Österreich will Arbeitspflicht für Asylbewerber prüfen – Grüne winken schon jetzt ab

In Österreich sondieren Innenministerium und Flüchtlingsreferenten, ob man Asylbewerber zu gemeinnütziger Arbeit verpflichten kann. Der Vorstoß erscheint schon jetzt wenig aussichtsreich – der grüne Koalitionspartner ist strikt dagegen.
Titelbild
Asylsuchende in Traiskirchen – Aufnahme aus dem Jahr 2015. Österreich will nun eine gemeinnützige Arbeitspflicht für Flüchtlinge sondieren.Foto: Joe Klamar / AFP
Von 27. September 2023


Je nach Betrachtungsweise ist in Österreich bezüglich der Flüchtlingssituation das Glas halb voll oder halb leer. Die Zahl der Asylanträge im Nachbarland war im August mit 6.598 die bislang höchste des laufenden Jahres. Im Vergleich zum Vorjahresmonat repräsentiert dieser Wert jedoch ein Minus um nicht weniger als 53 Prozent.

Insgesamt ist die Zahl der Asylanträge in den ersten acht Monaten des Jahres um 40 Prozent zurückgegangen. Mit 35.449 Anträgen ist die Anzahl jedoch fast dreimal so hoch wie im Vor-Corona-Jahr 2019. Die regierende ÖVP will ein Jahr vor der Nationalratswahl jedenfalls Durchsetzungsfähigkeit zeigen – weshalb ihr Innenminister Gerhard Karner eine Arbeitspflicht für Asylbewerber prüfen will.

Was bekommen Asylbewerber in Österreich?

Wie der „Münchner Merkur“ berichtet, will der Minister zusammen mit den Flüchtlingsreferenten der Bundesländer eine entsprechende Initiative prüfen. Asylsuchende sollen demnach in Österreich während des laufenden Asylverfahrens zu gemeinnützigen Tätigkeiten verpflichtet werden können.

Bei Ablehnung des Arbeitsauftrags soll eine Kürzung oder Streichung der Grundversorgung möglich sein, die der Deckung des täglichen Bedarfs dient. Wie hoch diese ist, hängt von der Unterbringung ab. Bei Vollversorgung in Asylbewerberunterkünften erhält der Quartiergeber pro Person einen Tagessatz von 19 Euro. Diese sind für Unterkunft und Verpflegung berechnet. Der Asylbewerber selbst erhält ein monatliches Taschengeld von 40 Euro.

Abweichende Tagessätze gelten bei Teil- und Voll-Selbstversorgung oder bei selbst organisiertem Wohnraum. Auch hier teilt sich die Grundversorgung in Verpflegungsgeld, Tagessätze für die Unterkunft und ein Taschengeld von nicht mehr als 40 Euro auf. Dazu besteht Anspruch auf Sachleistungen wie Grundnahrungsmittel oder Hygieneartikel, außerdem gibt es Unterstützung für Schulbesuch oder Deutschkurse.

Befürworter der Arbeitspflicht sehen Beitrag zur Integration

Bis zum positiven Abschluss ihres Asylverfahrens sind die Schutzsuchenden vom regulären Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Die Option eines „Spurwechsels“ bei negativem Bescheid, wie sie in Deutschland unter Umständen greifen kann, existiert nicht.

Laut Grundversorgungsgesetz ist aber eine Heranziehung für Hilfstätigkeiten möglich. Diese müssen im „unmittelbaren Zusammenhang mit ihrer Unterbringung“ stehen. Zudem ist freiwillige gemeinnützige Arbeit für eine öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft möglich – also Bund, Land oder Gemeinde. Die maximale Entlohnung dafür beträgt 110 Euro.

Karner will nun Tätigkeiten dieser Art verpflichtend machen und profitieren sollen von ihnen auch gemeinnützige Organisationen. Oberösterreichs Flüchtlingsreferent Wolfgang Hattmannsdorfer sieht darin einen potenziellen Beitrag zur Integration:

Die Menschen haben auch eine Verpflichtung dem Land gegenüber, das sie aufnimmt.“

Wien hält Arbeitspflicht für rechtlich nicht haltbar

Das Innenministerium will nun Wege sondieren, ein entsprechendes Gesetz auf eine rechtssichere Basis zu stellen. Wie die ÖVP in Regierungsverantwortung ein solches jedoch durchsetzen will, bleibt offen. Der grüne Koalitionspartner fällt als potenzieller Unterstützer offenbar aus.

Integrationssprecherin Ines Vukajlovic sieht die Verbindung der Grundversorgung mit der Arbeitspflicht „im Bereich des Verwerflichen“. Sie fordert stattdessen die Öffnung des regulären Arbeitsmarktes für Asylsuchende.

Migrationsforscherin Judith Kohlenberger von der Wirtschaftsuniversität Wien verweist zudem auf europarechtliche Vorgaben zur Grundversorgung. Diese könnten Sanktionen für den Fall der Arbeitsverweigerung entgegenstehen. Wiens Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) hat ebenfalls bereits abgewunken. Er sieht unüberwindbare rechtliche Hindernisse, an der die Durchsetzung einer solchen Arbeitspflicht scheitern würde.

Österreich: Asyl-Paradies oder Durchreisestation?

Medien sind unterdessen weiter uneinig bezüglich der Frage, ob Österreich mit der Asylsituation überfordert sei oder falsche Anreize setze. Der „exxpress“ verweist auf 109.800 Asylanträge im Vorjahr – was auf die Bevölkerungszahl gerechnet „Europa-Rekord“ sei. Außerdem sieht das Portal die Alpenrepublik als „Asyl-Paradies“, was auch an der „sozialen Rundum-Versorgung“ liege.

Demgegenüber relativieren die „Salzburger Nachrichten“ die hohe Pro-Kopf-Flüchtlingszahl in Österreich. Sie verweisen auf allein 22.000 Asylverfahren in diesem Jahr, die weder zu einem positiven noch zu einem negativen Bescheid geführt hätten. Dies spreche dafür, dass viele Flüchtlinge zwar in Österreich einen Asylantrag abgegeben hätten, bald darauf jedoch in ihre eigentlichen Zielländer weitergereist wären. Allerdings könnten von dort einige wieder zurückgekommen sein, legen Berichte nahe.

Zudem gebe es eine günstige Entwicklung im Bereich der ukrainischen Kriegsflüchtlinge. Viele von diesen seien aus der Grundversorgung herausgekommen. Anfang September befanden sich etwa 79.600 Personen in dieser, davon 55 Prozent Ukrainer. Zu Beginn des Jahres seien es noch etwa 93.000 gewesen.



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion