Österreichs Kanzler wird Putin in Moskau treffen

Am Samstag besuchte Nehammer die Ukraine. Heute will er als erster EU-Regierungschef seit Beginn des Kriegs nach Moskau. Übersteigerte Erwartungen hat er dabei jedoch nicht.
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Österreichs Kanzler Karl Nehammer hat gerade erst Wolodymyr Selenskyj in Kiew besucht. Nun reist er nach Moskau zu Wladimir Putin.Foto: RONALDO SCHEMIDT/AFP via Getty Images
Epoch Times11. April 2022


Der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer wird heute mit Russlands Präsident Wladimir Putin in Moskau zusammentreffen. Das gab der Regierungschef in Wien am Sonntag bekannt.

Nehammer ist damit der erste westliche Regierungschef, der seit Kriegsbeginn zu Putin nach Moskau reist. Sein Sprecher Daniel Kosak sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass Nehammer über die Türkei nach Moskau fliegen werde. Dort sei das Gespräch mit Putin für den Nachmittag geplant. Zuvor hatte die „Bild“-Zeitung darüber berichtet. In Moskau bestätigte Kremlsprecher Dmitri Peskow das geplante Treffen.

Drei Ziele in Moskau

Als Ziele seiner Reise nannte Nehammer auf Twitter humanitäre Korridore, einen Waffenstillstand und die vollständige Aufklärung von Kriegsverbrechen. Die ukrainische Regierung erwarte für die kommenden Tage eine „große Schlacht“ im Osten des Landes, hieß es von Sprecher Kosak. Hierfür müssten Absprachen über Korridore getroffen werden.

Außerdem sagte Nehammer vor Journalisten in Wien, dass er den Dialog zwischen der Ukraine und Russland fördern wolle. Der Kanzler betonte, dass er Putin gegenüber „nicht moralisch neutral“ auftreten werde. „Reden heißt nicht, seine Position aufzugeben“, sagte Nehammer. „Ganz im Gegenteil, ich sage sie ihm.“

Der Kanzler twitterte, dass er verschiedene Spitzenpolitiker vorab über seine Reise informiert habe: den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, den EU-Ratspräsidenten Charles Michel, den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz und den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.

Nehammer: Keine großen Wunder zu erwarten

„Alles, was getan werden kann, um den Menschen in der Ukraine zu helfen, den Krieg zu stoppen, soll getan werden“, meinte Nehammer. Er räumte jedoch ein, dass die Reise nach Moskau „eine Risikomission“ sei, von der keine großen Wunder zu erwarten seien. Es gehe um humanitäre Ziele, verlautete dazu aus dem Kanzleramt. Die russische Seite lasse zum Beispiel in den Kampfgebieten keine humanitäre Hilfe etwa durch das Rote Kreuz zu.

Nehammer war am Samstag mit Selenskyj in Kiew zusammengekommen und hatte auch die nahe gelegene Stadt Butscha besucht, wo nach dem Abzug russischer Truppen Hunderte Leichen gefunden worden waren. Der österreichische Kanzler drückte in der Ukraine seine Unterstützung für die Aufarbeitung dieser Verbrechen aus und kündigte weitere EU-Sanktionen gegen Russland an.

Nehammer hat seit dem Beginn der russischen Invasion mehrfach betont, dass Österreich weiterhin militärisch neutral sei, aber politisch auf der Seite der Ukraine stehe. Nach längerem Zögern wies das Außenministerium in Wien am Donnerstag vier russische Diplomaten aus. Österreich hat zwar bislang alle EU-Sanktionen gegen Moskau mitgetragen, doch die konservativ-grüne Regierung in Wien ist gegen einen Importstopp für russisches Gas. Österreichs vorsichtige Haltung hat mit der Rolle Wiens als Sitz der Vereinten Nationen und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu tun – das einzige regionale Sicherheitsforum, in dem Russland und westliche Staaten weiterhin regelmäßig zusammenkommen.

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte, ebenso wie der französische Präsident Emmanuel Macron, in den vergangenen Wochen mehrfach mit Putin telefoniert – allerdings ohne den Kriegsverlauf sichtbar zu beeinflussen.

Derzeit steht Scholz unter Druck, wie Nehammer und andere westliche Politiker in die Ukraine zu reisen und dabei weitere Hilfszusagen unter anderem für Waffenlieferungen zu machen. In dem Sinne äußerte sich der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, und mehrere Unions-Politiker am Wochenende. Selbst von Scholz‘ Koalitionspartner FDP kommen Appelle, mehr Führungsstärke zu zeigen. (dpa/red)



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