Oberster US-Gerichtshof verbietet rassenbasierte Zulassungen an Hochschulen

Amerikas Oberster Gerichtshof urteilt, dass Universitäten bei der Auswahl von Studienbewerbern deren Hautfarbe nicht mehr berücksichtigen dürfen. Während Präsident Biden die Entscheidung scharf kritisiert, spricht der ehemalige US-Präsident Donald Trump von einem „großartigen Tag für Amerika“.
Titelbild
Der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs der USA, John Roberts, bei seiner Rede zur Lage der Nation am 7. Februar 2023.Foto: Jacquelyn Martin-Pool/Getty Images
Von 30. Juni 2023

Laut dem Obersten Gerichtshof der USA dürfen Universitäten in Zukunft bei der Auswahl von Studienbewerbern nicht mehr deren Hautfarbe berücksichtigen. Der Supreme Court in Washington beendete am 29. Juni in einer 6:3-Entscheidung die unter dem Begriff Affirmative Action oder positive Diskriminierung bekannte Praxis. Demnach verstoße diese gegen das in der Verfassung verankerte Gleichheitsgebot.

„Der Student oder die Studentin muss auf Grundlage seiner oder ihrer Erfahrung als Individuum behandelt werden – nicht auf Grundlage von Rasse“, schrieb Gerichtspräsident John Roberts in der Urteilsbegründung.

„Viele Universitäten haben zu lange den falschen Schluss gezogen, dass der Prüfstein für die Identität eines Individuums nicht seine überwundenen Herausforderungen, erworbenen Fähigkeiten oder gelernten Lektionen sind, sondern die Farbe seiner Haut. Die Verfassungsgeschichte dieser Nation toleriert diese Auswahl nicht.“

„Einsatz der Rasse in negativer Weise verwendet“

In der Mehrheitsmeinung schrieb Roberts, dass die Zulassungsprogramme von Harvard und der UNC „nicht mit den Garantien der Gleichheitsschutzklausel in Einklang“ zu bringen seien.

„Beiden Programmen fehlt es an hinreichend zielgerichteten und messbaren Zielen, die den Einsatz der Rasse rechtfertigen, sie verwenden die Rasse unvermeidlich in negativer Weise, beinhalten rassistische Stereotypen und haben keine sinnvollen Ausgangspunkte“, schrieb er. „Wir haben nie zugelassen, dass Zulassungsprogramme auf diese Weise funktionieren, und wir werden dies auch heute nicht tun.

Zugleich erklärte der Gerichtshof, Universitäten könnten Schilderungen von Bewerbern berücksichtigen, wie ihre Hautfarbe ihr Leben geprägt habe – allerdings nur mit Bezug zur „Charakter-Qualität oder einmaligen Fähigkeit, die der Bewerber zur Universität beitragen kann“.

Laut Klägern würden asiatische Bewerber benachteiligt

In dem Urteil ging es um Klagen der Studentenorganisation Students for Fair Admissions (Studenten für faire Zulassungen, SFFA) gegen die private Elite-Universität Harvard und die staatliche University of North Carolina (UNC). Die Harvard-Universität ist die älteste private Hochschule und die UNC die älteste öffentliche Hochschule der Vereinigten Staaten.

Die SFFA bezeichnet sich selbst als „eine gemeinnützige Mitgliedergruppe von mehr als 20.000 Studenten, Eltern und anderen, die der Meinung sind, dass rassistische Klassifizierungen und Präferenzen bei der Hochschulzulassung unfair, unnötig und verfassungswidrig sind“. Die Kläger argumentieren unter anderem, durch die insbesondere auf Afroamerikaner abzielenden Auswahlverfahren würden Bewerber mit asiatischen Wurzeln benachteiligt.

Bei dem Verfahren handelte es sich um zwei getrennte Berufungen, die am 31. Oktober 2022 gemeinsam vorgetragen wurden.

Weiße Studienbewerber: „umgekehrte Diskriminierung“

Maßnahmen unter dem Schlagwort Affirmative Action waren in den 1960er-Jahren im Zuge der US-Bürgerrechtsbewegung eingeführt worden. Ziel war es, Afroamerikanern nach Jahrhunderten der Unterdrückung einen besseren Zugang zu guten Bildungseinrichtungen zu ermöglichen. Von den Programmen sollten auch Hispanoamerikaner und Indigene profitieren.

