Iran könnte sich zum „Hotspot“ entwickeln: Vorwurf gegen Regierung wegen Vertuschung bei Corona-Epidemie

Im Iran wirf ein Abgeordneter seiner Regierung vor, bezüglich der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus die Fakten zu verschleiern. Die WHO zeigt sich ebenfalls besorgt über die rasche Verbreitung der Corona-Epidemie im Iran.
Titelbild
Iranische Sanitäter desinfizieren am 25. Februar 2020 den Masumeh-Schrein von Kom, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen.Foto: MEHDI MARIZAD / FARS NEWS AGENCY / AFP über Getty Images
Von 25. Februar 2020

Der ultrakonservative Abgeordnete Ahmad Amirabadi Farahani erklärte nach Angaben der Nachrichtenagentur ISNA am Montag, die Führung in Teheran sage über die Corona-Epidemie „nicht die Wahrheit“. Nach Angaben der Nachrichtenagentur ILNA nannte Amirabadi Farahani sogar die Zahl von „50 Todesfällen“ durch das Virus allein für die zentraliranische Stadt Qom.

Corona-Epidemie: 50 Todesfälle im Iran statt 12?

„Die anderen Medien haben diese Zahl nicht veröffentlicht, aber wir wollen nichts zensieren, was das Coronavirus betrifft, denn das Leben des Volkes ist in Gefahr“, sagte die ILNA-Chefredakteurin Fatemeh Madiani zur Begründung für die Verbreitung dieser Information.

Von der Regierung in Teheran kam umgehend ein Dementi.

Ich widerspreche dieser Information kategorisch“, erklärte Vize-Gesundheitsminister Iradsch Harirtschi.

Nach offiziellen Angaben der Behörden starben im Iran bisher zwölf Menschen an der Lungenkrankheit Covid-19, 64 Menschen infizierten sich mit dem Virus.

Zugleich sicherte die Regierung Aufklärung zu: „Wir verpflichten uns dazu, die Zahlen transparent zu veröffentlichen“, sagte Regierungssprecher Ali Rabii. In der Stadt Qom waren am vergangenen Mittwoch die ersten Corona-Fälle bekannt geworden. Zum möglichen Infektionsherd machten die Behörden bislang keine Angaben.

Harirtschi wurde inzwischen selbst positiv auf das neuartige Virus getestet, teilte einer seiner Berater am Dienstag im Online-Dienst Twitter mit. Bei der Pressekonferenz am Montag hatte der Vize-Minister zwischendurch gehustet und schien zu schwitzen. Harirtschi habe an „vorderster Front“ gegen die Corona-Epidemie gekämpft, hieß es weiter in der Twitter-Botschaft.

Abgeordneter kritisiert Kontrolle des Virus

„Ich denke, die Leistung der Regierung bei der Kontrolle des Virus war nicht erfolgreich“, sagte Ahmad Amirabadi Farahani Yahoo und bezog sich dabei auf die Regierung von Präsident Hassan Rouhani. Seine Kommentare stellen die bisher größte öffentliche Kritik an der Regierung für den Umgang mit dem Virus dar.

„Keiner der Krankenschwestern hat Zugang zu angemessener Schutzausrüstung“, sagte der Abgeordnete aus Qom und fügte hinzu, dass einige Spezialisten des Gesundheitswesens die Stadt verlassen hätten.

Bislang habe ich keine besondere Aktion der Verwaltung gesehen, um dem Virus zu entkommen.“

Yahoo schreibt weiter: Auf die Frage nach dem Anstieg der Zahl der Fälle im Iran warnte der Direktor des Notfallprogramms der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Michael Ryan, dass in der ersten Welle, die aus einem Land gemeldet wurde, nur die Todesfälle aufgenommen werden könnten und daher „übermäßig stark vertreten“ seien.

„Das Virus könnte schon länger da gewesen sein, als wir zuvor vermutet hatten“, sagte Ryan.

Manchmal, wenn man eine Beschleunigung der Fälle und die Ausbreitung sieht, repräsentiert dies nicht unbedingt die natürliche Übertragungsdynamik des Virus.“

Er fügt im Yahoo-Bericht an, dass es „sehr stark vom Kontext abhängt“, zum Beispiel davon, ob es eine religiöse Versammlung gegeben hat.

Virologe: Iran könnte zum Brennpunkt der Corona-Epidemie werden

Ian Mackay, Virologe an der australischen Universität Queensland sagte Yahoo, dass die neuesten Zahlen bedeuten könnten, dass

der Iran zum Hot Spot für Reisende aus den Herkunftsländern des Virus werden könnte … zu einer Quelle außerhalb Chinas.“

Reisende aus dem Iran mit dem Virus wurden in Kanada, dem Libanon und den Vereinigten Arabischen Emiraten bestätigt, schreibt Yahoo.

Yahoo analysiert: „Der Ausbruch des Virus im Iran kommt zu einer ungünstigen Zeit, in der seine Wirtschaft unter dem Druck der US-Wirtschaftssanktionen zusammenbricht. Das Virus droht den Iran noch weiter zu isolieren, da mehrere Länder begannen, Flüge zu stoppen und Iranern die Einreise zu verwehren.“

Der Chef der WHO äußerte sich besorgt über die Verbreitung des Virus im Iran sowie in Italien:

Die letzten Wochen haben gezeigt, wie schnell sich ein neues Virus auf der ganzen Welt ausbreiten und weit verbreitete Angst und Störungen verursachen kann“, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus gegenüber Reportern.

Der Ausbruch im Iran hat sich, laut Yahoo, vor allem auf die Stadt Qom konzentriert. Das Virus hat sich aber in den letzten Tagen schnell ausgebreitet, da die Iraner am Freitag Parlamentswahlen hatten. Viele Menschen trugen Masken und haben sich mit Handdesinfektionsmitteln eingedeckt, so Yahoo weiter.

„Um die Ausbreitung des Virus zu verhindern, wurden die Schulen in weiten Teilen des Landes für einen zweiten Tag geschlossen. Fußballspiele und Filmvorführungen wurden ausgesetzt“, schreibt Yahoo. Die U-Bahn in Teheran, die von etwa 3 Millionen Menschen in der Hauptstadt benutzt wird, und die öffentlichen Busse werden täglich gereinigt.

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