Hunderttausende bei Demo gegen die Regierung in Warschau
Zwei Wochen vor der Parlamentswahl in Polen haben sich nach Angaben der Warschauer Behörden rund eine Million Menschen an einer Demonstration in der Hauptstadt gegen die Regierung beteiligt. „Das ist definitiv die größte Kundgebung in der Geschichte Warschaus“, sagte die Sprecherin des Bürgermeisters, Monika Beuth, am Sonntag. Oppositionsführer Donald Tusk sprach von einem „Wendepunkt“.
Tusk sagte zu Beginn des Protestmarsches am Sonntag: „Wenn ich in diese hunderttausenden, lächelnden Gesichter sehe, dann spüre ich, dass der Wendepunkt in der Geschichte unseres Heimatlandes naht.“
Mit der Kundgebung unter dem Motto „Marsch der Millionen Herzen“ will die Opposition vor der Wahl am 15. Oktober ihre Anhänger mobilisieren. Die liberale Bürgerplattform (PO) von Oppositionsführer Donald Tusk hofft, die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) abzulösen, die vor allem wegen Rechtsstaatsdefiziten mit der EU im Dauerclinch liegt.
Zahlreiche Demonstranten strömten mit den Flaggen Polens und der EU ins Zentrum der polnischen Hauptstadt. Auch der frühere Präsident und Nobelpreisträger Lech Walesa hat seine Teilnahme angekündigt. Viele Menschen hatten sich bereits in den frühen Morgenstunden in Warschau versammelt. Aus dem ganzen Land waren Demonstranten angereist, um gegen die Regierung zu protestieren.
Laut einer aktuellen Umfrage des Instituts Ibris zu den Wahlen liegt die PiS derzeit (mit 35 Prozent) vor Tusk und dem Oppositionsbündnis (27 Prozent der Stimmen).
Tusk und die EU
Donald Tusk führt aktuell Polens größte Oppositionspartei – die „Bürgerplattform“ (PO) – an, die Mitglied der Europäischen Volkspartei im Europäischen Parlament (die Manfred Weber leitet) ist. Donald Tusk war von 2007 bis 2014 polnischer Premierminister und von 2014 bis 2019 EU-Ratspräsident. Er arbeitet mit Manfred Weber Hand in Hand und betont stetig, für wie schändlich er die aktuell regierende PiS in Polen hält.
Nach Ansicht der polnischen Regierungspartei PiS beugt sich Tusk – und damit die wichtigste Oppositionspartei – „ausländischen, insbesondere deutschen Interessen“. PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski erklärte in einem Videobeitrag: „Die Deutschen wollen Donald Tusk in Polen einbetten, um polnische Vermögenswerte zu privatisieren und zu veräußern.“
Manfred Weber hat die Zusammenarbeit mit Tusk bestätigt. Wie der deutsche Politiker im Juni gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ erklärte, vertritt seine Fraktion eine radikal ausgrenzende Linie. Er ergänzte, dass sie in diesem Sinne „eine Brandmauer gegen die polnische Regierungspartei PiS errichten“ würden. Weber sagte unverblümt: „Wir sind die einzige Kraft, die die PiS in Polen ablösen und das Land zurück nach Europa führen kann“.
Drei Referenden
Polen entscheidet mit der Wahl über die politische Richtung für die nächsten Jahre. Die Wahlen dürften jedoch auch ein entscheidender Moment der EU-Politik sein, denn ein weiterer Sieg der konservativen oder rechten Kräfte könnte die politische Palette verschieben und eine Art konservative Renaissance unterstützen.
Zeitgleich werden in Polen mehrere Referenden zu einer Reihe umstrittener Themen abgehalten. Mit zur Debatte steht auch der Migrationspakt der EU. Polens Regierung kritisiert zudem, dass Deutschland ähnlich wie die EU zunehmend versuche, auf Bereiche Einfluss zu nehmen, auf die es keinen Einfluss nehmen dürfte.
Es geht um drei Fragen, die Regierung von Morawiecki hat vor, das Volk zu fragen:
- „Unterstützten Sie den Verkauf von Staatsbetrieben?“
- „Sind Sie dafür, das Rentenalter von 60 Jahren für Frauen auf 65 Jahre für Männer anzuheben?“
- „Unterstützen Sie die Aufnahme Tausender illegaler Migranten aus dem Nahen Osten und Afrika im Rahmen des von der europäischen Bürokratie auferlegten Zwangsumsiedlungsmechanismus?“
Mit der dritten Frage zur Migration erhoffe sich die Regierungspartei einen politischen Sieg, berichtet „Euractiv.de“. Bisher unterstützt eine Mehrheit der Polen die Position, dass Polen keine Asylsuchenden aufnehmen sollte.
Politikwissenschaftler Marcin Zaborowski von der Lazarski-Universität weist darauf hin, dass es dank des Referendums am Wahltag nicht mehr nur um „eine einfache Wahl zwischen PiS und Opposition“ geht, sondern um den „allgemeinen Blick“ auf die Welt.
(afp/red)
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