Entsprechende Programme waren aber von Anfang an umstritten. So klagten weiße Studienbewerber vor Gericht, sie würden Opfer einer „umgekehrten Diskriminierung“. Kritiker führen auch an, die Hautfarbe zu berücksichtigen, zementiere die Unterteilung von Menschen in unterschiedliche Gruppen und spalte so die Gesellschaft.

1978 urteilte der Supreme Court zwar, Universitäten dürften bei der Auswahl von Bewerbern keine festen Quoten anhand der Hautfarbe nutzen. Die Hautfarbe – in den USA ist dafür der Begriff „race“ (Rasse) üblich – oder die ethnische Herkunft könnten aber als eines von mehreren Kriterien genutzt werden, um Vielfalt in der Studentenschaft sicherzustellen.

Ausnahme für Militärakademien

In dem am 29. Juni gefällten Urteil nahm Richter Roberts in einer Fußnote jedoch eine Ausnahme für Militärakademien vor.

Da die Militärakademien nicht an dem Fall beteiligt waren und „sich keines der nachstehenden Gerichte mit der Angemessenheit rassenbasierter Zulassungssysteme in diesem Zusammenhang befasst hat“, gelte die neue Entscheidung nur für zivile Bildungseinrichtungen der höheren Bildung, schrieb Roberts. Er merkte an, dass es hier auch „potenziell eindeutige“ und „zwingende“ Interessen im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit geben könne.

Demnach scheint dies zu bedeuten, dass das Gericht in Zukunft den Einsatz von Fördermaßnahmen bezüglich Hautfarbe bei der Zulassung an Militärakademien in Betracht ziehen könnte.

Scharfe Kritik von Biden und Obama

Die linksliberale Verfassungsrichterin Sonia Sotomayor prangerte den Mehrheitsbeschluss in hohem Maße an. Mit dem Urteil würden „Jahrzehnte“ des Fortschritts zurückgerollt. „Mit dieser Entscheidung verankert das Gericht das oberflächliche Prinzip der Farbenblindheit als verfassungsrechtlichen Grundsatz in einer zutiefst segregierten Gesellschaft, in der die Rasse schon immer von Bedeutung war und weiterhin von Bedeutung ist“.

US-Präsident Joe Biden und Politiker der Demokratischen Partei kritisierten das Urteil ebenfalls scharf. Biden sagte in einer Fernsehansprache im Weißen Haus, er sei mit dem Urteil „überhaupt nicht einverstanden“. Der Richterspruch sei eine „schwere Enttäuschung“ und stelle eine Abkehr von „jahrzehntelanger Rechtsprechung“ dar.

„Diese Entscheidung darf nicht das letzte Wort sein“, so Biden. Der US-Präsident rief Universitäten auf, sich angesichts fortbestehender „Diskriminierung“ weiterhin für eine vielfältige Studentenschaft einzusetzen. Er ordnete das Bildungsministerium an, mögliche Wege dafür auszuloten.

Trump: „Großartiger Tag für Amerika“

Auch der frühere Präsident Barack Obama – der erste afroamerikanische Präsident der US-Geschichte – zeigte sich enttäuscht über das Urteil. Er sagte, diese Fördermaßnahmen hätten ihm und seiner Frau damals geholfen. „Wie jede Politik war auch die Affirmative Action nicht perfekt. Aber sie hat es Generationen von Studenten wie Michelle und mir ermöglicht, zu beweisen, dass wir dazugehören“, so Obama.

Die konservativen Republikaner begrüßten dagegen die Entscheidung. Auch Obamas Nachfolger Trump sprach von einem „großartigen Tag für Amerika“. Künftig werde wieder nur die Leistung des Einzelnen zählen.

Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, der Republikaner Kevin McCarthy, erklärte, Studenten würden jetzt „auf Grundlage gleicher Standards und individueller Leistung konkurrieren können“.

(mit Material von The Epoch Times und afp)



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion