem Land die in den vergangenen drei Jahren verloren gegangene Sicherheit zurückgegeben werden. „Zum ersten Mal seit zwei Jahren können wir uns dem Sommer [Anm. d. Red.: auf der Südhalbkugel] mit der dringend benötigten Sicherheit nähern, die Neuseeländer und Unternehmen brauchen“, äußerte sie weiter, „und so zu einer größeren wirtschaftlichen Aktivität beitragen, die für unsere wirtschaftliche Erholung entscheidend ist“.

Noch wichtiger als die wirtschaftliche Erholung sei jedoch der Blick auf den „Tribut für die psychische Gesundheit“, den der Kampf gegen die Pandemie gefordert habe. Dies gelte vor allem auch für die Kinder und Jugendlichen, deren Lebensqualität unter den Einschränkungen gelitten habe.

„Ich möchte nicht, dass das Wohlergehen der Menschen der Preis für COVID ist“, erklärte die Premierministerin, „aber es bedarf einer gemeinsamen Anstrengung von uns als Regierung und anderen, damit das nicht der Fall ist“.

Ardern verteidigt Politik unter Verweis auf geringe Zahl an Corona-Toten

Ardern verteidigte allerdings auch die strikte „No COVID-Politik, die das Land in den ersten Jahren der Pandemie betrieben habe und die es zum weltweiten Aushängeschild von Befürwortern eines solchen Ansatzes auch in Europa gemacht hatten.

Es stehe außer Frage, so die Regierungschefin, dass die in Neuseeland verhängten Maßnahmen Tausende Menschenleben gerettet hätten, aber die Risiken veränderten sich. „Als wir unseren ersten Lockdown durchführten, war das Ziel einfach: Leben und Lebensgrundlagen zu retten.“

Dass die Zahl der Toten im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion auf der Inselgruppe „unter 2.000 gehalten“ werden konnte, sei ein Erfolg der Pandemiepolitik des Landes: „Die jüngsten Gesundheitsempfehlungen sagen uns, dass Neuseeland mit den niedrigsten Fallzahlen und Krankenhausaufenthalten seit Februar, einer gut geimpften Bevölkerung und einem erweiterten Zugang zu antiviralen Medikamenten in der Lage ist, voranzukommen.“ Den Daten des United Nations Geoscheme zufolge seien 2.882 Menschen in Neuseeland an den Folgen einer COVID-19-Infektion verstorben.

Rückblickend sei zu sagen, dass „Entscheidungen oft auf der Grundlage unvollkommener Informationen, aber mit den besten Absichten“ getroffen worden wären, äußerte die Premierministerin. Dem Vorschlag einer unabhängigen Auswertung der Corona-Politik des Landes stehe sie offen gegenüber.

„No COVID“ scheiterte am Ausbleiben der Grundimmunisierung

Jörg Phil Friedrich sieht in der „Welt“ nicht ausschließlich bessere Einsicht aufseiten der Regierenden als Grund für die Kehrtwende in Neuseelands Corona-Politik. Vielmehr habe sich Neuseelands Regierung mit ihrer radikalen Unterdrückungspolitik gegenüber jedem Ausbruch selbst ein Bein gestellt.

Die Bereitschaft, die Grundimmunisierung der Bevölkerung durch Impfung zu steigern, war gerade wegen der „No COVID“-Politik gering, auch konnte auf dem Weg von Genesungen keine zweite Front in diesem Bereich aufgebaut werden.

Erst spät hatte die Regierung mit den Impfstoffherstellern Verträge ausgehandelt und dann Lockerungen in Aussicht gestellt, sollte eine Impfquote von 90 Prozent erreicht werden. Die Impfkampagne lief in weiterer Folge erfolgreich an, sodass noch vor dem Winter auf der Südhalbkugel gelockert wurde.

Es stellte sich jedoch heraus, dass die Impfstoffe weder Ansteckung noch Weitergabe des Virus verhindern, gleichzeitig fehlte die Immunität der Genesenen, sodass nach fast zwei Jahren mit nur einer Handvoll täglicher Neuinfektionen deren Zahl ab Februar auf bis zu knapp 25.000 pro Tag anstieg. Diese Entwicklung war der Anfang vom Ende des „No COVID“-Ansatzes.

Bereits vor Neuseeland hatten Australien und Singapur ihre „No COVID“-Politik aufgegeben. Das KP-Regime in China steht infolgedessen mit dieser Ausrichtung der Corona-Politik auch im Bereich Asien und Ozeanien zunehmend allein auf weiter Flur.



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